CDU-Mann drängt auf Investition in Bautzen
Der Bautzener CDU-Landespolitiker Marko Schiemann am Alstom-Werksgelände: Dort könnte einmal für den Schienenfahrzeughersteller eine neue Gleisanbindung errichtet werden.
Die im Alstom-Werk gefertigten Schienenfahrzeuge werden momentan noch über die Fabrikstraße ins Schienennetz der Deutschen Bahn eingebunden. Dafür muss, wie hier im Bild, hin und wieder auch die Neusalzaer Straße kurzzeitig gesperrt werden. Mit einer neuen Gleisführung bestünde dieses Problem nicht mehr. Sie würde auf eine Bestandsbrücke zurückgreifen, die wenige hundert Meter weiter über die Bundesstraße führt. Fotos: RK
Trotz Corona-Pandemie und Kohleausstieg steht der Stadt Bautzen eine gute Zukunft bevor. So sieht es zumindest der Landtagsabgeordnete Marko Schiemann. Allerdings müssten dafür jetzt die Grundlagen geschaffen werden. Ein Vorhaben in seiner Heimatstadt liegt ihm dabei besonders am Herzen.
Bautzen. Bis zu 300 gut bezahlte Arbeitsplätze vor der Haustür hält er für realistisch, sobald die Pläne für ein modernes Eisenbahn-Logistikzentrum in der Spreestadt verwirklicht werden. Aufgrund wenigerer Pendler betrachtet er das Ganze zudem als ein „Handeln für aktiven Umweltschutz“. Doch nicht nur deshalb drückt Marko Schiemann, der bei der letzten Landtagswahl vor zwei Jahren als CDU-Mann sein Direktmandat verteidigen konnte, aufs Gaspedal. Denn das Aus für die Braunkohleverstromung in der Lausitz rückt unaufhaltsam näher.
Nach der jüngsten Entscheidung des Bundes, die Klimavorgaben zu verschärfen und den Kohlendioxidausstoß weiter zu begrenzen, droht sogar eine Verkürzung der vereinbarten Fristen für den Kohleausstieg. Bis zu 10.000 Jobs stehen zur Disposition. Das wird sich auch auf den Landkreis und die Stadt Bautzen auswirken, meint der Landespolitiker. Denn selbst Menschen, die dort leben, und hier ansässige Unternehmen würden mit dem Energiesektor eng in Verbindung stehen. Er stellt deshalb die Frage in den Raum, wie diese Arbeitsplätze in der Kohleverstromung und bei den Zulieferern kompensiert werden sollen. „Wir brauchen eine Antwort, wo die heute noch in der Kohle und Energiewirtschaft beschäftigten Arbeiter, Techniker und Ingenieure später gut bezahlte Arbeitsplätze in der Lausitz finden.“ Daher habe er den „Wirtschaftsmotor“ Bautzen ins Gespräch gebracht. Dieser verfüge schon jetzt über die Potenziale, die es für eine Investition wie die des angedachten Logistikzentrums braucht. „Uns bietet sich in der Spreestadt die Chance zur besseren Nutzung der Schiene für den Warenverkehr“, betont Marko Schiemann in dem Zusammenhang. „Das wird auch bestehende Firmenstandorte stärken.“ Entscheidend hierfür sei, die Kombination von Straße und Schiene zu nutzen. Den Güterbahnhof in seiner jetzigen Form weiterzubetreiben, empfindet der Christdemokrat als „mühselig“.
Landtagsabgeordneter will Fakten sehen
Dort seien längst nicht mehr so viele Güter umzuschlagen wie es früher einmal der Fall war. „Wir brauchen an einem anderen Punkt in der Südstadt eine Neuansiedlung mit den entsprechenden Rahmenbedingungen.“ Damit spielt Marko Schiemann unter anderem auf eine Anbindung ans Schienennetz der Deutschen Bahn an. Profitieren davon würde der Schienenfahrzeughersteller Alstom. Er erhielte in dem Kontext nicht nur einen neuen Gleisanschluss, der sich unter Strom setzen lasse. Das Logistikzentrum biete zudem flexiblere Möglichkeiten für die Anlieferung von Teilen und die Auslieferung fertiger Schienenfahrzeuge. Gleichzeitig könnte sich das Unternehmen in der Perspektive von der Trasse in der Fabrikstraße verabschieden, die dort aufgrund einer Steigung und der angrenzenden Wohnbebauung seit Langem in der Diskussion steht. „Bis dass sich die neue Schienenanbindung realisieren lässt, sind allerdings noch Eigentümerfragen an der Edisonstraße zu klären“, sagt der CDU-Mann. „Und auch die Stadt Bautzen hat in puncto Förderung Hausaufgaben zu machen.“ Ende des Monats soll es eine weitere Gesprächsrunde dazu in Dresden geben und dann will Marko Schiemann endlich Fakten auf dem Tisch präsentiert bekommen. Er gibt zu, dass er angesichts der Notwendigkeit des Projekts ungeduldig sei.
Leipzig, damit führte der Landespolitiker ein bemerkenswertes Beispiel im Freistaat Sachsen an, habe bereits in den 90er Jahren unter Beweis gestellt, wie sich solch ein ehrgeiziges Unterfangen stemmen lässt. Noch immer werde ein von der Kommune mitfinanziertes Stammgleis, von dem unter anderem ein Nebenstrang zum BMW-Werk abzweigt, durch sie unterhalten. Das habe er kürzlich während eines Gespräches mit der Deutschen Bahn in Erfahrung bringen können. Geld für derartige Vorhaben gäbe es selbst heute noch. Es müsse nur entsprechend verteilt werden. Auf diese Weise ließe sich das Ganze noch in diesem Jahr in Gang bringen, zeigt sich der Bautzener überzeugt.
Wie sich die Sachlage aus Sicht der Rathausmannschaft, der die Planungshoheit obliegt, darstellt, ließ ein Stadtsprecher auf Anfrage wissen: „Aufgrund des derzeit laufenden Projektes Logistikzentrum und der stattfindenden Gespräche und Untersuchungen können wir momentan keinen neuen Stand veröffentlichen.“ Verwiesen wurde vielmehr auf Aussagen, die die Kommune bereits im Februar zum Logistikzentrum machte. Diese seien nach wie vor aktuell.
Freistaat begrüßt Ansiedlung von Logistikzentrum
Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) weiß um die Anstrengungen in Bautzen. Über einen Sprecher teilte die Behörde mit: „Grundsätzlich stehen für die Projektbestandteile Logistikzentrum/KV-Umschlaganlage und neuer Gleisanschluss Förderinstrumente des Bundes, also eine Förderung von Umschlaganlagen für den Kombinierten Verkehr und die Gleisanschlussförderung, zur Verfügung.“ Und weiter: „Das SMWA begrüßt grundsätzlich alle Vorhaben, die der Verlagerung von Güterverkehr auf die Schienen dienen. Wenn das Gelände des Güterbahnhofs anderweitig genutzt werden soll, muss es Ersatzflächen für den Güterumschlag geben. In Bautzen ist jedem bekannt, dass der vorhandene Gleisanschluss für den Schienenfahrzeughersteller sehr ungünstig ist. Bei jedem Transport von und zum Werksgelände müssen Straßen gesperrt werden. Der Gleisanschluss ist zudem nicht elektrifiziert, so dass bei einer Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Bautzen-Görlitz auch das Werksgelände elektrisch erreichbar sein sollte.“
Eine beratende Funktion in dem Prozess könnte die LISt Gesellschaft für Verkehrswesen und ingenieurtechnische Dienstleistungen mbH ausüben. Noch im März teilte das SMWA mit, dass dafür ein Finanzierungsantrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im Rahmen des Förderprogramms „Stärkung der Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an den Kohlekraftwerkstandorten – STARK“ gestellt werden sollte.
„Bauvorhaben müssen beschleunigt werden“
Die Modernisierung des Schienennetzes in der Region ist ein weiterer wichtiger Punkt, bei dem Marko Schiemann besser jetzt als später gern greifbare Fortschritte sehen möchte. Er verknüpft damit auch zusätzliche Firmenansiedlungen hierzulande. Dass Deutschland möglicherweise früher als geplant aus der Kohleverstromung aussteigt, bedeutet für den Christdemokraten, dass mehr Strukturmittel und bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Viele Infrastrukturprojekte wie Eisenbahnanbindung und Autobahnausbau müssten nunmehr beschleunigt werden. Diese Maßnahmen seien Grundvoraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Lausitzer Unternehmen und damit Grundlage für bestehende und zu schaffende Arbeitsplätze. Marko Schiemann schlug vor, die entsprechenden Planungsverfahren zu beschleunigen – ähnlich wie es bei Projekten zur Deutschen Einheit erfolgreich war. Für den Spreestädter steht fest: „Der Kohleausstieg in der Lausitz und die Erfüllung der Klimaziele sind grundsätzlich richtig. Diese Entscheidung der Bundesregierung darf aber nicht auf Kosten der Menschen in der Lausitz gehen.“