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110 Jahre Hockeygeschichte in Görlitz gehen zu Ende

110 Jahre Hockeygeschichte in Görlitz gehen zu Ende

Ende April 2020 berichtete der Niederschlesische Kurier in einer Titelgeschichte darüber, wie im kampfbetonten Hockey mittels Kontaktlosigkeit und ständigen Desinfektionen dem Nachwuchs die Lust am Sport abtrainiert wurde. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Görlitz. Mit E-Mail vom 26. Juli informierte der Leiter der Hockeyabteilung des Postsportvereins Görlitz, Bernd Hensel aus Kunnerwitz, Eltern der letzten noch trainierenden Jungs über die Auflösung der Abteilung. Denn mit dem Ende der Sommerferien hätten diese sonst am Mittwoch dieser Woche ihren Weg zur Eiswiese vergeblich angetreten. Anlass für das Ende ist auch in diesem Fall der Weggang der Jugend aus der Region. Übungsleiter Richard „Richi“ Liska (25) gehörte bis zuletzt zu den engagiertesten Mitgliedern des Vereins. Nun beginnt er ein Medizinstudium im ungarischen Fünfkirchen (Pécs). „Leider kann ich keinen Ersatz als Übungsleiter finden“, begründete Bernd Hensel den schweren Schritt zur nur noch formal zu beschließenden Auflösung der Hockey-Abteilung. Je nach Interpretation gehen damit 110 oder 104 Jahre Hockeygeschichte in Görlitz zu Ende. Am 10. Mai 1914 stellten Breslauer und Dresdener Akteure ihre Sportart beim Fußballpionier SC Preußen (später STC) vor. Nachdem 1920 die Damen des SC Schlesien 01 Breslau und des Akademischen Sportvereins Dresden in Görlitz aufeinandertrafen, wurde am 30. Mai 1920 die STC-Hockey-Abteilung gebildet, die 1933 mit dem 1923 gegründeten „Görlitzer HC“ zum „SC Rot-Weiß Görlitz“ fusionierte. Eine große Zeit mit mehren schlesischen Meisterschaften auf dem östlich der Neiße gelegenen Schenkendorffplatz folgte. In der DDR ging es 1946 bei Energie und 1950 bei Motor mit dem Hockey weiter, ehe die Abteilung 1979 zur BSG Post, dem heutigen Postsportverein, wechselte.

Während der Weggang von Richi Liska nur den Anlass für das Aus bildet, liegt die eigentliche Ursache neben dem allgegenwärtigen demografischen Problem der Region auch hier wieder in der Zeit stringenter Corona-Politik. „In dieser Zeit haben viele im Verein erlebt, dass auch ein Leben ohne Hockey funktioniert“, deutet Bernd Hensel, wieso die Abteilung zunehmend einschlief und das Training des Nachwuchses zuletzt wegen zu geringer Beteiligung immer häufiger beim Eintreffen der wenigen Unentwegen abgesagt wurde. In der Niederschlesischen Oberlausitz hält nun einzig der HC Niesky 1920 noch die Fahne dieser olympischen Sportart hoch. Richard Liska, der mit 11 Jahren mit dem Hockeyspielen begann und auch als Schiedsrichter Stütze im PSV war, bleibt jedoch in zweierlei Hinsicht ein Hoffnungsschimmer. Er berichtet der Redaktion: „Für das Studium in Ungarn habe ich mich über die kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, mich im Anschluss als Allgemeinmediziner in Görlitz niederzulassen.“

Neben dem Einsatz für die medizinische Grundversorgung will er seinen Lieblingssport im donauschwäbischen Dreiländereck von Ungarn, Kroatien und Serbien nicht vergessen. Er hat die Hoffnung: „Ich würde nach meiner Rückkehr schon gerne Mitstreiter suchen, die die Hockeytradition in Görlitz wieder aufzugreifen“, versichert er.

Till Scholtz-Knobloch / 05.08.2024

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