Bus-Neustart im Norden des Kreises Görlitz
Knut Gräbedünkel, Geschäftsführender Gesellschafter der moVeas GmbH, will mit der „Tochter“ OVO von Niesky aus neuen Elan in den Busverkehr der Region bringen. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Zum 1. Januar 2023 übernimmt der Omnibusverkehr Oberlausitz (OVO) die Busverbindungen im Norden des Landkreises Görlitz. Das bringt unter anderem Investitionen in den Fuhrpark, neue Umstiegoptionen oder Takte, löst aber scheinbar das Dilemma im Schülerverkehr noch immer nicht wirklich.
Region. Das Image des Überlandbusverkehrs könnte kaum schlechter sein als derzeit. Erst kürzlich berichtete der Niederschlesische Kurier über den teilweisen Ausfall von Überlandbussen aufgrund hoher Krankenstände unter dem Fahrpersonal. Seither gehen täglich Meldungen ein, die belegen, dass einzelne Ortschaften kaum mehr als „angeschlossen“ gelten können. Der Landkreis kommuniziert: „Es wird dringend empfohlen vor der Abfahrt auf der Internetseite des ZVON unter https://www. zvon.de/de/abfahrtsmonitor/ bzw. https://www.vvo-online. de/de/fahrplan/fahrplanauskunft/index.cshtml die Verfügbarkeit zu prüfen.“ Insbesondere zum „freigestellten Schülerverkehr“ wabert zudem die Debatte, was für Schüler und Eltern hinnehmbar ist, seit über einem Jahr um die stets gleichen bekannten Probleme. Während das südliche Kreisgebiet seinen Reset schon hinter sich hat, steht der Neustart in der Niederschlesischen Oberlausitz von Görlitz bis Weißwasser nun zum 1. Januar 2023 an. Das wird zwar nicht die geschwächtem Immunsysteme aufpäppeln und von heute auf morgen Busfahrer genesen lassen, doch beim Pressetermin am 16. Dezember im Bahnhof von Niesky zeigten alle Beteiligten großen Tatendrang im Hinblick auf den 1. Januar, wenn der Omnibusverkehr Oberlausitz (OVO) – eine Marke des Nahverkehrsunternehmens moVeas GmbH – die Dienstleistungen für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als neuer Konzessionär für 10 Jahre übernimmt. Als Partnerunternehmen fungieren hierbei der Busbetrieb Kolchmeier GmbH, Teich-Trans & Teich-Touristik GmbH sowie Taxi-Bus Galow GbR, die gemeinsam jährlich 3,45 Millionen Fahrplankilometer im nördlichen Kreisgebiet wuppen wollen. Der Fahrplan sieht hier zwei sogenannte Takt-Bus- und eine Plus-Bus-Linie vor. Der TaktBus verkehrt werktags im Zweistunden-Takt, der Plus-Bus im Stundentakt.
Hinzu kommen weitere Schulbus- und Regionalbuslinien. Im Görlitzer Umland werden die OVO und ihre Partner mit drei Takt-Bus- und einer Plus-Bus-Linie zwischen Görlitz, Löbau, Weißenberg, Reichenbach, Zodel, Rothenburg, Niesky und Horka verkehren. Zwei Plus-Bus-, fünf Takt-Buslinien und 16 weitere Regionalbuslinien sind nun vor allem darauf ausgerichtet, dass Umstiegoptionen an den Bahnhöfen und Bahnhaltepunkten sowie leicht merkbare Takte mehr Menschen zum Umstieg auf Öffis anregen.
„Insbesondere die Abstimmungsprozesse des Fahrplans waren sehr zeitintensiv. Damit haben wir eine gute Grundlage geschaffen und werden den Prozess genau beobachten, um gegebenenfalls weitere Optimierungen vorzunehmen“, merkt Thomas Rublack, Leiterdes Dezernats III im Landratsamt, an. Denn aus dem Kreis vieler vieler Eltern ist der Druck enorm. Sie fühlen sich häufig als Verlierer in einem eigentlich gut gedachten Ansatz. Gewaltig knirscht es weiterhin entlang der Neiße. Schüler auf dem Weg zwischen Rothenburg und Görlitz sollen weiterhin in Zodel umsteigen, wobei eine hier notwendige Wendeschleife größte Sorgen bereitet. Der Katalog an Problemen liest sich im Grunde als Déjà-vu der Titelgeschichte „Schüler fahren ’gut vernetzt’ mit dem Bus durch Absurdistan“ im Niederschlesichen Kurier vom Oktober 2021.
Für die ’Elterninitiative Schulbus in Takt Landkreis Görlitz Nord’ teilte Ronald Schmidt der Redaktion kurz vor dem Pressetermin in Niesky mit, dass er dem anberaumten Gespräch beim Landrat aus Protest ferngeblieben sei. Zuvor beklagte er Überheblichkeit beim Kreis gegenüber den Schulen und Eltern. „Die Schüler müssen den Fahrplan genau so akzeptieren, wie er beim LaSuV (Landesamt für Straßenbau und Verkehr) eingereicht“ gewesen sei. Doch erst mit der Genehmigung besteht nun auch formal die Grundlage für betroffene Eltern Widersprüche einzulegen. Ronald Schmidt betont wie 2021: „Im konkreten Fall beginnt meine Arbeit 6.00 Uhr, Arbeitsbeginn meiner Frau 7.30 Uhr – beide tätig im sozialen Beruf. Arbeitszeit nicht anpassbar, nicht verschiebbar! Unser kleiner Sohn an der Grundschule Zodel kann dann 7.00 Uhr ab Deschka nicht mehr mit dem Bus fahren! Die Hauptlinie entfällt. (...) Unser Kind müsste bereits 6.24 Uhr mit dem Taktbus nach Zodel fahren, Ankunft Schule 6.29 Uhr. Bis zum Schulbeginn wären das 61 Minuten Wartezeit!“ Ein Mitarbeiter des Landratsamtes habe ihm gesagt; „Ja, da haben Sie tatsächlich die A-Karte, da können Sie halt nicht mehr Bus fahren – Sie haben doch ein Auto…“. Bei seinem Sohn, der die 8. Klasse in Görlitz besucht, bestünde ein weiteres Verbindungsproblem, das er und seine Frau beruflich ebenso nicht abfedern könnten. Thomas Rublack, den Ronald Schmidt zumindest atmosphärisch aus seiner Kritik ausnahm, bekundete im Gespräch mit dem Niederschlesischen Kurier, dass mit Beginn des Fahrplans nun die Analyse einsetze – weiterhin sei man bemüht Lösungen für jeden einzelnen Fall zu suchen.
Der Schülerverkehr sollte den Blick jedoch nicht dafür verstellen, dass die Investition in den Fuhrpark erheblich sind. In 35 neuen Bussen gibt es nun zum Beispiel WLAN und USB-Anschlüsse. 10 Millionen Euro wurden laut OVO-Chef Knut Gräbedünkel in den Fuhrpark investiert. Gräbedünkel bringt dabei Herzblut vom flachen Land mit. Er berichtet dem Niederschlesische Kurier, dass er im elterlichen Busbetrieb in Arnstadt in Thüringen am Steuer gesessen hat, ehe er Wirtschaftsingenieur für Verkehr und Transport studiert habe. „Ich kenne damit auch die besonderen Erfordernisse des ländlichen Raumes“, betont er. Den Menschenschlag in der Region habe er als sehr angenehm wahrgenommen und auch darüber Vorfreude entwickelt.
Kommentare zum Artikel "Bus-Neustart im Norden des Kreises Görlitz"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Wie komme ich wochentags mit dem Bus von Horscha nach Niesky und zurück?
Der bisherige Fahrplan scheint ja nicht mehr zu gelten. Habe in dieser Woche umsonst in Horscha gewartet. Auch als Rentner ist man auf den Bus angewiesen.
Der Fahrplan an der Haltestelle ist jedenfalls nicht mmehr aktuell.
Mit "freundlichen" Grüßen,
Irmgard Rössel
Toll das die Kinder nach der Schule nun immer eine Stunde auf den Bus warten müssen. Wieder echt gut mitgedacht und es trifft leider wieder die kleinsten.