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Wie Stefan Menzel zum großen Fisch auf dem Wasser wurde

Wie Stefan Menzel zum großen Fisch auf dem Wasser wurde

S. Menzel erkannte beim Besuch mit der Redaktion am früheren urgroßelterlichen Laden in Rothenburg Gisela Heinrich und hielt mir ihr einen Plausch. Die Seniorin ist als frühere Sparkassenmitarbeiterin hinterm Tresen praktisch allen Rothenburgern bekannt.

Politik und Verwaltung beschwören oft ein wirtschaftsfreundliches Klima. Tut dann mal einer etwas für Arbeitsplätze, Freizeitmöglichkeiten und Imagegewinn ist es vielen auch nicht recht. Diese Erfahrung macht Multiunternehmer Stefan Menzel, der auf dem Wasser und auf der Landeskrone die nächsten Überraschungen präsentiert und dessen Erfolgsspur in Rothenburg mit vielen Hindernissen begann.

Alternativer Text Infobild

Für Stefan Menzel einfach Kult: Vor der Rückfahrt nach Görlitz gibt es in Rothenburg noch einen Döner beim Bosporus-Imbiss bei Yilmaz. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Rothenburg/Görlitz. Neulich wurde die schlechte Presse über ihn Stefan Menzel wieder einmal zu bunt. In seinen Onlinestatus platziere der in seinem Wesen eher ruhig-bedachte Jungunternehmer ein Foto von seinem Erfolgsschiff auf dem Berzdorfer See und daneben das Signet des ihn oft unter Beschuss nehmenden Blatts nebst Abbildung der Titanic auf dem Weg in die Vertikale.

Sein Weg vertikal nach oben ist dabei hingegen der, wie er oft verklärend beschworen wird. Nicht vom Tellerwäscher, aber aus schwierigen Umständen heraus biss sich Stefan Menzel über die Jahre nach oben. Der Redaktion des Niederschlesischen Kuriers zeigt er das einstige Bekleidungshaus Ingo Sturm in Rothenburg, wo er bei den Urgroßeltern in der Görlitzer Straße viel Zeit verbrachte. „Ich habe als Kind in den Neunzigerjahren beim Sortieren, Einräumen und Etikettieren der Ware helfen dürfen“, erinnert sich der im Wendejahr 1989 Geborene im leerstehenden Gebäude. Erst neulich habe er auf historischen Fotos die langen Schlangen vorm Geschäft zu DDR-Zeiten gesehen. Die Sentimentalität hat ihn jedenfalls gepackt. Er hat das alte Gemäuer mittlerweile zurückgekauft und überlegt nun, ob dort, wo 2004 altersbedingt Schluss war, vielleicht Ferienwohnungen entstehen könnten oder ob er für sich hier ein Zimmer oder eine ganze Wohnung einrichtet.

Auch an seinen Großvater Klaus Hempel, der bei der NVA Flugzeugmechaniker war, habe er gute Erinnerungen. Mit der urgroßelterlich behüteten Kindheit war es jedoch vorbei und Stefan Menzel wurde Spielball der elterlichen Trennung – der Draht zum Vater in Niesky und zur Mutter in Rothenburg ging in die Brüche. 2001 kam erst zunächst nach Geheege.

2005 habe ihn Pflegemutter Barbara Standke aus Steinölsa einige Monate aufgefangen und aufgebaut. In jenem Jahr wurde auch das Gymnasium in Rothenburg geschlossen, damit kam er schulisch nach Niesky. Auf seine frühen Zeiten blickt er zurück: „Ich hatte 0,0 Geld und ein schlechtes Gefühl anderen auf der Tasche zu liegen.“ Und so waren erste von ihm organisierte Partys auch nicht allein ein für einen Heranwachsenden „cooles“ Unterfangen, sondern überraschend auch gleich lukrativ. Mit „0,0 Geld“ mussten die Boxen dabei sogar im Selbstbau entstehen. Vor allem habe er aus dieser Perspektive gleich verstanden, „wie man zielgruppenorientiert eine Feier ausrichtet“. Als der Uropa Pflegefall wurde, lebte er noch einmal für ein Jahr mit ihm im alten Rothenburger Geschäftshaus. „Oben der Urgroßvater, unten wurde eine Party von mit etwa 250/300 Leuten von der Polizei geräumt“, erinnert er sich schmunzelnd.

Schiffe bald auch in Bautzen

„Ich war erster Paddelkunde bei Neiße-Tours, habe viel Zeit an der Neiße verbracht“, findet er durch seine Rothenburger Zeit auch eine Erklärung, wieso ihn als heutigen Betreiber der Schifffahrt auf dem Berzdorfer See, viele Geschäfte aufs und ans Wasser führen. Letztlich werde er ab Juli Fahrgastbootsfahrten vom Ostufer der Neiße gegenüber des Parkhotels in Görlitz zwischen Obermühle und Altstadtbrücke aufnehmen, bald die Fahrgastschifffahrt auf dem Bärwalder See betreiben und zudem stehe in wenigen Tagen ein Gespräch mit Bautzens Oberbürgermeister Karsten Vogt an, bei dem es um die Genehmigung der Fahrgastschifffahrt ab 2025 nun auch an der Talsperre Bautzen gehe! Immerhin sei er ja auch im Sternzeichen Fische geboren. „Ein Schiff pro Jahr kann man sich ja als Ziel setzen“, meint er.

Übrigens sei in Rothenburg die spätere Bürgermeisterin Heike Böhm seine Englischlehrerin gewesen. „Als Lehrerin fand ich die echt cool“, so Menzel, aber eine Sozialarbeiterin sei eben nicht gleich eine politische Kämpfernatur.
2008 bis 2014 tummelte sich Menzel bei der Bundeswehr und verließ diese im Erfolg seiner parallelen Events. Er öffnete die Nieskyer Spielhalle in der Muskauer Straße 51 als zweites Standbein. Doch der eigentliche Durchbruch für ihn hatte sich bis Mitte der 2010er-Jahre längst über die Ausrichtung von Partys abgezeichnet. Einst fanden diese in Niesky, Mücka oder Weigersdorf statt, die Organisation der Tournee des „Gestört aber geil“-DJ-Teams aus Dresden brachte ihn nun an renommierte Locations deutscher Großstädte wie Frankfurt am Main oder Hannover.

Landeskrone wird ’Zentrale’

Dass Stefan Menzel „perspektivisch“ das Catering auf seinen Schiffen durch eine eigene Küche bedienen möchte, hängt mit seinem zweiten Hotspot, der darbenden Landeskrone, zusammen. Nach Übernahme des „Gipfel“-Objektes im März 2023 habe sich auch im Zeichen stringenter Umweltvorgaben gezeigt, dass die Fortführung der gastronomischen Ausflugsdestination zumindest kurzfristig wirtschaftlich nicht rentabel sei. Jüngst kündigte der vom heutigen Medienbetrieb Genervte mit einem Medienhaus im Burghotel auf der Landeskrone seinen nächsten Überraschungscoup an. Es soll Sitz für ein neues Mitmach-Online-Nachrichtenportal „www.kurznachrichten.de“ werden. „Aber mal ehrlich“, so die Redaktion, „dafür braucht man doch in Zeiten, wo man überall einen Laptop nur aufklappen braucht, doch kein Burghotel?“. Erst recht, wenn es ohne eigene Redakteure heiße: „Als ‚Content Creator‘ kann sich also jeder Journalist, jede Firma, jeder Verein oder jede Institution anmelden.“ Stefan Menzel räumt ein, dass es in der Pressemitteilung natürlich vor allem erst einmal um die Strahlkraft der Landeskrone gehe und bekennt dann, dass er sich den Ort gut als künftige Zentrale all seiner Tätigkeiten vorstellen könne. Zunächst eine Imbissküche könne dann quasi über die Selbstversorgung von Mitarbeitern übers Catering in der Schifffahrt nach und nach vielleicht in höhere Aufgaben wachsen.

Aufgaben brauchen so lange, wie man sich selbst Zeit gibt

Eine Langfristplanung der Immobilie wurde im November 2023 mit dem tschechischen Star-Architekten Radek Ondruch gestartet. „Das Ergebnis wird die Görlitzer und die Einwohner unserer Region überraschen, denn die Planung weicht in der Form vom ursprünglich geplanten Skywalk ab, nimmt historischen Bezug und ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit genehmigungsfähig“, urteilte Menzel in einer Pressmitteilung. „Wir sind da auf eine sehr spannende Idee gestoßen“.
Bei einem weiteren Gespräch mit ihm in seiner Görlitzer Bikini-Bar dreht es sich dann vor allem um das allgemeine Klima und darum, dass die Provinzialität von Rothenburg im größeren Görlitz faktisch auch nicht besser sei. Aber es sei eben vieles systemimmanent. In diesem Moment fällt ihm ein, noch ein wichtiges Telefonat mit der Stadt führen zu müssen. Er meldet sich mit einem smarten „Hallo Frau…, hier ist ihr Lieblingsschifffahrtsbetreiber“. Es sei ein sehr netter Umgang mit ihr, aber in diesem Land höre man zum Abschluss stets Relativierungsfloskeln, die der Verwaltung dann alle Möglichkeiten offen lassen, während man umgekehrt sofort liefern müsse. Die Europastadt GmbH (EGZ) sei nicht effektiv und in Sachen Wirtschaftsförderung eigentlich überflüssig. „Hier würde einfach eine konstruktive Verwaltung helfen. Da braucht man keine Europastadt GmbH, die auch nur extrem begrenzte Möglichkeiten hat und droht Versorgungspostenbeschaffer zu werden.“

Das deutsche Dilemma lasse sich im Grunde nur knacken, wenn man endlich einmal statt einer Symptombekämpfung an die Verkürzung von Fristen rangehe. Und damit das nicht wieder in allen Eventualitäten zerredet werde, könne man nur pauschal sämtliche Fristen in einem ersten Schritt erst einmal um die Hälfte kürzen. Bei seinen grenzüberschreitenden Aktivitäten merke er immer wieder, dass in Polen praktisch alles in einem Monat durch sei! „Aufgaben brauchen eben immer genau so lange, wie man sich selbst Zeit dazu gibt.“ Mit dieser Mentalität könne man wie er wirtschaftlich Erfolg erzielen oder bei Nichtanwendung Menschen eben zermürben. Aktuell ist es wieder mal schnell gegangen. Am 15. Juni startet Menzel seinen neuen Doppeldeckertouristenbus „Tour des Wroclaw“ in Breslau mit Audioguides in acht Sprachen. Ruckzuck hätte die Odermetropole einen Standplatz direkt vor der Oper zur Verfügung gestellt, obwohl dabei Parkplätze wegfielen. Man denke hier nur an die endlose Diskussion in Görlitz um Stellplätze auf dem Obermarkt. In der Bikini-Bar drückt nun aber der nächste Termin; Mike Altmann und Axel Krüger (Motor) wollen auch zu ihrem Recht kommen. 

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