Bautzen und Görlitz: Vom Ende politischer Umsetzbarkeit
Am Montag sprachen Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen unter dem Motto: „Gesund, getestet, gefeuert!“ vor dem Landratsamt Bautzen. Auch Vizelandrat Udo Witschas, CDU (rechts am Eingang), wandte sich an die Menge. Foto: Matthias Wehnert
Der Bund will das Arbeitsplatzbetretungsverbot ungeimpfter Mitarbeiter in Pflege und Medizin zum 16. März durchsetzen. Der Landkreis Bautzen sieht jedoch nur das als möglich an, was die medizinisch-pflegerische Grundversorgung überhaupt zulässt. Der Kreis Görlitz geht hingegen in Deckung.
Region. Am Abend des 24. Januar 2022 wandte sich Bautzens Vizelandrat Udo Witschas (CDU) vor dem Portal des Bautzner Landratsamtes Demonstranten zu:
„Und wenn Sie mich danach fragen, was das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen machen wird – ab dem 16.3. – dann werden wir, unser Gesundheitsamt, unseren Mitarbeitern im Landkreis Bautzen im Pflege- und mediznischen Bereich KEIN Berufsverbot/Betretungsverbot (Satz im Jubel nicht beendet) (...). Und ich kann Ihnen ganz einfach sagen, warum es bei uns zum 16.3. das Betretungsverbot nicht geben wird. Es gibt eine ganz ganz einfache Antwort auf diese Frage: Wer? Wer meine Damen und Herren, soll oder wird sich um diese pflegebedüftigen/hilfsbedürftigen Menschen in unseren Kliniken und Pflegeeinrichtungen denn kümmern, wenn Sie nicht mehr da sind?“
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sollte nach Auffassung von Bautzens Landrat Michael Harig verschoben oder komplett aufgehoben werden. „Gesetzliche Regelungen sollten nur dann getroffen werden, wenn deren Umsetzung machbar und damit verbundene Ziele erreichbar sind. Beides ist nicht gegeben“, so Harig. Dies hatte dieser kurz vor Witschas Äußerungen Ministerpräsident Kretschmer geschrieben.
Auf Anfrage des Redaktion bezog der Landkreis Görlitz Stellung, mied jedoch auffällig eine Beurteilung des Vorgehens von Landrat und Vizelandrat in Bautzen. Kreispressesprecherin Franziska Glaubitz zog sich quasi auf die Darstellung der aktuellen gesetzlichen Vorgaben zurück: „Personen, die in den in § 20a Infektionsschutzgesetz genannten Einrichtungen oder Unternehmen bereits tätig sind, müssen den jeweiligen Einrichtungsleitungen bis zum Ablauf des 15. März 2022 entweder einen Impfnachweis oder einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis darüber vorlegen, dass sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Wird ein solcher Nachweis nicht vorgelegt, müssen die Einrichtungen oder Unternehmen nach Ablauf des 15. März 2022 an das Gesundheitsamt melden, welche bei ihnen tätigen Personen die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt haben. Das Gesundheitsamt wird die Betroffenen dann z.B. darüber informieren, bis wann die erforderlichen Nachweise nachgereicht werden müssen. Erst danach kann eine Prüfung weiterer Maßnahmen erfolgen, die Anordnung von Tätigkeits- und Betretungsverboten durch das Gesundheitsamt zur Folge haben können.
Das Gesundheitsamt prüft im pflichtgemäßen Ermessen, inwieweit derartige Verbote auszusprechen sind. Dabei werden z.B. die Funktionsfähigkeit von Einrichtungen und Unternehmen des Gesundheitswesens, die Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung, der notwendige Versorgung im Bereich der Pflege und Rehabilitation berücksichtigt. Hierzu steht der Landkreis im Austausch mit dem Sächsischen Sozialministerium, um entsprechende Kriterien zu beraten; ein diesbezüglicher Erlass wird erwartet.“ Für Neueinstellungen ab dem 16. März greife hingegen sofort ein gesetzliches Beschäftigungsverbot.
Dresden versichert: Erlass soll demnächst kommen
Indes kündigte am Freitag das Sächsische Sozialministerium für die zweite Februarwoche einen entsprechenden Erlass an. Dieser soll im Vorfeld mit den betreffenden Einrichtungen, deren Trägern, den Landräten und auch Oberbürgermeistern abgestimmt werden, versicherte Ministerin Petra Köpping. Das Papier gäbe den Gesundheitsämtern Maßgaben zur Umsetzung der Impflicht vor. Grundlage dafür seien Beratungen zwischen Bund und Ländern, um eine deutschlandweit möglichst einheitliche Umsetzung zu erreichen. Diese seien jedoch noch nicht abgeschlossen. „Wir wollen hier zu einem Einvernehmen kommen, damit wir den Schutz der Bevölkerung, gerade der vulnerablen Gruppen, sicherstellen können.“
Mit Stand März 2021 würden sachsenweit etwa 300.000 Beschäftigte in zahlreichen Einrichtungen der medizinischen Betreuung und der Pflege unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen, hieß es abschließend.