Bundestagswahl passend in der fünften Jahreszeit
Wer sitzt künftig im Deutschen Bundestag auf den Regierungsbänken? Foto: Till Scholtz-Knobloch
Da die Bundestagswahl vorgezogen wurde, werden die Fristen enger. Wie steht es nun um die Vorbereitung der Bundestagswahl im Landkreis Görlitz?
Landkreis Görlitz. Eigentlich könnte eine Wahl eine spannende Weichenstellung für die Zukunft sein, wenn nicht im Kern schon alles klar wäre. Die Algorithmen im Internet lügen bekanntlich nicht und so verrät uns die Plattform „Polymarket“ – ein auf Kryptowährungen basierender Prognosemarkt aus dem Bankenviertel Manhattens, auf dem jeder Anteile für erwartete Koalitionen kaufen kann – dass die CDU/CSU 81-prozentig mit der SPD koalieren wird. Auch deren Spitzenpolitiker lassen uns genau das durch die Blume ja wissen.
Während die Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler damit quasi schon eingetaktet ist, wird im Landkreis Görlitz die sonst eher zweitrangig betrachtete „Erststimme“ interessanter. Verteidigt Tino Chrupalla sein Direktmandat trotz seines Glänzens mit Abwesenheit im Wahlkreis in den letzten Jahren oder holt Florian Oest dies für die Union zurück?
Zur vorgezogenen Bundestagsneuwahl am 23. Februar gibt es angesichts von deren Kurzfristigkeit jedoch manche Widrigkeiten, die nicht allein mit der Karnevalszeit im Rheinland zusammenhängen, die dort die Suche nach Stimmauszählern erschwert. Doch wie steht es regional um die Vorbereitung der Wahl?
Während beim Landkreis Bautzen Sprecherin Mandy Noack sich immerhin die Aussage „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Vorbereitung der Wahl“ entlocken lässt, heißt es aus dem Görlitzer Landratsamt gelassener: „Die Vorbereitungen erfolgen fortlaufend wie bei jeder Wahl. Bis auf die kürzeren Fristen ändert sich am Umfang der Vorbereitungen nichts.“ Dem Kreiswahlausschuss stehen Karl Ilg, der Leiter des Rechts- und Kommunalamtes als Kreiswahlleiter sowie als Stellvertreterin Barbara Liedtke vor. Daneben gehören dem Ausschuss nach Vorschlägen der Parteien berufenen sechs Beisitzer an. Wer dies ist, möchte Pressesprecherin Melanie Rohn jedoch nicht mitteilen: „Da darüber hinaus keine öffentliche Tätigkeit erfolgt, ist eine Bekanntgabe der Personalien außerhalb der Sitzung nicht vorgesehen. Insoweit muss also auf die öffentliche Sitzung am 24. Januar verwiesen werden.“ Dort wird der Stand vom 20. Januar abgesegnet, denn Kreiswahlvorschläge und auch Wahlvorschläge für Landeslisten können bis zum 20. Januar, 18.00 Uhr, beim Kreis- oder bei Landeswahlleiter Martin Richter eingereicht werden.
Die Daten zu Wahlberechtigten werden von den Gemeinden erstmals gemeldet, bis das Wählerverzeichnis aufgestellt ist. Dies muss vor dem 3. Februar erfolgt sein. „Danach kann es aber noch zu Ergänzungen und Korrekturen kommen. Im Hinblick auf die Wahlberechtigten der letzten Landtagswahl (197.429 Wahlberechtigte) ist von einem ähnlichen Wert für die Bundestagswahl auszugehen“, erklärt Melanie Rohn für den Wahlkreis 156, der mit dem Görlitzer Kreisgebiet wieder identisch ist. Abhängig davon, ob es Beschwerden darüber geben wird, ob ein Wahlvorschlag zugelassen worden ist oder eben nicht, könnte die Druckfreigabe für die Stimmzettel möglicherweise erst Ende Januar erfolgen, hatte Mandy Noack vom Landkreis Bautzen zu bedenken gegeben. In jedem Fall ist die Zeit für eine Briefwahl an sich schon sehr knapp bemessen.
Für den Kreis Görlitz heißt es: „Die Wahlbenachrichtigungen werden nach Aufstellung des Wählerverzeichnisses so versandt, dass sie bis spätestens 2. Februar bei den Wahlberechtigten eintreffen, die im Wählerverzeichnis eingetragen sind. Eingetragen werden von Amts wegen alle, die am 12. Januar bei der Meldebehörde gemeldet sind (Einzelheiten bei § 16 Abs. 1 Bundeswahlordnung). In anderen Fällen, insbesondere bei Obdachlosen, erfolgt eine Eintragung nur auf Antrag, der bis spätestens 2. Februar schriftlich bei der Gemeinde zu stellen ist. Bis spätestens 30. Januar machen die Gemeinden über das Recht auf Einsicht in das Wählerverzeichnis bekannt. Belehrt wird dabei auch über die Möglichkeit zur Einlegung eines Einspruchs gegen das Wählerverzeichnis bis spätestens 7. Februar.“ Auslandsdeutsche oder deutsche Staatsbürger, die sich zur Wahl im Ausland aufhalten, müssen in jedem Fall richtig Gas geben, denn Postlaufzeiten haben schon manche Briefwahlstimme zu spät eintrudeln lassen.
Wähler, die am Wahltag nicht im Wahllokal wählen können oder wollen, können nach Erhalt der Wahlbenachrichtigung die Briefwahl beantragen und ihre Stimme auch vorab im Amt abgeben. Bei der letzten Wahl hatten circa 28 Prozent der Wähler per Briefwahl abgestimmt. Mit einer ähnlichen Quote rechnet das Landratsamt in Görlitz auch für diese Bundestagswahl.
Die Stadt Dresden hatte hingegen Wähler gebeten, auf eine Briefwahl zu verzichten. Begründet wurde dies mit den engen Fristen und eines gestiegenen Aufwands aufgrund vermehrter Nachfrage der Stimmabgabe per Briefwahl. Ohnehin unterliegt eine Briefwahl weniger Manipulationsmöglicheiten, wenden Kritiker ein.
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 kommt übrigens erstmals das neue Wahlrecht zum Einsatz. Überhangmandate werden nun wegen der erforderlichen „Zweitstimmendeckung“ nicht mehr möglich sein. Erringt also eine Partei mehr Direktmandate über die Erststimme als ihr nach prozentualer Verteilung in ihrem Bundesland aufgrund der Zweitstimmen zustehen, so können nicht alle Vertreter dieser Partei in den Bundestag einziehen. Dies ist für die CSU erheblich, da diese in Bayern oft flächendeckend Wahlkreise holt, es könnte im Osten aber auch die AfD belasten.
Auf eine diesbezügliche Frage der Redaktion an das Landratsamt teilt dieses der Logik folgend so auch mit: „Es ist damit zu rechnen, dass die Stimmenanteile im Wahlkreis bis Mitternacht am Wahltag ausgezählt sein werden. Ob der Wahlkreisbewerber mit der Stimmenmehrheit in den Bundestag einzieht, wird aber erst feststehen, wenn die Ergebnisse im Bundesgebiet vorliegen“ – der parallele Blick auf die übrigen 298 Wahlkreise könnte also die Wahlnacht durchaus bestimmen. Am Ende stellt der Bundeswahlleiter das vorläufige amtliche Endergebnis fest. Und das Beispiel Rumänien zeigt, dass damit auch noch nicht das Ende erreicht sein muss. Nach der dortigen Präsidentschaftswahl vom 24. November 2024 war der Wahlsieg von Cãlin Georgescu aufgrund einer angeblichen ausländischen Einflussnahme durch Russland über den Internetdienst Tiktok annulliert worden. Der „Digital Services Act“, auf dessen Grundlage dies geschah, gilt natürlich in der gesamten EU.