Bautzen cancelt ältesten Weihnachtsmarkt Deutschlands
Zu Füßen des Weihnachtsbaumes auf dem Bautzener Hauptmarkt werden sich in diesem Jahr nun doch keine Fahrgeschäfte drehen und keine Besucher zwischen Buden entlangschlendern. Eine entsprechende Entscheidung wurde jetzt gefällt. Foto: Archiv
Bautzen. Lange hat die Stadt Bautzen gehofft, die Einwohner und Gäste wie in Zeiten vor der Corona-Pandemie auf das herannahende Fest der Liebe einstimmen zu können. Mit einwöchiger Verschiebung sollte vom 3. bis 22. Dezember der 638. Bautzener Wenzelsmarkt stattfinden. Doch daraus wird nun nichts. Die Stadt hat die Veranstaltung gecancelt. Die neue Corona-Verordnung des Freistaates Sachsen mache eine Umsetzung des vom Landkreis genehmigten Hygienekonzeptes unmöglich, hieß es am späten Donnerstagnachmittag aus dem Rathaus.
„Die neue sächsische Corona-Schutzverordnung mit Gültigkeit vom 22. November bis 20. Dezember sieht eine 2G-Pflicht für Weihnachtsmärkte in den Verweilbereichen vor“, erklärte Stadtsprecherin Josephine Brinkel. „Gleichzeitig gilt in Sachsen ab dem 19. November die Überlastungsstufe, die weitere Einschränkungen und Maßnahmen für Veranstaltungen vorsieht. Damit hat das Hoffen auf weihnachtliche Marktstimmung in der Altstadt ein Ende. Der diesjährige 638. Wenzelsmarkt muss abgesagt werden.“
Zum Vergleich: In dem aktuell gültigen Corona-Maßnahmenpaket des Freistaates müssen auch nach Überschreiten der Überlastungsstufe in sogenannten Flanierbereichen - also entlang von Marktbuden - keine 2G-Regeln getroffen werden. Gleiches gilt für den Verweilbereich, wenn sich dort nicht mehr als 1.000 Menschen aufhalten.
Erst am Montag hatte die Verwaltung klargestellt, dass eine 2G- oder 3G-Regelung für den Wenzelsmarkt aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und der Mehrkosten nicht durchführbar ist. Der komplette Verzicht auf Gastronomiestände sei ebenfalls keine Option für die Stadt Bautzen. Bereits vor der Entscheidung hätten mehrere Dutzend Händler bei der Stadt Bautzen abgesagt. Es wäre außerdem den Händlern sowie Kultur- und Kreativschaffenden gegenüber nicht fair, bei der gegenwärtigen Situation und den Äußerungen des Ministerpräsidenten den Wenzelsmarkt weiter zu planen, um dann eine Absage oder ein Verbot zu riskieren, wenn bereits alles aufgebaut oder gestartet ist.
Wie es weiter hieß, würden mit der Absage des Wenzelsmarktes auch die verkaufsoffenen Sonntage ersatzlos wegfallen.
Stadtoberhaupt bedauert Absage - Dresden weist auf finanzielle Hilfen hin
Oberbürgermeister Alexander Ahrens sagte zu der jüngsten Entwicklung: „Es ist traurig und äußerst bedauerlich, dass zum zweiten Mal der älteste Weihnachtsmarkt Deutschlands abgesagt werden muss. Es ist vor allem aus dem Grund bedauerlich, da die aktuelle Corona-Situation bereits seit Monaten vorhergesagt wurde und seitens des Bundes nicht viel getan wurde, gegen diese Situation anzugehen. Für die Händler und Gastronomen ist der erneute Ausfall eine Hiobsbotschaft, die hätte verhindert werden können, wenn schon frühzeitig Maßnahmen ergriffen worden wären oder aber das Land bereits frühzeitig ein Verbot erwogen hätte. Denn es ist durchaus nachvollziehbar, dass aufgrund der derzeitigen Situation in den Krankenhäusern an ein gemütliches Beisammensein auf den Weihnachtsmärkten nicht zu denken ist. Andererseits verstehe ich die aktuellen Zahlen als ausdrücklichen Beleg dafür, wie wichtig es ist, dass sich noch viel mehr Menschen impfen lassen.“
Die SPD Bautzen bedauerte die Absage des Weihnachtsmarktes, hält sie aber für notwendig und folgerichtig. Nie zuvor habe es ein so hohes Ansteckungsrisiko wie in diesen Tagen gegeben. „Die Sicherheit der Weihnachtsmarktbesucher kann bei der derzeitigen Situation nicht gewährleistet werden“, meinte der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Eckart Riechmann.
Der AfD-Landtagsabgeordnete Frank Peschel erklärte hingegen: „Die Absage des diesjährigen Wenzelsmarktes ist ein herber Verlust für die Region, für die Gäste und die zahlreichen Händler, die mit dem Umsatz aus dem Weihnachtsgeschäft gerechnet haben. Ich bedauere das sehr, dass nun diese Entscheidung getroffen wurde, während in Dresden der Striezelmarkt mit Einschränkungen geöffnet wird.“ Und weiter: „Gleichzeitig hat sich die Hoffnung der Händler in der Bautzener Innenstadt nach verkaufsoffenen Sonntagen zerschlagen. Diese wurden nun aufgrund der neuen Corona-Vorschriften ebenfalls abgesagt. Auch diese Absagen bedeuten finanzielle Einbußen für die Stadt Bautzen und den stationären Einzelhandel. Aus unternehmerischer Sicht entwickeln sich die sprunghaften Entscheidungen der Staatsregierung immer mehr zum Roulette.“
Indes gab Regierungssprecher Ralph Schreiber zu verstehen, dass Standbetreiber mit ihren Sorgen nicht alleingelassen werden. Er beruft sich dabei auf eine Information aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium. Demnach sind Standbetreiber auf den Weihnachtsmärkten bereits nach den jetzt geltenden Regelungen der Überbrückungshilfe III Plus antragsberechtigt. Das Hilfsprogramm des Landes laufe noch bis zum Jahresende. „Es reichen 30 Prozent Umsatzeinbruch im Vergleich zum Dezember 2019“, ließ der Mitarbeiter der Staatskanzlei in dem Zusammenhang wissen. Da Unternehmen und Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht antragsberechtigt seien, würden unter anderem die Kommunen leer ausgehen.
Weitere Städte und Gemeinden ziehen Konsequenzen
Nach Bautzen verzichtet nun auch die Oberlandstadt Schirgiswalde-Kirschau auf eine Austragung ihrer Weihnachtsmärkte. In der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses hätten sich alle Ortsversteher und Vertreter des Stadtrates dafür ausgesprochen, so der stellvertretende Bürgermeister Andreas Thomas. „Gemeinsam haben wir gesprochen, dass es eine moralische und verantwortungsvolle Sache ist, keine Weihnachtsmärkte zu
veranstalten, wenn Krankenhäuser und deren Mitarbeiter überlastet sind oder sogar unsere Grundschule in Schirgiswalde aufgrund von zahlreichen Corona-Infektionen geschlossen ist“, begründete er die Entscheidung. „Diese haben wir voller Verantwortung, Einstimmigkeit
und mit Zusammenhalt entschieden. Wir hoffen alle, dass wir im nächsten Jahr wieder gemeinsam am Glühweinstand plaudern können und zusammen auf den so wertvollen und sehenswerten Weihnachtsmärkten in unseren Ortsteilen die Vorweihnachtszeit begehen können.“ Trotz der schwierigen Zeit wünschte Andreas Thomas allen eine besinnliche Vorweihnachtszeit.
Auch aus Pulsnitz, Wilthen, Königswartha, Neukirch/Lausitz, Göda, Großdubrau und Malschwitz kamen bereits Absagen.