Armin Schuster: „Turnhallen sind wirklich kreuzblöd“
Der sächsische Innenminister, Armin Schuster, sprach am vergangenem Freitag im Bautzener Dom. Foto: Uwe Menschner
Der sächsische Innenminister Armin Schuster sprach am Freitag im Rahmen der „Bautzener Reden.“ Was er zu den Themen Extremismus, Abschiebung, Unterbringung von Flüchtlingen und Polizeihochschule sagte.
Bautzen. Reden ist Silber, schweigen ist Gold. Wenn es um die aktuellen politischen Entwicklungen und die daraus resultierenden Meinungsverschiedenheiten geht, verliert dieses Sprichwort schnell seine Gültigkeit. Denn hier gilt: Reden ist Gold. Und deshalb lädt seit Ende 2022 eine Gruppe engagierter Bautzener Bürger monatlich zu den „Bautzener Reden“ ein. Und das durchaus erfolgreich: Zur jüngsten Auflage – der vierten – fanden immerhin etwa 200 Besucher den Weg in den Petridom der ostsächsischen Kreisstadt. Thema und Referent – der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) sprach zur „Sicherheit vor Ort“ – trafen zweifellos den Nerv des Publikums.
Recht schnell machte der Minister klar, was er als seine Hauptaufgabe im Amt betrachtet: Den Kampf gegen Extremismus und Radikalismus, und zwar von allen politischen Seiten. Wobei er dem Rechtsextremismus doch noch eine andere Qualität beimisst als dem aus dem linken Spektrum und ersteren als das „größte Problem für Sachsen“ bezeichnet. Gleichzeitig machte Armin Schuster unmissverständlich klar: „Wer Polizisten, Rettungskräfte, Amts- und Mandatsträger angreift, hat mich zum Gegner.“ Dasselbe gelte auch für Übergriffe auf Journalisten. Er mache sich große Sorgen, dass „irgendwann mal jemand noch einen Schritt weiter geht und es nicht bei verbalen Angriffen belässt.“ Der weit verbreitete und überproportional stark wahrgenommene Extremismus sei das „negative Markenzeichen“ Sachsens: „Er sorgt für einen Imageverlust, im Sport würde man sagen: Abstieg. Er erschwert es, dringend benötigte Fachkräfte ins Land zu holen.“
Womit dann auch die Überleitung zu dem Thema hergestellt war, das viele der Anwesenden sicher am meisten beschäftigte: „Auf dem Weg des Asylrechts werden wir diesen Bedarf nicht decken. Unser Herz ist groß, aber unsere Möglichkeiten sind endlich“, machte sich Armin Schuster einen Ausspruch des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck zu eigen.
Auch er, so der sächsische Innenminister, sei mit der gegenwärtigen Asylpolitik teilweise unzufrieden. „Ich würde mir mehr Abschiebungen von Ausreisepflichtigen wünschen. Doch das ist Bundessache und an viele Voraussetzungen geknüpft.“ Das Ansinnen seiner Partei, der CDU, die nordafrikanischen Länder und Georgien als sichere Herkunftsstaaten zu deklarieren, sei im Bundesrat gescheitert. In andere Länder sei die Abschiebung aus rein praktischen Gründen unmöglich: „Womit und wohin wollen Sie nach Afghanistan, Syrien oder in den Irak abschieben? Dorthin gehen keine Flüge.“ Gleichzeitig appellierte er, den Unmut nicht an den Falschen auszulassen: „Bitte gehen sie nicht vor die Asylbewerberheime, denn diese Menschen werden die Politik nicht ändern. Gehen Sie zu den Parteien und äußern Sie dort Ihre Kritik.“ Er selbst stehe weiterhin zu der Aussage, dass die Unterbringung und Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge derzeit oberste Priorität haben müsse.
Freilich blieb auch die Frage nach den umstrittenen Äußerungen des Bautzener Landrates Udo Witschas (CDU) zur Unterbringung von Flüchtlingen nicht aus, die bundesweit für Aufsehen gesorgt hatten. „Ohne für Udo Witschas sprechen zu können, glaube ich, dass er es so nicht wieder sagen würde“, formulierte Armin Schuster diplomatisch. „Er hat vor dem Hintergrund gesprochen, ein handfestes Problem lösen zu müssen.“ Die Art und Weise der Unterbringung sei Sache der Landkreise, jedoch: „Bitte nutzen Sie dafür keine Turnhallen! Turnhallen sind für diesen Zweck wirklich ’kreuzblöd’“, so der Minister wörtlich. Er habe selber schon in Turnhallen schlafen müssen und wisse daher, „dass das keine menschenwürdige Unterkunft ist.“ Auch sei es kein Rassismus, sondern Notwendigkeit, darauf zu achten, „welche Menschengruppen man wie unterbringt oder eben auch nicht.“ Jeder, der sich um Integration kümmere, wisse das. Der Freistaat Sachsen unterstützte die Landkreise, „indem wir die Kapazitäten unserer Erstaufnahmeeinrichtungen von 4000 auf 9000 Plätze erhöht haben und den Kommunen landeseigene Liegenschaften anbieten.“
Schließlich ging Innenminister Armin Schuster auch noch auf die Frage ein, ob die sächsische Polizeihochschule wirklich in Rothenburg/OL, also „am A... der Welt“, ihren Standort haben müsse. „Ich bekenne mich hundertprozentig zu Rothenburg“, so der Minister. „Standortpolitik ist Strukturpolitik, deshalb müssen staatliche Einrichtungen in den Regionen angesiedelt werden.“ Dies habe er vom früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gelernt, der auch schon als bayerischer Ministerpräsident sehr erfolgreich nach dieser Maxime verfahren sei.
Auch wenn das Zeitbudget des sächsischen Innenministers nicht wirklich eine Diskussion hergab, sondern eher ein Frage-Antwort-Spiel, verabschiedeten die Anwesenden den vierten „Bautzener Redner“ mit viel Applaus. Reden ist eben doch Gold.