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Aus der Traum vom Maulbeerbaum

Aus der Traum vom Maulbeerbaum

Vor etwa drei Jahren präsentierten Gründer Dr. Udo Krause (li.) und der technische Leiter Jonas Tiepmar dem „Oberlausitzer Kurier“ ihre Vision für Nebelschütz. Foto: Archiv

Nebelschütz.  Die Gewinnung von Seide stellte einst auch in Mitteleuropa einen wichtigen Wirtschaftszweig dar. In Sachsen war es vor allem Amtshauptmann Georg Heinrich von Carlowitz (1807 bis 1857), der den Anbau von Maulbeerbäumen und die Zucht von Seidenraupen förderte. Noch in den 1950er-Jahren beschäftigte sich mancher Bauer oder auch Lehrer auf dem Lande mit dieser Tätigkeit.
Diese wenig später verloren gegangene Tradition wollte Dr. Udo Krause wiederbeleben. Als Gründer und Mitgesellschafter der Seidenkokon Native Silk GmbH mit Sitz in Nebelschütz machte sich der promovierte Biologe 2021 auf den Weg, die Produktion von Naturseide in Deutschland neu zu etablieren. Als Molekularbiologe hatte er an der TU Dresden zur Seide geforscht und dabei die faszinierenden Eigenschaften dieses Naturmaterials kennen gelernt. Warum, so fragte er sich, wird Naturseide nicht mehr in Deutschland hergestellt, und warum kaum noch in der Medizin eingesetzt? Einen Teil der Antwort geben Dr. Udo Krause und seine Mitstreiter nun selbst. Ihr Plan ist nämlich gescheitert, und sie nehmen von ihrem Vorhaben, in Nebelschütz Seide zu produzieren, Abstand. Verantwortlich dafür ist „ein ganzes Bündel von Ursachen“, wie der Gründer erklärt.

Der unmittelbarste Grund besteht darin, dass die empfindlichen Maulbeerbäume mit Glyphosat in Berührung kamen. Nur zwei der Bäume überlebten die verhängnisvolle Begegnung mit dem höchst wirksamen Pestizid. Ohne Maulbeerbäume gibt es aber keine Seide, denn die Seidenraupe, welche sich bei der Verpuppung in einen Kokon aus dem begehrten Material einspinnt, frisst nur deren Blätter und sonst nichts. Zuvor hatten bereits Wühlmäuse an den Bäumen Geschmack gefunden. „Doch auch die Verhältnisse in Nebelschütz haben sich verändert“, erklärt Udo Krause, ohne dies weiter auszuführen. Bekannt ist, dass sich der frühere Bürgermeister Thomas Zschornak sehr um die Ansiedlung von Unternehmen aus dem Bereich der Biotechnologie bemüht hatte. So entschied sich 2018 die Firma Suburban Seafood, welche Garnelen für den internationalen Markt züchtet, für den Standort. Seidenkokon folgte wenig später. „Die Frage des Abwassers ist nicht geklärt, und da wird auch nichts gemacht. Wir können unser Wasser aber nicht einfach so ableiten, da wir auch mit scharfen Reinigungsmitteln arbeiten“, so Udo Krause. Schließlich machten dem jungen Unternehmen aber auch neue gesetzliche Regelungen Schwierigkeiten, „die dafür sorgen werden, dass etwa 70 Prozent des medizintechnischen Mittelstands in Deutschland verschwinden.“ 

Udo Krause war sich darüber im Klaren, dass die Seidenproduktion eine Anlaufzeit benötigt und hat seine Tätigkeit als Geschäftsführer daher zunächst nebenberuflich ausgeübt. Er hat sein Vorhaben nicht aufgegeben und will die Marke „Seidenkokon Native Silk“ weiter führen. „Doch in der gegenwärtigen Zeit der Krisen und Stagnation ist es schwierig“, bekennt er. 

Uwe Menschner / 25.01.2025

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