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Als Napoleon über Markersdorf zog

Als Napoleon über Markersdorf zog

Auf dem Steg über das Löbauer Wasser zur Bellwitzer Mühle mit Museum (hinten links) stehen Bernd Engelmann (links) und Arnd Krenz (rechts) mit zwei Anwohnern aus Oppeln. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Es gibt sicher einige Orte, die mit Goethe werben – oder mit Napoleon. Der Korse hat zwischen Löbau und Markersdorf jedenfalls Spuren hinterlassen, die sich wunderbar mit einem sommerlichen Ausflug verbinden lassen.

Bellwitz/Markersdorf.
In den Sommermonaten kann eine schattige Wanderung Abkühlung bringen, wenn diese im Wald und an einem Kühlung verheißenden Fluss verläuft. Die müden Wanderbeine braucht man aber gar nicht in einen Bergbach im Zittauer Gebirge halten. Die etwas näher gelegene Georgewitzer Skala nördlich von Löbau tut es auch – und dies bei zugleich tiefen Einblicken in die Geschichte der seit 1815 geteilten Oberlausitz. Wir befinden uns in der Georgewitzer Skala zugleich dicht an der 1815 gezogenen Grenzlinie zwischen Sachsen und Preußen. Das alles hat also viel mit Markersdorf, Napoleon und auch den Folgen der napoleonischen Kriege zu tun!

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An heißen Sommertagen verspricht die Georgewitzer Skala Abkühlung. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Das ausgewiesene Naturschutzgebiet des imposanten Tals erreicht man von Görlitz kommend am besten vom Löbauer Ortsteil Georgewitz aus. Von dort läuft man rechter Hand entlang des Löbauer Wassers rund anderthalb Kilometer in nördlicher Richtung. 

Schon das wildromantische Felstal begeistert mit seiner Urwüchsigkeit sowie abwechslungsreicher Flora und Fauna. Am Ende des Weges am Ostufer sehen Ausflügler am gegenüberliegenden Ufer des Bachs einen markanten Gebäudekomplex – die Gemauerte Mühle Bellwitz. 

Sie ist eine alte Wassermühle, die ihr Besitzer 1880 zu einer Ausflugsgaststätte umbauen ließ. Heute ist sie zwar geschlossen, dennoch bietet sie Besuchern eine Attraktion. Doch Eigentümer Bernd Engelmann sorgt manches Mal auch mit Bockwurst, Bier und kühlen Getränken für eine Ausflugsjause.

Hier befindet sich das 2020 neu eröffnete Museum des Vereins Napoleonzeit 1813 e.V. „Nicht von ungefähr steht es an dieser Stelle, denn am 4. September 1813 überwand der preußische Feldmarschall Blücher hier mit Teilen seiner Armee das Löbauer Wasser. „Sind Sie vor Ort, sollten Sie die Ausstellung nicht versäumen. Am besten nehmen Sie sich dazu einen professionellen Führer zur Seite“, erklärt Heimathistoriker Arnd Krenz.

Und weiter: „Er kann Ihnen vieles erklären. Zum Beispiel, wie es Marschall (,Vorwärts’) Blücher gelang, sich nach der verlorenen Schlacht bei Bautzen zwischen dem 21. und 23. Mai 1813 in Richtung Schlesien abzusetzen. Insbesondere den Einwohnern von Markersdorf und Umgebung brachten jene Tage große Aufregung. Um die französischen Verfolger aufzuschütteln, ließen Preußen und Russen immer wieder Verteidigungslinien aufbauen. Eine davon befand sich am 22. Mai 1813 im Abschnitt Kanonenbusch – Töpferberg – Sohland am Rotstein. Lange allerdings hielt dort der in russischen Diensten stehende Generalleutnant Eugen von Württemberg den anrennenden Sachsen und Franzosen nicht stand. In den Nachmittagsstunden verlegte er seine Truppen weiter nach Osten und bezog Stellung hinter Markersdorf.“ 

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Arnd Krenz im Museum an der Mühle mit Schirmmütze des Hotels Marschall Duroc. Das Gemälde rechts von ihm zeigt Napoleon am Totenbett des sterbenden Marschalls. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Arnd Krenz holt dann noch weiter aus: „In diesem Zusammenhang kam es in der achten Stunde zu einem schwerwiegenden Vorfall. Er ging in die Weltgeschichte ein und löst bei Franzosen noch heute Trauergefühle aus. Was war geschehen? Am Abend stand Napoleon mit seinem Stab am Gut des Bauern Hanspach. Plötzlich krachte eine vom Hoterberg abgefeuerte russische Kanonenkugel in die Gruppe. Drei französische Generäle mussten das mit dem Leben bezahlen. Der General Kirchner war sofort tot. General und Hofmarschall Duroc erlag in der Nacht zum 23. Mai seinen Verletzungen und General Bruyére zerschlug es beide Beine. Er starb am 5. Juni 1813 in Görlitz. Speziell der Verlust seines engen Vertrauten Géraud Christophe Michel Duroc traf Napoleon hart.“ Und eben aufgrund dessen erlebten die Markersdorfer am 23. Mai ein Schauspiel, das sie nie zuvor gesehen hätten. Westlich ihres Dorfes – dort, wo sich heute in Teilen das Gewerbegebiet erstreckt – habe Napoleon ein Karree mit einer Seitenlänge von jeweils einem Kilometer bilden lassen. „Mittendrin stellte er sein Kaiserzelt auf und verbrachte darin einen Tag in tiefer Trauer.“

All das, und was 1813 sonst noch im Kontext dieser Ereignisse in der Oberlausitz passierte, erfahren Besucher im Napoleonmuseum Bellwitz. Bernd Engelmann berichtet der Redaktion, dass Sarah Kinsky, die Geschäftsführerin des Oberlausitz-Niederschlesischen Museumsverbundes aus Krobnitz, der das Ackerbürgermuseum Reichenbach, das Granitabbaumuseum Königshainer Berge, das Dorfmuseum Markersdorf sowie die Schlösser Krobnitz und Königshain trägt, bereits zu Gesprächen über die Zukunft der Mühle gekommen sei. Engelmanns Frau ist bereits verstorben und eine langfristige historische Betreuung der Mühle ist noch nicht gesichert.

Gegenüber der Redaktion bestätigt Sarah Kinsky Gespräche, doch im Ergebnis müsse der Museumsverbund erst einmal passen. Die finanzielle Lage des Landkreises Görlitz erlaube derzeit eine Ausweitung betreuter Objekte durch den Museumsverbund nicht. Das heiße aber nicht, dass die Mühle nicht didaktisch in Projekte eingebunden werden könne. Derzeit liege jedoch kein Schwerpunkt auf Napoleon und der Lausitz 1813/1815.

Wer aktuell an historischen Hintergründen zu dieser Epoche interessiert ist, kann sich auf der Internetseite des Vereins Napoleonzeit 1813 unter https://napoleonzeit1813.de umschauen. 
Über diese Seite kann man auch eine Besichtigung mit Führung bestellen. Aber auch eine Absprache unter Telefon (03585) 86 01 16 ist möglich.

Und wie es in solchen Konstellationen links und rechts der preußisch-sächsischen Grenze ab 1815 so ist, geraten Bernd Engelmann, ein Cousin des Chefs der deutschen Minderheit im Oberschlesischen Kattowitz (Katowice) Dietmar Brehmer, Arnd Krenz und der Redakteur dieser Zeilen bei gegenseitig freundschaftlicher Achtung in eine lebhafte Debatte darüber, ob ein Oberlausitzer zugleich Niederschlesier sein könne oder nicht. 

Jenseits der schwarz-weißen Grenzsteine sollte man sich also auch etwas wappnen, wenn man das preußische Element der Region zu schätzen gelernt hat und der Grenzziehung von 1815 nicht allein trauernd begegnet.

Till Scholtz-Knobloch / 05.08.2023

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