Alles auf Anfang bei den Verkehrsverbünden
Die Reisenden interessiert es wenig, in welchem Verbundgebiet sie gerade unterwegs sind. Und doch bekommen sie es preislich zu spüren.
Die Bestrebungen des Landkreises Bautzen um eine Loslösung vom ZVON sind gescheitert. Nun will man sich auf die Neugestaltung der Tarife konzentrieren.
Landkreis. Es schwang schon etwas Resignation mit in der Stimme von Birgit Weber, 2. Beigeordnete des Landrates, als sie auf der jüngsten Sitzung des Bautzener Kreistages vor den Abgeordneten über den aktuellen Stand hinsichtlich der Verkehrsverbund-Problematik berichtete. Nach mehrjährigen Bemühungen, den für den Landkreis Bautzen unbefriedigenden Status Quo aufzulösen, muss die Kreisentwicklungs-Dezernentin eingestehen: „Wir sind keinen Schritt vorwärts gekommen und stehen jetzt wieder am Anfang.“
Das Dilemma besteht darin, dass sich das Gebiet des Landkreises Bautzen auf zwei verschiedene Verkehrsverbünde aufteilt: Während der Altkreis Bautzen (mit Bischofswerda und Umgebung) dem Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) angehört, zählen der Altkreis Kamenz und die einst kreisfreie Stadt Hoyerswerda zum Verkehrsverbund Oberelbe (VVO). Dies bedeutet, dass bei Fahrten mit Bus und Bahn innerhalb des Landkreises gegebenenfalls eine Tarifgrenze zu überqueren ist, was zu Nachteilen hinsichtlich der Preisgestaltung führt. Doch auch, wer aus dem ZVON-Gebiet nach Dresden fahren will, muss entsprechende Preisaufschläge in Kauf nehmen.
„Der Landkreis Bautzen will aufgrund seiner engen Verflechtungen näher an Dresden heranrücken. Dabei ist die Tarifgrenze ärgerlich und hinderlich“, so die Beigeordnete. Deshalb habe man angestrebt, den ZVON mit dem VVO zu fusionieren, um ein einheitliches Tarifsystem schaffen zu können. Alternativ sei auch ein Wechsel des gesamten Landkreises Bautzen in den VVO angestrebt worden. „Doch beides lässt sich nicht verwirklichen“, bedauert Birgit Weber. Der Grund dafür liegt weiter östlich: Im Falle einer Verkleinerung oder gar völligen Auflösung des ZVON befürchten der Landkreis und die Stadt Görlitz, hinsichtlich des öffentlichen Nahverkehrs abgehängt zu werden. Die Crux: Für einen Austritt des Landkreises Bautzen aus dem ZVON bedarf es einer Drei-Viertel-Mehrheit in der Verbandsversammlung. Diese ist aber vollkommen illusorisch. „Doch auch die Landesdirektion Sachsen als Rechtsaufsicht hat signalisiert, dass sie die erforderliche Genehmigung nicht erteilen würde“, so die Beigeordnete.
Wie nun also weiter? Immerhin hatte der Landkreis Görlitz im Frühjahr einen Kompromissvorschlag unterbreitet, der die Einführung eines „Oberlausitz-Tarifes“ beinhaltete. „Wir streben einen gemeinsamen Oberlausitztarif für die Landkreise Bautzen und Görlitz an. Gleichzeitig könnte der VVO-Tarif auf den gesamten Landkreis Bautzen ausgedehnt werden. Damit wäre der viel beklagte Tarifwirrwarr in unserer Region aufgelöst“, hatte die dortige Dezernentin Heike Zettwitz damals erklärt. Der Bautzener Landrat Michael Harig (CDU), gleichzeitig in Personalunion Vorsitzender beider Zweckverbände, hatte den Vorschlag jedoch als nicht weitgehend genug abgelehnt – auch wenn er ihn als „Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnete. Doch nun könnte der einst verschmähte Görlitzer Vorschlag wieder auf die Tagesordnung kommen: „Wir müssen uns jetzt auf die Tarifproblematik konzentrieren“, wie Birgit Weber betont. Allein dies dürfte aufgrund der unterschiedlichen Philosophien – hier ein auf das Ballungszentrum Dresden ausgerichteter Zonentarif, da ein entfernungsabhängiges Entgelt – schwierig genug werden.
Eine sachsenweite Lösung – die immerhin auch von der Strategiekommission ÖPNV des Freistaates angestrebt wird – dürfte in noch weiterer Ferne liegen als die ostsächsische Tarifeinheit. „Das werde ich wohl nicht mehr erleben“, meinte die gerade mal 52-jährige Beigeordnete.
Dabei zeigen weitaus größere Bundesländer wie Brandenburg mit Berlin oder auch Nordrhein-Westfalen, dass dies durchaus möglich ist. „Dieses Vorhaben, das auch von der Staatsregierung unterstützt wird, trifft auf erhebliche Widerstände, da Jeder meint, dass sein System das Beste ist.“