30 Jahre im Höhenflug – einst sogar mit Heino
Die Bühne auf der Westernranch in Daubitz ist ihre eigentliche Heimat, doch in vielen Orten der Region sind sie seit 30 Jahren gerngesehene Gäste – die Schlesischen Schwälbchen. Foto: Chor
Im Daubitzer Gewandhaus proben die Schlesischen Schwälbchen mittwochs ab 17.30 Uhr. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Eine Bauernregel besagt: „Am Tage von Mariä Geburt fliegen die Schwalben furt.“ Nochmal Glück gehabt: Denn nicht zu Mariä Geburt am 8. September, sondern bereits am Sonntag, dem 6. September singen „Die Schlesischen Schwälbchen“ auf der Forest Villa Ranch in Daubitz/Walddorf. Das Ganze anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens. Der Männerchor lädt zum Volksliedersingen ein.
Daubitz. Die Erfolgsgeschichte begann damit, dass der erste Sangesauftritt zunächst nur als Programmpunkt im November 1990 des Daubitzer Karnevalsvereins gedacht war. Dem gehört man als Abteilung übrigens bis heute weiterhin an! Nach 10 Jahren gemeinsamer Karnevalsarbeit mit dem Rietschener Karnevalsclub sind die Daubitzer 1990 eigene Wege gegangen.
Mehrmals im Jahr treten die derzeit 24 Sänger in Frack und Zylinder vor Publikum auf. Höhepunkt ist dabei das jährlich stattfindende Volksliedersingen auf Schloss Niederspree. Zur Weihnachtszeit singen die Schlesischen Schwälbchen in der St. Georgskirche zu Daubitz. Das Liedgut des Männerchores umfasst Volks-, Heimat- und Fahrtenlieder sowie Lieder in schlesischer Mundart und sogar in anderen Sprachen.
Heino 2012 beim Auftritt in der Breslauer Jahrhunderthalle (Hala Stulecia we Wroclawiu) Foto: Till Scholtz-Knobloch
Ableger der Karnevalisten
Das erste Programm 1990 nannte sich „Die Rumpelkammer“ und war angelehnt an die damalige Kultsendung mit Willi Schwabe; den verkörperte in der Niederschlesischen Oberlausitz Horst Meister, der seitdem auch im Männerchor mitsingt.
Lothar Bienst, MdL im Ruhestand und eines der Schwälbchen, erinnert sich: „Ursprünglich wollten wir in diesem Programm einen Gesangsbeitrag aus ’Alles singt’ von Hans-Georg Ponesky bringen. Wir entschieden uns aber dann doch für ’Die Schlesischen Schwälbchen’; schlesische Lieder haben uns früher schon aufgrund unserer gemeinsamen Heimatliebe und der eingängigen Melodien fasziniert.“ Das Kuriose: „Wir waren 15 Männer, von denen einige gar nicht singen konnten, die einfach keine Stimme halten konnten. Einige standen also nur auf der Bühne und bewegten die Lippen; die Texte hatten wir akribisch auswendig gelernt“, so Bienst.
Schon damals trat der Chor schneidig mit alten Fracks, Gehröcken und Zylindern auf die Bühne. „Die hatten wir bei unseren Eltern und Großeltern ausgekramt. Oftmals waren die somit zu klein und bereits verschlissen“, sagt Lothar Bienst.
In den folgenden Jahren wurde zunächst unregelmäßig geprobt, aber bereits schon zweistimmig. Einen richtigen Aufschwung habe es dann 1997 gegeben, als Christine Zelder, Kantorin und Katechetin aus Daubitz, die Herren unter ihre Fittiche nahm. „Sie hat aus uns sangeswilligen Männern einen richtigen Chor gemacht, unsere Stimmen geschult und uns die Freude am mehrstimmigen Gesang gegeben“, betont Bienst.
Neue Sänger kamen hinzu, u.a. fast alle Männer aus dem Daubitzer Kirchenchor mit ihrem Gatten Johannes. Auch drei- und vierstimmig wurde es nun. Christine Zelder ging 2003 jedoch in den Ruhestand und zog mit ihrem Mann nach Berlin. Martin Baldenius als neuer Kantor für Weißwasser beerbte sie ab November 2003 als ein echter Fachmann, der zu existierenden Liedern selbst die 2., 3. und 4. Stimme hinzuschrieb. Inzwischen übten jeden Mittwoch 20 Sänger im Gewandhaus.
Heino in Daubitz und im übrigen Schlesien
Das Jahr 2003 bleibt den Schwälbchen ohnehin in besonderer Erinnerung. In der Forest Village Ranch traten die Schlesischen Schwälbchen gemeinsam mit Heino auf. Dabei hatte der fünf Jahre zuvor einen bizarren Schlesienhass erlebt. Im Mittelpunkt eines deutschlandweiten Medienechos stand 1997 ein Männerchor aus dem brandenburgischen Falkensee bei Berlin. Dieser hatte für einen Skandal gesorgt, weil er sich weigerte gemeinsam mit Heino aufzutreten, falls dieser auf das „Schlesierlied“ bestünde.
Bizzarerweise begründete der Chor dies damit, dass man die guten Beziehungen zu polnischen Partnerchören nicht belasten wolle, denn die polnischen Freunde könnten dann ja denken, dass auch der Männerchor aus Falkensee Schlesien für Deutschland wiederhaben wolle. Ein vielbeachtetes Feuilleton in der „Zeit“ beschäftigte sich mit den Vorkommnissen unter dem Titel „Die Freiheit der Zensur“. Lothar Bienst indes erinnert sich gerne an den Auftritt mit dem deutschen Nationalbarden und auch an das gemeinsame Singen des Schlesierliedes: „Das ist ja unsere Nationalhymne“, bekennt er regional Farbe. Übrigens waren die Falkenseer im Grunde spätestens 2012 blamiert, als Heino dann noch gänzlich zensurfrei das Schlesierlied – unter polnischen Freunden – beim Kulturfestival der deutschen Minderheit Polens in der Breslauer Jahrhunderthalle sang.
NSK-Redakteur Till Scholtz-Knobloch befragte Heino 2012 im Vorfeld des Breslauer Auftrittes so auch nach seiner Erinnerung an Falkensee 1997. Heino kommentierte gelassen: „Ja, es wurde immer wieder deutlich, dass das ’Schlesierlied’ mehr als nur ein wunderschönes Lied ist. Eigentlich sollte dieses Volkslied vor allem die Schönheit Schlesiens preisen. Es ist wirklich einer meiner Herzenswünsche, einmal in meiner langjährigen Laufbahn dieses Lied auch im polnischen Schlesien zu singen.“ An der Neiße war eine solche Aufregung aus regionaler Perspektive freilich schon 1997 längst verpufft und in Daubitz konnte man sich ganz auf die musikalische Entwicklung konzentrieren.
Im April 2015 wurde Wolfgang Frister aus Petershain neuer Chorleiter, der durch seineTätigkeit am Bautzner Theater weitere Expertise ein- und die Daubitzer nach vorn brachte.
Neue Sänger gern gesehen
Heute hat der Chor etwa 15 bis 18 Auftritte jährlich – von Familienfeiern, mehreren Advents- und Weihnachtssingen bis zur Mitgestaltung von Hubertusgottesdiensten. Wiederholt gab es Auftritte im benachbarten Polen und zur Tradition gehört auch die musikalische Gestaltung des Tages der deutschen Einheit. Höhepunkt in jedem Jahr ist jedoch das Volksliedersingen auf der Ranch in Daubitz/Walddorf Anfang September, bei dem stets auch Gastchöre eingeladen sind. Unter den befreundeten Chören in der Oberlausitz unterhält man besonders herzliche Kontakte zu den Männergesangsvereinen in Bad Muskau und Rothenburg. Beide Chöre sind auch jetzt am 6. September dabei wie auch der Kirchenchor Daubitz/Rietschen. Komplettiert wird das diesjährigen Jubiläum durch die „Oberlausitzer Blasmusikanten“ unter der Leitung von Torsten Klose. Reiner Wetzorke, Leiter des Männergesangvereins Bad Muskau hat sogar immer einmal die Vertretung übernommen, wenn in Daubitz Not am Manne war.
„Die Proben und Auftritte sind nicht nur strenger Chorgesang, sondern auch Zeiten des Frohsinns und der Gemütlichkeit“, betont Lothar Bienst und wirbt damit auch für neue Mitsänger, die sich auch auf jährliche Ausfahrten freuen dürfen. Der Männerchor probt in der Regel jeden Mittwoch von 17.30 bis 19.00 Uhr im Daubitzer Gewandhaus. Wer Interesse am Mitsingen hat, kann sich beim technischen Chorleiter Johannes Lehmann, Tel.: 035772/ 41035 melden.