Beim Heiratsantrag im Schlafanzug

Maria Weber und David Pawlak vom Schauspielensemble des Gerhart-Hauptmann-Theaters Zittau haben schon oft zusammen auf der Bühne gestanden. Foto: privat
Maria Weber und David Pawlak vom Schauspielensemble des Gerhart-Hauptmann-Theaters Zittau haben schon oft zusammen auf der Bühne gestanden. Ihr Privatleben spielt da irgendwie überhaupt keine Rolle.
Zittau. Maria Weber betont, „dass ich nur im Theater so heiße. Offiziell bin ich schon seit ein paar Jahren Frau Pawlak. Denn mein Mann David und ich haben 2016 geheiratet.
Für mich und auch alle anderen ist es aber wahrscheinlich einfacher, wenn man zwei Nachnamen hat, um einen Tagesplan zu schreiben, Gehaltszettel oder andere Dinge zu organisieren. Außerdem fühle ich mich da nicht immer angesprochen, wenn der Name Pawlak fällt.“ Ihre Lohnzettel sind aber auf Maria Pawlak ausgefüllt, sagt ihr Mann schmunzelnd.
David Pawlak ist seit 2009 im Ensemble und hat seither bestimmt schon 100 Rollen gespielt: „Meine größten Flops waren…“, „Bitte nicht!“, lenkt seine Frau ein. Maria Weber selbst hat in ihren knapp zehn Jahren im Ensemble des Zittauer Theaters auch schon eine Menge Rollen gespielt – unter anderem die Helena in „Eine Sommernacht“ die „Lola Blau“ aus „Heute Abend“, die Selma in „Dancer in the Dark“ und zuletzt die Frau in „Offene Zweierbeziehung“. Gerade ist die Schauspielerin viel mit „Faust“ unterwegs und genießt auch dabei, in die Rollen von Gretchen, Faust und Mephisto zu schlüpfen.
Den beiden bedeutet ihr Beruf beziehungsweise das Theater viel. Ihre Tante sagt immer: „Es gibt Menschen, die haben einen Beruf und es gibt welche, die haben eine Berufung.“ Maria Weber hat das Gefühl, in der Arbeit am Theater ihre Berufung gefunden zu haben: „Wenn die Umstände passen, die Regie, die Ausstattung und die Kollegen, dann liebe ich es, mich 100 Prozent in die Arbeit zu stürzen.“ David Pawlak ist da eher pragmatisch: „Klar hab ich mir den Job ausgesucht, weil es mir Spaß macht, auf der Bühne zu stehen. Ich weiß aber auch, dass das Theater keine Leben rettet.“ Seine Frau fügt noch hinzu: „Mein Mann sagt zu neuen Kollegen immer, wenn sie sehr nervös sind: ,Wir stehen nur auf der Bühne und nicht im OP.’“ Kennengelernt haben sich die beiden 2006 am Jungen Staatstheater in Parchim.
Maria war dort schon ein paar Monate engagiert, als der damalige Intendant ein paar Gäste für „Pippi Langstrumpf“ engagierte: „Als ich auf die erste Probe kam und den Schauspieler sah, der den Thomas spielte, war mein erster Gedanke: Meine Güte, was ist das denn für ein Stück Holz!? Jedes Mal, wenn ich diese Anekdote erzähle, schäme ich mich natürlich ein bisschen, werde rot und muss lachen. Ich weiß natürlich, dass das echt gemein ist.“ David sagt in diesem Zuge: „Wer hätte gedacht, dass du mich 13 Jahre später mal heiraten würdest?“ Maria hat ihren Mann dann während der Proben gut kennengelernt und zusätzlich zu den schauspielerischen auch seine menschlichen Qualitäten schätzen gelernt. David mochte vor allem erst einmal ihr Dekolleté.

Maria Weber und David Pawlak vom Schauspielensemble des Theaters Zittau haben 2016 geheiratet. Foto: Pawel Sosnowski
Gemeinsame Besetzung bei Kabale und Liebe
Verliebt hat sich Maria Weber in David, „weil er so unaufgeregt war. Er war der einzige Mann in meiner Umgebung, dem es vollkommen egal war, was andere über ihn dachten oder darüber, was er tut und wie er aussieht. Er ruht so in sich. Ein Fels in der Brandung. Und das ist er immer noch. Ich bin die Aufbrausende, die Laute und Übertreibende und er ist der Ruhige, der Erdende und Objektive. Wenn ich mit leidenschaftlichem Geschimpfe von einer Probe komme, weil ich mich über mich oder meine Kollegen ärgere, ist er der, der mich immer noch runterbringt und mir eine andere Sichtweise zeigt.“
Und wie haben ihre Schauspielkollegen anfangs auf ihre Liebe reagiert? „Das war ein richtiges Klischee“, antwortet David. Maria war in einer unglücklichen Beziehung und er habe ihr ein offenes Ohr und eine Schulter zum Anlehnen geboten. „Als mit dem anderen Mann dann Schluss war, wurden wir in ,Kabale und Liebe’ von Schiller als Luise und Ferdinand besetzt. Der erste Bühnenkuss war dann doch aufregender und intensiver, als wir es beide erwartet hatten, da hat es dann gefunkt“, berichtet sie. David fährt fort: „Anfangs haben wir unsere Beziehung noch geheim gehalten. Dann gab es aber nach einer Vorstellung ein Nachgespräch mit einer Schulklasse und eine Schülerin fragte: ,Sind Sie eigentlich auch in echt zusammen?’“ Die Antwort darauf sei ein Schweigen gewesen. Alle Kollegen wussten natürlich Bescheid. „Wir sind knallrot angelaufen und die anderen haben sich erst einmal kaputtgelacht“, erinnert sie sich.
Richtig zueinander gefunden haben die beiden 2008. „David wollte zu dem Zeitpunkt schon das Theater in Parchim verlassen und ich dachte, dass das ein gutes Zeichen ist, auch weiterzuziehen“, erzählt sie. David hat dann das Engagement in Zittau bekommen und Maria gefragt, ob sie mitkommen will. Er habe ihr dazu eine Karte geschrieben. „Also bin ich mit nach Zittau gezogen und von dort aus zu anderen Theatern, um dort zu arbeiten. Diese Jahre der Fernbeziehung waren natürlich nicht immer einfach. Wenn man nur die Stimme des anderen am Telefon hat, fehlt einem ja immer etwas. Und als ich dann schwanger wurde, war mir klar, dass ich bei David in Zittau sein möchte“, sagt sie. Eine Fern-Familie konnte sich Maria nicht vorstellen: „Also bin ich endgültig nach Zittau gezogen und habe hier meine Tochter bekommen.“ „Unsere Tochter“, wie David betont. Maria sagt daraufhin: „Sorry, ja, unsere Tochter. Gott, das ist jetzt zwölf Jahre her! Zum Glück hat die damalige Intendantin Verstärkung für das Ensemble gesucht und aus einem Gastengagement wurde ein festes Engagement und – was für ein Glück – wir waren beide am Theater Zittau.“ Laut David ist das für Theaterleute so etwas „wie ein Sechser im Lotto!“ Das seien jetzt natürlich nur die Fakten. Dazwischen habe es, wie wohl bei allen Paaren, Hochs und Tiefs gegeben.
Theaterleben mit Tücken
Als ihr Mann ihr den Heiratsantrag gemacht hat, war Maria im Schlafanzug: „Das war an meinem 33. Geburtstag.“ David hatte damals den ganzen Tag auf einen perfekten Moment gewartet, um sie zu fragen, aber der war einfach nie gegeben. Als Maria dann kurz davor war, ins Bett zu gehen und schon im Schlafanzug im Wohnzimmer stand, hatte er diese Schachtel in der Hand und hat sich hingekniet: „Ich habe erst einmal mit dem Kopf geschüttelt, was natürlich nach einem ‚Nein’ aussah, aber ich war einfach so überrascht.“ Die Hochzeit mit allen Freunden und Verwandten fand dann zwei Jahre später statt. „Es war ein wunderschöner Tag! Fast zu perfekt, um wahr zu sein. Wir hatten alle Leute eingeladen, die uns auf dem Weg durch die Fernbeziehung, Herzschmerz und Kennenlernen, Babyjahr und Arbeitslosigkeit begleitet hatten, und haben einfach einen fantastischen Tag miteinander verbracht“, berichtet sie. Ihre Mutter war mit ihr das Hochzeitskleid einkaufen und habe sich in einen Schnitt verliebt, „in dem ich aussah wie Grace Kelly“, wie sie sagte. Maria wusste aber, „dass es meinem Mann viel besser gefallen würde, wenn er ein paar Kurven an mir sieht…“
Das Leben als Theaterfamilie hat durchaus seine Tücken. Planung sei dabei alles. „Die Kinderbetreuung war zum Beispiel ein riesiges Problem. Wir brauchten natürlich ein Kindermädchen, weil unsere Proben von Montag- bis Freitagabend stattfinden und am Wochenende die Vorstellungen sind. Unsere Tochter hat in den Endprobenphasen mehr Zeit mit dem Kindermädchen als mit uns verbracht. Zum Glück hatten wir unsere tolle und zuverlässige Jenny, die uns über sechs Jahre begleitet hat. Ohne sie hätten wir gar nicht arbeiten können. Während der Proben auf der Waldbühne hätten wir unsere Tochter gar nicht gesehen, wenn uns die Kita nicht unterstützt hätte. Wir konnten Isabella zu der Zeit zum Mittagessen in den Kindergarten bringen. Was für ein Luxus“, sagt David. Maria fügt hinzu: „Außerdem mussten wir lernen, das Theater nicht immer mit an den Frühstückstisch zu bringen. Wenn wir gemeinsam in einer Produktion waren oder einer von uns mit seiner Rolle sehr gekämpft hat, war das natürlich immer sehr präsent. Wir haben dann aber gemerkt, dass wir unser privates und berufliches Leben viel zu sehr mischen und das Theater auch wirklich im Theater zu lassen. Inzwischen reden wir zu Hause selten über die Arbeit.“
Und wie halten die beiden ihre Beziehung im Alltag frisch? Maria sagt dazu: „Wir wollen nach 17 Jahren immer noch zusammen sein. Das liegt vor allem daran, dass wir spontan sind und den Humor des anderen lieben. David bringt mich so oft zum Lachen.“ Aber auch zum Fluchen, wie er betont. Die beiden tanzen in der Küche, machen bei schlechtem Wetter auch mal ein Picknick im Flur und suchen sich ihre Pärchenzeit. Laut David ist Maria auch extrem schreckhaft: „Ich muss nur in der Wohnung um die Ecke kommen und sie schreit: ,Herrgott, was machst du denn?!’Ich wohne hier’ – und dann lachen wir beide.“
Und wie sehen die beiden ihre Zukunft? „Rosig?“, antwortet David fragend. Maria meint: „Wir werden sehen, wo wir landen. Das hat natürlich auch damit etwas zu tun, wie lange wir noch im Ensemble sein dürfen.“ „Oder das Theater noch auskömmlich finanziert wird“, ergänzt David. Das glückliche Theaterpärchen sagt abschließend: „Unsere Tochter ist hier aufgewachsen, wir haben Freunde gefunden und fühlen uns wohl.“