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Niesky shakert weiter mit seinem Holzbau

Niesky shakert weiter mit seinem Holzbau

André Köhler, Chef der Cocktailzauberei, ließ sich anlässlich des Holzhausfestes im letzten Jahr in der Goethestraße von der Künstlerin Helen Klippe aus Teicha in Holz porträtieren. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Wirtschaftlich hat Niesky noch nicht wirklich an die große Holzbautradition der Christoph & Unmack AG angedockt, aber die Idee läuft weiter, dieses Profil fest in der strukturschwachen Stadt zu reaktivieren. Das dritte Holzhausfest wartet Sonntag auf Neugierige, die zugleich auch Unterhaltung bekommen.

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Reinhard Peukert (links) und Ulrich Dedeleit wohnen in Neu-Särichener Holzhäusern. Foto: André Schulze

Niesky. Am 16. Juni schließt sich der Kreis für das Holzhausfest in Niesky. Diesmal werden die Straßen um den Steinplatz  mit Uthmann-, Schenkendorf- und Fichtestraße zum Schauplatz für das Holzbau-Festival. 2024 gelangt es damit an der dritten von drei Stationen an. Die große Holzhausgruppe am Steinplatz – eine ehemalige Stammarbeitersiedlung der Christoph & Unmack AG – wurde in den 30er-Jahren von ebendieser Holzbaufirma für die Belegschaft errichtet. Die ersten Bewohner legten selbst Hand an und erschufen einige stattliche Straßenzüge mit einheitlichen Doppelhäusern. „Die einstigen Särichener Ländereien bedingten, dass diese Siedlung als Neu-Särichen entstand. Anders aber als bei Neu-Ödernitz, ist der Name Neu-Särichen vielen Nieskyern nicht mehr geläufig“, erläutert Museumsleiter Dr. Jan Bergmann-Ahlswede. Das diesjährige Fest könnte insofern zu einer kleinen Renaissance des historischen Namens beitragen. Die heutigen Bewohner der Siedlung wünschten sich jedenfalls, dass das 2022 erstmals gefeierte Holzhausfest nach Stationen in Neu-Ödernitz und in der Goethestraße nun auch zu ihnen wandert, und boten ihre Unterstützung bei der Organisation an.

Reinhard Peukert (71) wohnt in einem der originalen Holzhäuser, in dem er sogar geboren wurde. Das Haus war immer in Familienbesitz. Sein Großvater hatte es 1936 selbst gebaut, bekam extra Fronturlaub zum Ofensetzen. „Die Häuser waren schon damals gut isoliert“, sagt er. Mit Luftpolstern aus Seegrasmatten – das ist heute wieder modern. 
Ulrich Dedeleit (72) wohnt gleich gegenüber. Dass die Wohnhäuser der beiden etwas Besonderes sind, war ihm schon immer bewusst. „Das fängt schon mit den Baugenehmigungen an“, sagt Ulrich Dedeleit und spielt auf die komplexen Denkmalschutzregelungen an. Seine Frau Angelika ist von Anfang an im Organisationsteam aktiv und hält den Kontakt zu den anderen Siedlungsbewohnern.

Natürlich haben auch sie wie viele andere Hausbesitzer ihre Einfahrt für Festaktivitäten reserviert. Die ganze Familie ist bei der Vorbereitung beteiligt. Außerdem werden bei ihnen die Nieskyer Freizeitkünstler ihren Stand aufbauen.
Ohnehin ist das Fest in ursprünglicher Inspiration ein Produkt seiner Bewohner. Jörg Müller aus der Christophstraße hatte vor drei Jahren ein Grillfest für Holzhausbewohner geplant. Ihm war aufgefallen, dass die Holzhäuser nach und nach ihren 100. Geburtstag feiern werden. Während die Coronapolitik die frühen Protagonisten anfangs erst einmal ausbremste, kam seitens des Museums dann der Wunsch hinzu, Geselligkeit und historisches Bewusstsein mit Publicity im Dienste der Holzbaubranche zu verbinden. Die Idee nahm erweitert ihren Lauf. Jörg Müller ist weiterhin eine feste Stütze bei der Organisation; mit André Köhler ist er federführend für die Versorgung zuständig. Köhler, selbst Bewohner eines Holzhauses in der Goethestraße, hatte sein eigenes Wohnumfeld schon im Rahmen des Holzhausfestes letztes Jahr präsentieren können. In seinem Vorgarten hat die Teichaer Künstlerin Helen Klippe den Chef der Cocktailzauberei cocktailshakend in Holz verewigt.

Das Holzhausfest verbindet also auch in diesem Jahr wieder ein Straßenfest mit einer Branchenschau des Holzbaus – denn auch die Stadt Niesky will wieder an die Pionierzeit des seriellen Holzhausbaus anschließen, etwa in der Zeit des berühmten Architekten Konrad Wachsmann (1901-1980). Denn genau aus diesem Erbe erwuchs ja letztlich die Idee, das Festival jährlich Mitte Juni auszurichten. Neben dem schon traditionellen Holzhauslauf am Vormittag als Familiensportveranstaltung und einem Bühnenprogramm mit der Band Art on Fire aus Hoyerswerda bieten die Macher den Gästen unter anderem Unternehmenspräsentationen, einen Kunsthandwerk- sowie einen Trödelmarkt an, Hausbesichtigungen, Handwerksvorführungen, Stadtrundfahrten mit Oldtimerbus, Pferdekutsche und Barkas, Spiele für Groß und Klein, Feuerwehrfahrzeuge zum Bestaunen und natürlich die von Jörg Müller und André Köher organisatorisch verantwortete Verpflegung.

Dass Niesky am Profil im Holzbau auch sonst baut, ist übrigens schon zwei Tage nach dem Holzhausfest erlebbar. Zur Vergabe von Holzbauleistungen findet eine kostenlose Schulung für Kommunen, Planer und ’Holzbauakteure’ am 18. Juni, 13.00 Uhr, in der Goethestraße 2 in Niesky im Konrad-Wachsmann-Haus statt. Das Arbeitsprojekt „Baum2Bau“ lädt dazu ein. Dr. Tobias Hänsel, Fachanwalt für Vergaberecht, erläutert in einer Videoübertragung aus Dresden, warum nach seiner Sicht die so häufig gehörten rechtlichen Bedenken unbegründet sind und Kristina Franke, Geschäftsführerin der ABSt. Sachsen e.V., erklärt, wann von einer herkömmlichen Vergabe abgewichen wird und wie eine Kommune Bauaufträge für Holzbauten ausschreiben kann. Kontakt zum Projektkoordinator Jens Nieders: (03588) 22 39 800; baum2bau@stadt-niesky.de

Till Scholtz-Knobloch / 15.06.2024

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