Abgebrannte Kirche Großröhrsdorf: Das ist der aktuelle Stand
So präsentierte sich die Großröhrsdorfer Stadtkirche wenige Tage nach dem verheerenden Brand. Zwischenzeitlich wurde sie gesichert. Foto: Archiv
Großröhrsdorf. In der Nacht zum 4. August 2023 brannte unsere Großröhrsdorfer Stadtkirche bis auf die Grundmauern nieder. Dieses unfassbare Unglück hat uns alle erstarren lassen. Ein Jahrhunderte altes Wahrzeichen unserer Stadt wurde innerhalb weniger Stunden zerstört. Generationen von Menschen wurden hier getauft, konfirmiert, getraut, gesegnet und beerdigt. Es war ein lebendiger Ort des Glaubens, wo gebetet, gesungen und Gottes Wort verkündet wurde. Dieser Ort ging über Nacht verloren ging.
Hilfsbereitschaft und Hoffnung
Doch inmitten dieser Tragödie zeigte sich auch Hoffnung und Hilfsbereitschaft. Wir sind tief bewegt von der nach wie vor hohen Spendenbereitschaft und der großen Anteilnahme, die uns seit dem schrecklichen Kirchenbrand erreicht hat. Unsere Kirchgemeinde durfte und darf eine große Welle der Unterstützung erfahren: durch Hilfe vor Ort in und direkt nach der Brandnacht, durch unzählige Geld- und Sachspenden, durch Benefizveranstaltungen aller Art, durch gute Gedanken, aufbauende Gebete, durch ermutigende Lieder. Von August bis heute ist die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft ungebrochen. Dies hilft unserer Kirchgemeinde sehr, den schrecklichen Schmerz zu verarbeiten. Sie stärkt uns auch im Blick nach vorn und gibt uns Zuversicht für unser weiteres Handeln. Wir bedanken uns dafür aus tiefstem Herzen.
Sicherung der Brandruine
An und in der Brandruine hat sich mittlerweile einiges getan. Die Straßensperrung ist niemandem entgangen. Die großen Baukräne und die grüne Ummantelung des Turmstumpfes sind ebenfalls nicht zu übersehen. Jedem Blick Richtung Kirche folgt unweigerlich die Frage nach dem, was hinter den Bauzäunen eigentlich passiert. Eine Kirche ist eben nicht nur für eine Kirchgemeinde der Mittelpunkt geistigen Lebens, sondern hat immer auch eine weitreichende Bedeutung für die gesamte Stadt und darüber hinaus. Wir möchten daher von nun regelmäßig einen Überblick über den aktuellen Stand der bisherigen Arbeit der Kirchgemeinde nach dem Kirchenbrand geben, über Inhalte und Fortschritte der gebildeten Arbeitsgruppen berichten und mögliche Ausblicke in die Zukunft mit Ihnen teilen.
Bereits im September wurde der Turmstumpf von zwei großen Baukränen aus gesichert, da ein Betreten der Brandruine strikt untersagt war. Industriekletterer konnten so die vier schwer beschädigten Glocken aus den Trümmern bergen. Mitte November erfolgte die Freigabe der Ruine durch die Kriminalpolizei, sodass nun entsprechende Sicherungs- und Bergungsarbeiten stattfinden können. Alle Arbeiten geschehen dabei in enger Absprache und Mitwirkung von Landeskirche und Denkmalpflege. Anfang Dezember erfolgte die Sicherung der Mauerwerkskrone, damit später ein Notdach die verbliebene Bausubstanz vor weiteren Witterungseinflüssen schützen kann.
Kunst- und Kulturschätze
Zur Sichtung und Sicherung der zerstörten Kunst- und Kulturschätze wurde ein Team aus Sachverständigen gebildet. Es wird von Pfarrer i. R. Norbert Littig geleitet, der von mehreren Restauratoren unterstützt wird, die bereits bei der Kirchensanierung intensiv mitgewirkt haben und deren große Sachkompetenz sehr hilfreich ist. Der völlig durchnässte Brandschutt im Altarbereich konnte gesichtet werden. Von fast allen versilberten oder vergoldeten Sakralgeräten wurden kleinere und größere Fragmente geborgen. Nach erster fachlicher Sichtung ist allerdings wohl kein einziges sakrales Kunstgutstück restaurierbar. Sie sind unwiderruflich verloren. Einzig die fast 200 Jahre alte Sonnenuhr, die vom Ortschronisten Friedrich Ehregott Praßer gebaut und an der südlichen Außenseite der Kirche angebracht wurde, hat den Brand schadlos überstanden. Sie wurde demontiert und wartet darauf, dass sie an der neuen Kirche wieder ihren Platz finden kann.
Beistand und Hilfe
Nach der Brandnacht rückte die Kirchgemeinde und die Stadtbevölkerung eng zusammen. Auch die umliegenden Gemeinden nahmen an unserem Schicksal großen Anteil. Bereits am 6. August organisierte Kantor Markus Mütze eine Abendmusik auf der Pfarrwiese, wo Posaunenchöre aus den Landkreisen Bautzen, Görlitz, Dresden und Meißen gemeinsam musizierten. Über 800 Menschen waren gekommen. Es folgten Benefizkonzerte vom Ferdinand-Sauerbruch-Gymnasium und im Rödersaal, ein Benefizfußballspiel im Rödertalstadion mit mehr als 1.200 Zuschauern sowie zahlreiche weitere Konzerte und Spendenaufrufe. Im September schenkte uns die Kirchgemeinde in Herzogswalde eine „Ersatzglocke“, die dank tatkräftiger Unterstützung nach Großröhrsdorf gebracht und auf der Wiese vor dem Pfarrhaus aufgebaut werden konnte. Sie ruft jetzt wieder regelmäßig zum Gottesdienst und zum Gebet. Zur Weihe des neuen Geläuts wurde Pfarrer Stefan Schwarzenberg von katholischen Glaubensbrüdern und -schwestern aus Bautzen überrascht, die der Kirchgemeinde neue Abendmahlsgeräte überreichten, die nun gemeinsam mit den Leihgaben der Kirchgemeinden Gaußig und Höckendorf genutzt werden. Das Gemeindeleben findet weiterhin rege statt. Es hat sich seit dem Sommer etwas umgestellt und die Gottesdienste werden an wechselnden Orten in der Stadt gefeiert.
Weihnachtswunder
Kurz vor Weihnachten durften wir noch ein kleines Wunder erfahren. In dem Brandschutthaufen im Altarbereich fanden wir eine völlig durchnässte und total verkohlte Stoffrolle. Es waren ganz offensichtlich zusammengerollte alte, ungenutzte Altarparamente, die in der Altarrückseite einst gelagert wurden. Beim Auseinanderrollen fiel eine schwarze Schicht nach der anderen ab und in Asche faktisch auseinander. Im Innersten aber war ein Adventsparament erhalten geblieben. In Seide gestickt leuchteten die Worte: „Freuet euch in dem Herrn“. Es war wie eine Botschaft aus einer anderen Welt. Es ist der Spruch des 4. Adventssonntages, der vor uns liegt. Es ist ein Zitat aus dem Philipperbrief (Phil 4,4), den der Apostel Paulus im Gefängnis an eine bedrängte Gemeinde in Kleinasien geschrieben hat. Er, der faktisch nur von traurigen Verhältnissen umgeben war, der nichts zu lachen hatte, schreibt: „Freuet euch in dem HERRN.“ Das Feuer und das Lösch- und Regenwasser haben fast das gesamte Kunstgut vernichtet, aber die Botschaft auf dem Parament blieb erhalten und gilt uns allen – besonders in dieser Zeit.
Wiederaufbau
Der Kirchenvorstand hat im September die Grundsatzentscheidung getroffen, dass auf dem Kirchberg wieder eine Kirche gebaut wird. Die Kirchgemeinde befindet sich dabei jetzt am Anfang des Weges. Wenn klar ist, was von unserer alten Stadtkirche übrig ist und einbezogen werden kann, wird auch die Entscheidung über einen Neu- oder Wiederaufbau getroffen. Bereits jetzt haben uns sowohl Landesbischof Tobias Bilz als auch Ministerpräsident Michael Kretschmer, die in den vergangenen Monaten mehrmals bei uns waren, uns dabei ihre Unterstützung zugesichert. Dieser Weg wird eine große Aufgabe für uns als Kirchgemeinde und wir wollen ihn gemeinsam mit den Menschen vor Ort gehen. Sie können diesen Prozess und die Arbeit der Kirchgemeinde weiterhin mit Spenden unterstützen: Ev. Luth. Kirchgemeindebund Massenei, DE 14 8509 0000 5939 9810 30, Volksbank Großröhrsdorf, Verwendungszweck: Stadtkirche Großröhrsdorf, dazu Name und Anschrift.