Verkehrsinfarkt: Wachsende Verzweiflung auf der A4
Stau auf der A 4: Immer öfter stehen Autofahrer zwischen Bautzen und Dresden Schlange. Am Mittwoch kollabierte der Verkehr. Foto: Archiv/KK
Region. Viele Kurzurlauber sind am Mittwoch auf ihrem Weg nach Hause auf eine harte Geduldsprobe gestellt worden: Nach dem verlängerten Feiertagswochenende sahen sie auf der A 4 in einer riesigen Autoschlange gefangen – und mit ihnen Hunderte Pendler und Brummifahrer. Seit Mittwochmorgen quälte sich der Verkehr Stoßstange an Stoßstange von der Lausitz aus in Richtung Dresden. Die Polizei konstatierte zwischenzeitlich einen Stau von rund 30 Kilometern. Dieser reichte von Burkau bis zur Landeshauptstadt. Ein unhaltbarer Zustand, meinen Kritiker. Deren Stimmen werden immer lauter – so auch im Landtag. Der Bautzener Abgeordnete Marko Schiemann beispielsweise macht sich seit Monaten dafür stark, dass die Autobahn an weiteren Stellen sechsspurig ausgebaut wird. Nur das entspanne die Situation auf der vielbefahrenen Straße effektiv, meint er. Anderenfalls sieht er einen Wettbewerbsnachteil für die Unternehmen in der Oberlausitz, die ihre Waren nicht in jedem Fall zeitnah zum Auftraggeber bringen können.
Dass Handlungsbedarf besteht, belegt das von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veröffentlichte Zahlenmaterial: Demnach hat die Belastung der wichtigen Ost-West-Verbindung in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugelegt. So wurden 2015 im Zuge einer manuellen Verkehrszählung allein zwischen Burkau und Ohorn rund 44.500 (2005: 35.200) Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden in beiden Fahrtrichtungen registriert. Auf dem Abschnitt Pulsnitz – Ottendorf-Okrilla, auf dem aktuell die Fahrspuren nach Görlitz erneuert werden, waren es bereits 47.300 Autos (2005: 39.300). Zwischen Hermsdorf und dem Autobahndreieck Dresden-Nord spitzte sich das Ganze noch einmal auf bis zu 58.900 fahrbare Untersätze (2005: 53.100) am Tag zu. Darunter befanden sich im Schnitt etwa 20 Prozent Lkw und Busse (2005: 15 Prozent). Doch inwieweit der Freistaat tatsächlich Geld in die Hand nehmen wird, um das Problem aus der Welt zu schaffen, ist fraglich. Denn, so heißt es auf eine Anfrage des Oberlausitzer Kuriers: „Für 2030 wird östlich von Dresden von einer weiteren, jedoch auch aufgrund der strukturellen Entwicklung insgesamt geringeren Steigerung ausgegangen“, sagte der Sprecher des Sächsischen Verkehrsministeriums Jens Jungmann. „Konkrete Daten liegen allerdings noch nicht vor.“ Im Fokus steht scheinbar zunächst ein Ausbau der Autobahn westlich der Landeshauptstadt. Dort ist die Belastung weitaus höher. Der BASt-Statistik zufolge verkehren auf dem rund 20 Kilometer langen Teilstück zwischen Dresden-Altstadt und dem Dreieck Nossen circa 80.000 bis 90.000 Fahrzeuge pro Tag. Für eine mögliche Umnutzung des Seitenstreifens hat der Freistaat bereits Kalkulationen angestellt. „Dieser muss durchgehend eine ausreichende Breite aufweisen und eine entsprechende Tragfähigkeit besitzen. Das gilt insbesondere auch auf Brücken“, erklärte Jens Jungmann. „Die Anschlussstellen müssen für die Freigabe des Seitenstreifens ausgebaut werden. Dazu ist es notwendig, zusätzliche Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen anzubauen. Darüber hinaus hat der Bau von Nothaltebuchten zu erfolgen. Weiterhin ist zur Überprüfung des Seitenstreifens auf Hindernisfreiheit der jeweilige Autobahnabschnitt lückenlos zu überwachen. Für die Freigabe beziehungsweise Sperrung des Seitenstreifens muss die notwendige Verkehrstechnik installiert werden.“ In besagtem Fall summiert sich das Ganze auf mindestens 37 Millionen Euro.
Aber auch im Landkreis Bautzen muss sich endlich etwas tun. Ein Sprecher der Polizeidirektion Görlitz formulierte es auf seine Weise: „Diese Verkehrsmengen, die regelmäßig nach Feiertagen, Ferienzeiten oder verlängerten Wochenenden über die Autobahn rollen, konnte die nur zweispurige BAB 4 – wenig überraschend – nicht bewältigen. Die noch immer bestehende Baustelle zwischen Pulsnitz und Ottendorf-Okrilla verschärfte die Lage zusätzlich.“ Und auch die angespannte Parkplatzsituation entlang der Schnellstraße wirkte sich am Mittwoch nicht gerade förderlich auf den Verkehr aus. „An manchen Stellen standen Lkw auf dem Standstreifen oder in den Zufahrten zu den Parkplätzen, weil die Fernfahrer einfach nirgendwo einen Stellplatz fanden. Streifen der Autobahnpolizei forderten die Fernfahrer auf weiterzufahren, die Autobahn zu verlassen und beispielsweise Industriegebiete anzusteuern, um die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten.“
Indes stößt die Idee, Gewerbegebiete mit entsprechenden Parkmöglichkeiten von vornherein für Brummifahrer auszuschildern, im Verkehrsministerium bislang auf wenig Gegenliebe. Jens Jungmann: „Fraglich ist, ob ein solches Vorgehen sinnvoll ist. Lkw-Fahrer benötigen auf Parkplätzen in Gewerbegebieten sicherlich sanitäre Einrichtungen. Zudem wäre zu prüfen, ob es überhaupt Gewerbegebiete gibt, in denen Lkw in nennenswertem Umfang parken können und dürfen.“
Unterm Strich bleibt die Befürchtung, dass sich auch in naher Zukunft nichts ändern wird auf der A 4 zwischen Bautzen und Dresden. Pendler sind wie beim jüngsten Megastau dazu angehalten, über Umleitungsstrecken zu schleichen, um doch noch irgendwie ans Ziel zu gelangen. In solch einem Fall wird ein halbstündiger Ausflug schnell zu einer zeitraubenden Angelegenheit.