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2G-Regel: Ungeimpfte bleiben draußen

2G-Regel: Ungeimpfte bleiben draußen

Sobald die 2G-Regel in Sachsen verpflichtend wird, dürfen Gastronomen die Tische nur noch für Geimpfte und Genesene eindecken. Den Behörden obliegt die Kontrolle der Maßnahme. Pressefoto

Die Corona-Lage im Freistaat spitzt sich mit Beginn der kälteren Jahreszeit wieder zu. Immer mehr Menschen handeln sich eine Infektion ein. Das hat Folgen. Erste Krankenhäuser verhängen ein Besuchsverbot. Die Landesregierung setzt auf gravierende Maßnahmen. Nicht jedem gefällt das.

Region. Der Freistaat will verschiedene Lebensbereiche für ungeimpfte Menschen unzugänglich machen. Ab Montag, 8. November, soll die 2G-Regel gelten, nachdem im Laufe dieser Woche die sogenannte Vorwarnstufe erreicht und bereits deutlich überschritten wurde – also der Belastungswert für die Intensivstationen von 180 mit Corona-Patienten belegten Betten in Sachsen. Leidtragende sind in erster Linie die Innengastronomie sowie Veranstaltungen und Feste in Innenräumen. Aber auch die Innenbereiche von Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Discos, Clubs, Bars im Innenbereich und Großveranstaltungen wären nur noch für Geimpfte und als genesen geltende Besucher geöffnet.
 
Das Sozialministerium begründet die einschneidenden Maßnahmen mit den „steil ansteigenden Zahlen bei der Bettenbelegung durch Covid-19-Patienten“. Damit würden die Punkte, die eigentlich erst bei Erreichen der Überlastungsstufe angedacht waren, vorgezogen. Bevor die neue Verordnung in Kraft tritt, sollte es dazu am Freitag noch eine Anhörung im Kabinett geben. Ausnahmeregelungen für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre sowie Personen, die sich nicht impfen lassen können, bleiben bestehen, bestätigte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. „Gemäß Infektionsschutzgesetz obliegt es den zuständigen Behörden von Kreisfreien Städten und Landkreisen die geltenden infektionsschutzrechtlichen Regelungen durchzusetzen. Hierzu zählt auch die Feststellung und Ahndung von Verstößen anhand des entsprechenden Bußgeldkataloges. Die Sächsische Corona-Schutzverordnung sieht zudem vor, dass die zuständigen Behörden die Einhaltung der Regelungen insbesondere mit Stichproben kontrollieren.“ Das Regelwerk gilt bis zum 25. November. Sollte der Bundestag die „epidemische Notlage nationaler Tragweite“ zu diesem Zeitpunkt aufheben, müsste auch Sachsen künftig auf andere Instrumente zurückgreifen, um dem Corona-Virus Einhalt zu gebieten. 

Ausbaden müssen es am Ende die Gewerbetreibenden vor Ort. Gastronomen in Bautzen berichten davon, wie Gäste auf der Schwelle umdrehten und gingen – obwohl bis neulich noch im Zuge der 3G-Regel Ungeimpften mit einem Negativtest der Zutritt ermöglicht wurde. Auch Beschimpfungen des Personals seien zu beobachten gewesen, hieß es. Dass Kunden fernbleiben, entpuppt sich dabei immer mehr als handfestes Problem. 
Frank Jäger vom Hotel „Evabrunnen“ in Bischofswerda spricht davon, dass sämtliche 2G- und 3G-Regeln sowie insbesondere 3G mit kostenpflichtigem Test mit dem Grundgesetz unvereinbar seien und gegen die Grundrechte der Betroffenen verstoßen würden. Das Freiheitsverständnis des Grundgesetzes werde umgedreht: „Der Einzelne ist nicht mehr kraft seiner Menschenwürde frei, sondern er ist frei, weil er sich einem staatlichen Ansinnen unterwirft – dem Ansinnen, sich impfen zu lassen.“

Landkreis will kostenlose Schnelltests zurück

Umgehend Kritik kam vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklung aus den Reihen der Alternative für Deutschland (AfD). „Die Verschärfung der Corona-Schutz-Verordnung führt zu Umsatzeinbußen und schließt gesunde Bürger vom gesellschaftlichen Leben aus“, sagte der Bautzener Landtagsabgeordnete Frank Peschel. Diese Corona-Maßnahmen seien diskriminierend. Gleichzeitig würden die staatlichen Maßnahmen einmal mehr massiv ins Wirtschaftsleben eingreifen. „Jede Planungssicherheit geht verloren. Doch diese ist mit Blick auf das Weihnachts- und Silvestergeschäft wichtig“, meinte er. 

Unterdessen lehnte der Bautzener Vize-Landrat Udo Witschas eine mögliche Ausweitung der 2G-Pflicht auf den Einzelhandel ab. Dabei verwies er unter anderem darauf, dass sich deren Einhaltung schlecht überwachen lasse. Die Durchsetzung der Regelungen mit Kontrollen des Ordnungsamtes sei Wunschdenken und könne keinen signifikanten Beitrag zur Wirksamkeit der Maßnahmen leisten. Vielmehr favorisiere die Kreisverwaltung im Kampf gegen das Virus die schnelle Rückkehr zu kostenfreien Schnelltests.

Weihnachtsmärkte sollen stattfinden können

Zumindest für Weihnachtsmärkte wird es eine Ausnahmeregelung geben, stellte das Sozialministerium in Aussicht. Dabei sei eine Aufteilung in Flanier- und Verweilbereiche möglich. „In Flanierbereichen erfolgt keine Kontakterfassung, keine 2G-Regel und auch keine Maskenpflicht“, war aus Dresden zu erfahren. Anderes treffe zu, wenn sich in den Verweilbereichen mehr als 1.000 Menschen gleichzeitig aufhalten. Dann sei eine Kontakterfassung, die 2G-Regel sowie eine Maskenpflicht durchzusetzen. Und was passiert, wenn im Freistaat doch noch die Überlastungsstufe erreicht wird? „In dem Fall soll sich nichts ändern“, verlautete aus dem Haus von Ministerin Petra Köpping. „Es sollen bei der Vorwarnstufe und Überlastungsstufe die gleichen Regeln gelten.“

Stationen füllen sich wieder mit Corona-Patienten

Die aktuelle Lage in den sächsischen Krankenhäusern lässt auch bei der Geschäftsführung der Oberlausitz-Kliniken die Alarmglocken schrillen. In den medizinischen Einrichtungen in Bautzen und Bischofswerda wurden mit Stand 29. Oktober 35 Covid-19-Patienten behandelt, sechs von ihnen waren „intensivbehandlungspflichtig“. Nur sechs Tage später lag die Zahl der zu Verarztenden bereits bei 48, davon lagen elf Menschen auf der Intensivstation. Landkreisweit mussten sich zu diesem Zeitpunkt 89 Personen einer Corona-Behandlung unterziehen. „Die Patienten sind deutlich jünger als in den ‚ersten drei Wellen‘“, sagte der Leiter des Klinikums, Reiner E. Rogowski, unserer Zeitung mit einer gewissen Skepsis in Anbetracht der bevorstehenden Tage und Wochen: „Ob die Kapazitäten auf den Intensivstationen reichen, werden wir sehen. Die in der Krankenhausleitstelle Ostsachsen zusammenarbeitenden 34 Krankenhäuser rechnen mit einer Zunahme der Erkrankungen.“

Nicht nur für die Oberlausitz-Kliniken zeichne sich vor dem Hintergrund eine bedrohliche Entwicklung ab. „Die Krankenhäuser kommen, da ‚die normalen Patienten fehlen‘, auch vermehrt in eine wirtschaftliche Schieflage“, meinte der Manager. „Für die freizuhaltenden Kapazitäten sind bisher keine der unbedingt notwendigen Ausgleichszahlungen durch den Bund in Sicht. Denn die Kosten unter anderem für Personal und Medikamente laufen weiter. Für manche Häuser ist die Bedrohung da schon wieder existenziell. Ich verweise auf die Verlautbarungen der Krankenhausgesellschaft Sachsen und der DKG. Und wir möchten gerne unseren Mitarbeitern die Gehälter weiterzahlen können.“

Der Bundestag und die noch im Amt befindliche Regierung beziehungsweise deren Nachfolgerin müssten sich schnell etwas einfallen lassen. „Das Virus und die Pandemie nehmen keine Rücksicht auf Koalitionsverhandlungen und andere Dinge.“ Gleichzeitig betonte Reiner E. Rogowski: „Die Impfungen verhindern nach wir vor zu 85 bis 90 Prozent eine Infektion und sorgen für leichtere Verläufe, sollte es wirklich zu sogenannten Impfdurchbrüchen kommen. Das bedeutet dann auch, dass wir in den sächsischen Krankenhäusern deutlich weniger Covid-Patienten haben könnten, wenn die Impfquote höher wäre.“ 

Unterschiedliche Inzidenzen

Auch die Landesregierung plädiert vehement dafür, sich die Spritze geben zu lassen – inklusive der einmaligen Auffrischung, die nach Empfehlung der Sächsischen Impfkommission nunmehr für alle ab 18 Jahren möglich sei. Die Sieben-Tage-Inzidenz gestalte sich bei Geimpften deutlich geringer als bei Menschen, die sich ungeimpft eine Corona-Infektion einhandeln. Als Beispiel dafür wurde die Situation am 28. Oktober angeführt. Zu dem Zeitpunkt ließ sich eine Sieben-Tage-Inzidenz bei Geimpften, die sich im Übrigen nach wie vor nicht testen lassen müssen, von 40 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner registrieren. Zum Vergleich: Bei den Ungeimpften lag diese bei 537 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Im Freistaat hatten sich bis zuletzt rund 2,3 Millionen Menschen gegen das Virus immunisieren lassen. 

Allerdings verschweigt das Sozialministerium auch nicht, dass bis dahin 56 Männer und Frauen trotz vollständigem Impfstatus gestorben sind. Aus einer uns zur Verfügung gestellten Tabelle geht hervor, dass es sich dabei vordergründig um Menschen handelte, die älter als 80 Jahre waren. Doch auch in jüngeren Altersgruppen gab es Impfdurchbrüche, die tödlich endeten. 

Unabhängig davon gilt: Wer sich nachweislich mit dem Corona-Virus infiziert hat, muss sich in Quarantäne begeben. Das soll andere vor einer Ansteckung bewahren und die Ausbreitung des Erregers erschweren. Die Bautzener Kreisverwaltung hat bereits für die nächste zu erwartende Virus-Welle Vorkehrungen getroffen. Eigenen Angaben zufolge wurde die Mitarbeiterzahl an der Corona-Front verdoppelt. 120 Männer und Frauen kümmern sich in den nächsten Wochen um die Ermittlung von infizierten Personen und deren Kontakte. 

Ist Cholesterin der Schlüssel für ein Ende der Pandemie?

Derweil forscht die Wissenschaft weiter zur Verbreitung des Erregers, der erstmals im Dezember 2019 in China nachgewiesen wurde. Unabhängig davon fand bereits 2011 ein internationales Forscherteam heraus, dass es zwischen einer Virenlast – ohne Bezug zu Corona – und dem Cholesteringehalt im menschlichen Körper offenbar einen direkten Zusammenhang gibt. Eine Studie von US-Wissenschaftlern kam jüngst zu einem ähnlichen Ergebnis, worüber die Frankfurter Rundschau auf ihrer Internetseite berichtete. Ohne ausreichende Menge an Cholesterol könne ein Virus wie SARS-CoV-2 die Schutzbarriere der Zelle nicht überwinden und eine Infektion verursachen, zitiert das Blatt das Forschungsteam der Princeton University. „Die Erkenntnisse deckten sich mit der Beobachtung, dass Covid-19-Patienten, die Statine zur Senkung ihrer Cholesterinwerte einnehmen, oft besser mit der Erkrankung fertig würden als andere.“ Zu Menschen mit erhöhten Cholesterinspiegeln zählen unter anderem Diabetiker, Raucher und jene, die unter Fettleibigkeit leiden. 

Bereits im März vergangenen Jahres hatte der Oberlausitzer Kurier basierend auf den Erkenntnissen von 2011 deutsche Virologen zu diesem Thema befragt, allerdings bis heute keine Antwort erhalten. Auch in den Krankenhäusern in Bautzen und Bischofswerda käme eine Therapie mit Cholesterinsenkern aktuell nicht zur Anwendung, wie uns die Klinikleitung mitteilte. Als Gründe dafür wurden angeführt, dass bislang keine sichere Studienlage existiere und auch keine entsprechende Therapieempfehlung vorliege. Aber, so stellte Reiner E. Rogowski in Aussicht: „Wenn es dazu wirklich gesicherte Therapieempfehlungen gibt, wäre dies (ein Einsatz von Cholesterinsenkern, Anm. d. Red.) unproblematisch durchzuführen.“ 

Indes lässt sich auch auf natürlichem Wege das Cholesterin in Schach halten. Äpfel, Birnen, Nüsse, Hülsenfrüchte, Mandeln und andere Lebensmittel helfen dabei, die Blutfettwerte zu bessern. Tomaten schützen zudem vor einer Arterienverkalkung, und geben so weniger Angriffsfläche für eine vom Virus provozierte Thrombose.

Roland Kaiser / 06.11.2021

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