Umfrage zu bewegenden Glücksmomenten in schwierigen Zeiten
Max Hilse genoss hier pures Gipfelglück. Foto: privat
Wir haben den „Spieß“ deshalb einfach mal umgedreht und Menschen in der Region nach ihren Glücksmomenten in der letzten Zeit gefragt.
Für Christine Ball (70 Jahre) aus Hirschfelde ist es das größte Glück, „dass ich gesund bin, eine Familie und Freunde habe und trotz des Rentnerdaseins noch immer gebraucht werde, ich aber auch mein Wissen und meine Erfahrungen weiterreichen kann. Dabei erfahre ich Wertschätzung, egal ob privat, beruflich oder hin und wieder im Ehrenamt.“ Und sie fährt fort: „Ich schreibe zum Beispiel noch immer regelmäßig Bewerbungen um einen Job für Dritte oder gestalte zu privaten Anlässen individuelle Briefe oder Karten. In der Regel erhalte ich darauf ein sehr angenehmes Feedback.“ Die Zeiten haben sich ihrer Meinung nach in hohem Maße verändert: „Das Leben ist schwieriger geworden und keiner weiß, was in der kommenden Zeit noch auf uns zukommen wird. Umso wichtiger ist es für mich, sich die schönen Momente stetig selbst zu organisieren. In erster Linie durch die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte und durch ein friedliches Nebeneinander. Mir helfen aber auch der tägliche Spaziergang, die schöne Natur und der Garten.“ Ihr Credo ist: „Willst du ein glückliches Leben führen, dann verabschiede dich von der Angst, etwas falsch zu machen!“
Bernd Engelmann (73) von der Gemauerten Mühle in Kittlitz freut sich darüber, dass sein Aufruf zur Müllaktion in der Georgewitzer Skala am vergangenen Samstag auf eine große Resonanz gestoßen ist: „Wir haben unter anderem Autoreifen, Glas und Bierbüchsen aus dem Naturschutzgebiet herausgeholt und entsorgt.“ Und er fügt hinzu: „Ansonsten bin ich schon glücklich, wenn die Sonne mal scheint. So oft war das ja in letzter Zeit nicht der Fall. Ich selbst möchte mich in diesen Tagen in einer Gaststätte in der Region mit einem Wildgericht verwöhnen lassen.“
Jana Lambrich (35) aus Löbau freut sich darauf, im August dieses Jahr ihren Spielzeug- und Bastelladen in Löbau zu eröffnen: „Dort geht es Stück für Stück voran. Ich komme meinem Traum jeden Tag etwas näher.“ Glück bedeutet für die künftige Geschäftsfrau, „wenn es meiner Familie und mir gut geht, sowohl gesundheitlich als auch in anderen Bereichen. Ich schöpfe daraus sehr viel Kraft. Ich versuche immer positiv zu denken, auch wenn es nicht immer leichtfällt. Neulich habe ich von der 90/10-Regel gelesen – die besagt, dass wir 10 Prozent von dem, was uns widerfährt, nicht beeinflussen können und wir 90 Prozent unseres Lebens selbst bestimmen. Man kann also viel für die eigenen Glücksmomente tun.“
Jana Lambrich würde es wirklich glücklich machen, „wenn die Welt wieder in Ordnung kommt. Als Kind habe ich immer auf meinen Wunschzettel ,Frieden’ geschrieben oder gemalt. Es ist komisch, wenn man sich das als Erwachsene immer noch wünschen muss…“
Bei Max Hilse (18) aus Beiersdorf haben sich zwei Glücksmomente in der letzten Zeit besonders eingebrannt: „Im Skiurlaub konnte ich zum einen aus 2.000 Metern Höhe vom Gipfel aus die monumentalen Berge im Hintergrund genießen. Ich habe mich soweit oben so klein gefühlt und alle Probleme zurückgelassen. Zum anderen habe ich ein reges und offenes Gespräch mit einer vollkommen neuen Person geführt, die auch ganz andere Meinungen hatte als ich. Wir haben versucht, die Ansichten des jeweils anderen zu verstehen und jeder für sich hat dann auch kleine Einsichten mitgenommen.“
Das Glück aus den kurzen Momenten schenkt Max Hilse Energie für kräftezehrende Phasen des Lebens, „weil man sich immer wieder daran erinnern kann und man weiß irgendwann kommt ganz gewiss wieder ein Glücksmoment.“
Mechthild Roth (57 Jahre) aus Großhennersdorf, Leiterin der Theaterpädagogischen Werkstatt des Begegnungszentrums im Dreieck/Hillersche Villa, empfindet zum Beispiel Glück, „wenn ich mit Schiern durch einen verschneiten Winterwald fahre und es sachte bergab geht. Wenn ich spontan Freunde treffe, sich das Leben vertraut anfühlt und Zeit plötzlich keine Rolle mehr spielt. Wenn ich die Corona-Schutzmaske absetzen kann. Wenn ich mich nach schnell überstandener Infektion wieder fit fürs Leben fühle. Wenn mir bei einer Theaterprobe im richtigen Moment die richtige Idee kommt. Oder wenn es mir gelingt, Impulse zu setzen und diese aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Inspiration macht mich glücklich und das ist ein wechselseitiger Prozess.“
Bis vor kurzem war Mechthild Roth der Meinung, glücklich sein bedeutet das Gefühl, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein. Glücklich sein bedeutet, inspiriert zu sein, nach vorn zu schauen. Heute denke ich Glück ist die Abwesenheit von Unglück. Glück ist in erster Linie friedliches Zusammenleben.“ Und sie fügt hinzu: „Wie kann man glücklich sein, wenn man weiß, dass es anderen schlecht geht? Glück ist für mich keine Privatangelegenheit. Ich lebe weder im luftleeren Raum, noch auf einer Insel. Glück bedeutet für mich, auch Möglichkeiten zu haben, mich gesellschaftlich einzubringen, das Privileg, das eigene Umfeld mitgestalten zu dürfen und vom eigenen Glück etwas abgeben zu können.“