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Eine Perspektive für die Stadtkirche

Eine Perspektive für die Stadtkirche

Die Brandruine mit dem nun ebenfalls mit einem Notdach versehenen Turmstumpf wird etwas Neuem weichen müssen.

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Zahlreiche Großröhrsdorfer waren gekommen, um mehr über die Perspektive der neuen Stadtkirche zu erfahren.

Großröhrsdorf. „Wir aber bauten die Mauer weiter auf, schon bald war sie zur Hälfte fertig. Für das Volk war der Bau inzwischen zu einer Herzenssache geworden.“ Diesen Spruch aus Nehemiah 3:18 hat die Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Großröhrsdorf auf Lesezeichen drucken lassen, die sie bei Gelegenheit verteilt. „Er passt sehr gut zu unserer derzeitigen Situation“, meint Nadine Höckendorff. Doch es ist nicht nur eine Mauer, welche die Kirchgemeinde aufbauen will, sondern eine ganze Kirche. Ist doch ihr Gotteshaus, die Stadtkirche Großröhrsdorf, in der Nacht zum 4. August 2023 komplett ausgebrannt.

Nach einer Phase des Schocks und der Trauer, die noch immer andauert, hat sich ein „Perspektivteam“ gegründet, das sich Gedanken über die Zukunft der Großröhrsdorfer Kirche macht. Es sind hauptsächlich junge Leute wie Nadine Höckendorff, die sich dieser Aufgabe angenommen haben. Und die nun unlängst, nämlich am vergangenen Sonntag, erste Ergebnisse ihrer Arbeit öffentlich präsentieren konnten.

„Sicher wäre es der einfachste und schnellste Weg gewesen, die alte Kirche eins zu eins wieder aufzubauen“, meint Josias Kaiser, der das Perspektivteam leitet. Um gleich hinzuzufügen: „Doch das wollten wir nicht. Wir wollten den Brand als Ausgangspunkt für etwas Neues sehen, das nun entstehen soll.“ Und so initiierte das Perspektivteam eine Umfrage unter den Großröhrsdorfern – Gemeindemitgliedern wie Konfessionslosen – um herauszufinden: Was muss Kirche heutzutage leisten, was erwarten die Menschen von ihr? An erster Stelle wurde dabei tatsächlich die Funktion genannt, eine Heimstatt für die Gottesdienste zu bieten. Ganz wichtig ist den Großröhrsdorfern demnach jedoch auch der Identität stiftende und das Stadtbild prägende Kirchturm. Doch auch von außerhalb holte sich das Perspektivteam Anregungen: „Wir besichtigten Kirchen in Freiberg, Meißen, Dresden und Langebrück“, berichtet Nadine Höckendorff. Überall fand man Ideen, über die es sich nachzudenken lohne – ob die Trennung in Sommer- und Winterkirche, die vertikale Unterteilung in verschiedene Funktionen oder die Integration von Nutzungen, die man „vielleicht nicht auf Anhieb auf dem Schirm hat.“ 
Wie wird also nun die neue Kirche aussehen? Josias Kaisers Antwort lautet: „Wir wissen es noch nicht.“ 
Die letztendliche Entscheidung obliegt dem Gemeindekirchenrat, der auf Basis der gewonnenen Ideen im Herbst ein „Anforderungsprofil“ erarbeiten wird, das wiederum die Grundlage für einen Architektenwettbewerb bildet.

Parallel zur Schaffung des Neuen muss aber auch der Abschied von dem zerstörten Alten vollzogen werden. Jörg Boden hat sich der schwierigen Aufgabe gestellt, dies zu koordinieren. „Wir befinden uns derzeit in der Endphase der Beräumung, die im Dezember begonnen hat“, erklärt er. Etwa 400 Sandsteinplatten werden derzeit geborgen und fachgerecht eingelagert, „ob sie noch einmal irgendwo Verwendung finden, ist ungewiss.“ Der Kirchturm hat erst unlängst ein Schutzdach bekommen: „Das hat so lange gedauert, weil es so kompliziert war.“ Von den Kunstschätzen, welche die Großröhrsdorfer Kirche so bedeutsam machten, konnte trotz akribischer Suche „nichts mehr geborgen werden.“ Statische Gutachten müssen nun einen Weg zeigen, das Verbliebene abzutragen, ohne weiteren Schaden anzurichten. „Im Inneren fallen noch immer Steinteile von den Wänden“, so Jörg Boden. Pfarrer Stefan Schwarzenberg spricht von der „Trauer, die noch immer gegenwärtig ist, aber mehr und mehr der Hoffnung und der Freude auf das Neue Platz macht.“ Der Neubau der Großröhrsdorfer Stadtkirche – er ist schon vor seinem Beginn zu einer Herzenssache geworden.

Uwe Menschner / 22.06.2024

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