Sprechende Brote zur Unterhaltung
Wie soeben aus dem Plakat gehüpft: So wie hier Kulturservice-Geschäftsführer Michael Wieler, werden in den nächsten Wochen auch die Fahrgäste auf der Strecke Dresden-Breslau dieser jungen Frau öfter begegnen.
Fahrgäste, die in den kommenden Monaten mit der Bahn zwischen Dresden und Breslau unterwegs sind, sollten sich auf unerwartete Begegnungen einstellen. Einige der insgesamt sechs Züge, die täglich zwischen diesen beiden europäischen Metropolen verkehren, werden nämlich zu Kunstzügen.
Görlitz. Wen erwartet man zu treffen, wenn man mit dem Zug fährt? Richtig – zwei aus Aluminium geformten Brotlaiben, die sich in die gegenüberliegenden Sitze lümmeln und sich über ihre Erlebnisse unterhalten. Dies kann zumindest in den nächsten Monaten den Fahrgästen auf der grenzüberschreitenden Verbindung zwischen Dresden und Breslau, die unter anderem über Bautzen und Görlitz führt, passieren. Die „Talking Breads“ (sprechenden Brote) der Künstlerin Julia Boswank gehören zum Inventar der Kunstzüge, die ab sofort und noch bis November auf dieser Strecke verkehren.
Doch das ist noch lange nicht alles. So richten Studenten der Kunstakademie Breslau ihre Ateliere zwischen den Koffern und Regenschirmen der Reisenden ein, und das (zumeist verwaiste) Wartehäuschen zwischen den Bahnsteigen 11 und 12 des Görlitzer Bahnhofs wird zum „toxischen Aquarium.“ Insgesamt 25 Projekte der Breslauer Kunststudenten und ihrer Dresdner Kollegen werden in den Zügen, aber auch auf den an der Strecke liegenden Bahnstationen zu erleben sein.
Den Ausgangspunkt für die Aktion bildet ein 2014 abgeschlossener Vertrag zwischen der Görlitzer Kulturservicegesellschaft und den beiden Kunsthochschulen, deren ursprüngliches Ziel darin bestand, die frühere Galerie Klinger durch Ausstellungen am Leben zu erhalten.
„Ende 2014 begann auch das Projekt Görlitzer Art, in dessen Zuge Breslauer Studenten zehn Skulpturen im öffentlichen Raum der Stadt Görlitz aufstellten“, so der Geschäftsführer der Servicegesellschaft, Michael Wieler. Die Görlitzer Art gilt auch als Begleitprojekt des Breslauer Kulturhauptstadt-Jahres. Nun also der Kunstzug – ein Projekt, das die Kulturstaatssekretärin Monika Grütters (CDU) so begeisterte, dass sie 200 000 Euro aus ihrer Schatulle beisteuerte. Freilich dient der Kunstzug aus Sicht seiner regionalen Protagonisten nicht nur der Belustigung der Reisenden, sondern verfolgt auch handfeste Ziele.
So will der Geschäftsführer des Verkehrszweckverbandes Zvon, Hans-Jürgen Pfeiffer, mit seiner Hilfe auf die Problematik der Zugverbindung zwischen Dresden und Breslau hinweisen, die noch immer auf Grundlage eines befristeten Vertrages aus Nahverkehrsmitteln finanziert wird. Insbesondere bei den grenzüberschreitenden Fahrgastzahlen sieht Pfeiffer noch „Luft nach oben.“ Und der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos) macht auf die ebenfalls noch nicht geklärte Frage nach der Elektrifizierung des deutschen Teilstücks aufmerksam. Insgesamt überwiegt jedoch die Freude über dieses spannende und ungewöhnliche Kunstprojekt auf dem Gleisbett.