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Kommunen im Landkreis Bautzen am Limit

Kommunen im Landkreis Bautzen am Limit

Bürgermeister aus dem Landkreis Bautzen haben am Mittwoch im Landratsamt über die gegenwärtige Finanzsituation ihrer Kommunen informiert. Diese wird zunehmend schwieriger. (Foto: ksl)

Landkreis. Zahlreiche Kommunen im Landkreis Bautzen sind finanziell am Limit. Gemeinsam mit Vertretern des Sächsischen Städte- und Gemeindetags (SSG) haben sie am 23. Oktober 2024 in Bautzen auf ihre Probleme aufmerksam gemacht. Zuvor hatte es im Landratsamt ein Treffen gegeben.

Was fordern die Kommunen im Landkreis Bautzen?
Es geht um jährlich 800 Millionen Euro, welche die Städte und Gemeinden im Landkreis Bautzen aktuell mehr benötigen würden, um ihre kommunalen Aufgaben ohne Defizite erledigen zu können. Sächsische Kommunen erhielten laut SSG-Geschäftsführer Mischa Woitschek 200 Euro weniger pro Einwohner im Vergleich zu anderen Bundesländern in Ostdeutschland. Daher die Aufforderung an den Freistaat, die Zuweisungen an die Kommunen um 20 Prozent zu erhöhen.

Eine verlässliche kommunale Finanzausstattung benötigten die Städte und Gemeinden, erklärte Heiko Driesnack (CDU), SSG-Vorsitzender im Landkreis Bautzen und Bürgermeister von Königsbrück. Plastisch formulierte er die Situation so: „Das kommunale Schiff liegt auf der Sandbank – und das Wasser drum herum ist weg.“

Warum benötigen die Kommunen mehr Geld?
Mischa Woitschek ist seit 20 Jahren Geschäftsführer des SSG und zuvor selbst Bürgermeister gewesen. Eine derart brenzlige Lage wie im Moment habe er bei Kommunen aber in all den Jahren nicht erlebt. Viele Haushalte bewegten sich im Defizit. „Bereits 2023 konnten 40 Prozent der Kommunen keinen ausgeglichenen Haushalt aufstellen“, schilderte er. Oft könnten sie nicht einmal mehr ihre Pflichtaufgaben erfüllen.

Laut Angaben des SSG sind die Ausgaben der Städte und Gemeinden im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zu 2019 enorm gestiegen. Demnach geben die Kommunen heute 505 Euro pro Einwohner mehr aus als vor fünf Jahren. Personalkosten sind durch Tariferhöhungen um mehr als 28 Prozent gestiegen, Sachkosten durch Lieferketten- und Inflationseffekte um fast 36 Prozent sowie Transferzahlungen wie für Sozialleistungen um 42,5 Prozent.

Welche Probleme haben die Kommunen im Landkreis?
Als Beispiel für das Limit, an dem die Kommunen im Landkreis Bautzen mittlerweile arbeiten, haben mehrere Bürgermeister das Thema Elternbeiträge für Kinderbetreuung genannt. Dafür sind den Städten und Gemeinden im Freistaat Sachsen gewisse prozentuale Intervalle vorgegeben. So zahlen Eltern für das erste Kind in Cunewalde für einen Krippenplatz mittlerweile bis zu 300 Euro, sagte Bürgermeister Thomas Martolock (CDU).

Auch in Schwepnitz reize man die Höchstgrenze mittlerweile fast aus, erklärte Bürgermeisterin Elke Röthig (parteilos). In Schirgiswalde-Kirschau sei diese bereits erreicht, fügte Bürgermeister Sven Gabriel (FDP) hinzu: „Mehr geht nicht, und irgendwann ist dieser Preis für Eltern auch nicht mehr darstellbar.“ Dabei sind die Elternbeiträge nur ein Bruchteil der Kosten, die für einen Kita-Platz anfallen. Insgesamt kostet dieser um die 1.300 Euro, wovon die Kommune ungefähr die Hälfte selbst aufbringen muss.

Ein anderes Problem sei Infrastruktur. Straßen und Schulen müssten zum Beispiel instandgehalten beziehungsweise modernisiert werden. Doch selbst wenn man Fördermittel durch ein Programm von Bund oder Land erhalte, scheitere es mitunter daran, dass die Kommune den notwendigen Eigenanteil nicht aufbringen könne, sagte Frank Lehmann (parteilos), Bürgermeister von Lauta. Selbst wenn es nur 10 Prozent seien, was erstmal nicht nach viel Geld klingt, sei dies oft nicht möglich.

Dadurch werde selbst das Instandhalten von Infrastruktur zum Problem. Tobias Liebschner (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Haselbachtal, sprach das Thema Brücken an. An der Carolabrücke in Dresden habe man gesehen, welches Ende das nehmen könne. Es sei ein Riesenproblem, wenn Brücken nicht instandgehalten werden könnten.

Stefan Schneider (parteilos), Bürgermeister von Großröhrsdorf, berichtete zudem von einem Investitionsstau, weil viele Städte und Gemeinden bereits seit Jahren mit angezogener Handbremse fahren, um eben nicht in finanzielle Schieflage zu geraten. Doch nun sei das Ende der Fahnenstange erreicht und könne das teils hohe Defizit in den kommunalen Haushalten nicht mehr ausgeglichen werden.

Außerdem fehle es an Personal, das zum einen den Überblick bei den vielen Förderprogrammen behalte – mehr als 300 davon gebe es allein im Freistaat Sachsen – und zum anderen dann auch alles regele vom Antragstellen bis zum Abrechnen der Fördermittel.

Was ist die Folge für die Kommunen im Landkreis?
Wenn sich die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden nicht wieder bessert, stehen zunächst sogenannte freiwillige Leistungen auf dem Prüfstand. Der Betrieb von Freibad sowie Bibliothek oder der Zuschuss für Feste wären dann eventuell nicht mehr möglich.

Frank Lehmann machte einen Vorschlag, um die Bürokratie rund um Fördermittel zu entzerren. Der Freistaat Sachsen könne einen Teil der Mitarbeiter, welche bei der Sächsischen Aufbaubank für das Thema zuständig sind, dorthin umsetzen, wo letztendlich über die Gelder und deren Verteilung entschieden wird. So würden sich die Abläufe rund um Fördermittel auch beschleunigen.

Außerdem würden sich die Kommunen mehr Vertrauen vom Freistaat wünschen in die Bürgermeister und die kommunalen Gremien wie Stadt- und Gemeinderat, erklärte Frank Höhme (parteilos), Oberbürgermeister von Radeberg. „Wenn wir über Finanzen entscheiden, landen sie dort, wo sie benötigt werden“, sagte er. 

ksl / 26.10.2024

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