Corona-Notstadtrat eine Option für Bautzen?
Soll Ende April die Stadtratssitzung wie gewohnt im Stadtratssaal über die Bühne gehen oder bedingt durch die Virus-Krise in anderen Räumlichkeiten stattfinden? Diese Frage beschäftigt derzeit die Verwaltung und die Bürgervertreter. Foto: Stadt Bautzen
Bautzen. Während die Corona-Krise bundesweit mutmaßlich ihren Scheitelpunkt erreicht hat, drängt sich den Stadträten in Bautzen eine aus deren Sicht wichtige Frage auf. In welchem Rahmen wird am 29. April ihre nächste Zusammenkunft stattfinden? Nach einem Schreiben von Oberbürgermeister (OB) Alexander Ahrens an die Bürgervertreter ist jetzt eine rege Diskussion darüber entbrannt, ob für die vorgesehenen Tagesordnungspunkte ein aus Sicherheitsgründen abgespecktes Stadtparlament ausreichend erscheint oder nicht.
Das Stadtoberhaupt hatte sich an die jeweiligen Fraktionen mit der Bitte gewandt, sie sollen sich „einvernehmlich darauf verständigen, nur mit etwa der Hälfte ihrer Mitglieder an der Stadtratssitzung im April teilzunehmen“. Zudem werde eine Protokollierung der Zusammenkunft als Ergebnisprotokoll angestrebt. Eine ähnliche Vorgehensweise sei bereits in der Landeshauptstadt Dresden praktiziert worden. In Bautzen regt sich dagegen jedoch Widerstand – vor allem im Lager der bürgerlichen Parteien.
Bürgervertreter plädieren für anderen Sitzungsort
„Der CDU-Fraktion erscheint es erforderlich, die Stadtratssitzung in kompletter Besetzung durchzuführen“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende, Matthias Knaak. „Sicher ist die vom Oberbürgermeister vorgeschlagene Option der Einrichtung eines ‚Notstadtrates’ in Zeiten der Corona-Pandemie eine Möglichkeit. Aufgrund der jedoch bereits im März ausgefallenen Stadtratssitzung sowie der ebenso erfolgten Absage mehrerer Ausschusssitzungen im April ist einer komprimierten Beratung des kompletten Stadtrates aus unserer Sicht der Vorzug zu geben.“ Er hält in dem Zusammenhang das Tragen eines Mundschutzes für angebracht und angemessen. „Das würde sicher auf Akzeptanz stoßen.“ Den Vorschlag der FDP, die Zusammenkunft in den Krone-Saal zu verlegen, bezeichnete der Christdemokrat als „denkbare und zu prüfende Option“. Matthias Knaak fügte hinzu: „Aber auch die Nutzung des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters erscheint einer Prüfung als Treffpunkt wert, zumal dort bereits am 27. April eine außerordentliche Sitzung des Kreistages stattfinden soll.“
Die AfD kann sich ebenfalls mit einer reduzierten Mannschaft nicht anfreunden. „Eine Stadtratssitzung mit halbierter Anzahl der Stadträte entspricht nicht unseren Vorstellungen“, betonte deren Fraktionschef Sieghard Albert. „Wenn die Stadtverwaltung den politischen Vorgaben betreffs ‚Corona-Virus’ folgt, sollte eine Verlegung in den Krone-Saal geprüft werden, falls dies technisch und organisatorisch möglich ist.“
Christian Haase, Sprecher vom Bürgerbündnis Bautzen (BBBz), meinte: „Aus unserer Sicht widerspricht die Entmündigung des halben Stadtrates nicht unserem Demokratie-Verständnis. Um die derzeit notwendigen Abstandsregelungen einhalten zu können, befürworten wir die Wahl eines alternativen Tagungsortes. Die Krone bietet sich hier aufgrund ihrer Größe und der vorhandenen Bestuhlung an.“
Linke plädieren für alternative Verfahrensweise
In den Reihen der Linkspartei werden hingegen vorsichtigere Töne angeschlagen. „Persönlich würde ich aus aktuellen Gründen auf Sitzungen jedweder Art verzichten und stattdessen bei dringlichen Entscheidungen auf Umlaufbeschlüsse setzen wollen“, erläuterte der Fraktionsvorsitzende der Partei, Steffen Grundmann. „Solange es keine flächendeckenden und für alle verfügbaren Tests gibt, ist das Risiko, sich weiterhin unbemerkt anstecken zu können, zu groß und unnötig.“
Ein solches Vorgehen hatte OB Ahrens allerdings von vornherein ausgeschlossen. „Ein Umlaufverfahren oder eine Videokonferenz sind technisch nicht gut umsetzbar und wären in Hinblick auf die zu verhandelnden Punkte nicht rechtmäßig“, teilte er in einem an die Stadtratsfraktionen gerichteten Schreiben mit.
In dem Papier listete die Verwaltung fünf Punkte auf, die sie für so wichtig erachtete, dass diese nunmehr im Stadtrat behandelt werden sollen. So drängt das Rathaus beispielsweise auf eine Änderung der Satzung über die Betreuung von Kindern in kommunalen Kindertageseinrichtungen. Ein Grund dafür sei die zu Monatsbeginn in Kraft getretene Masern-Impfpflicht. Des Weiteren will sich die Stadtspitze mit den Bürgervertretern grundsätzlich zum Umgang mit dem coronabedingten Einnahmenrückgang in Bezug auf den diesjährigen Stadtetat verständigen.
Sorgen um Haushaltslage eint alle Fraktionen
„Für den Haushalt wird die Corona-Krise eine spürbare Belastung sein“, befürchtet nicht nur Steffen Grundmann. „Über die konkreten Auswirkungen und notwendigen Maßnahmen sollte aber erst diskutiert werden, wenn die Krise weitestgehend überstanden ist. Dafür ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch viel zu früh.“ Das sehen die sechs BBBz-Bürgervertreter ähnlich. „Über notwendige Maßnahmen und Einschränkungen kann man erst entscheiden, wenn die finanziellen Einschnitte abzuschätzen sind“, bekräftigte Vereinssprecher Christian Haase. „Wir werden uns aber dafür starkmachen, dass die Auswirkungen für die Bürgerschaft so gering wie möglich sein werden.“ „Ein Einnahmerückgang im städtischen Haushalt ist leider die logische Folge der erlassenen politischen Maßnahmen“, zog AfD-Mann Sieghard Albert seine Schlüsse. „Die Entwicklung muss ständig beobachtet und entsprechende Maßnahmen zeitnah eingeleitet werden.“ Er plädierte dafür, eine Prioritätenliste zu erstellen, in der sämtliche freiwillige Leistungen zu finden sind. Die müssten vorerst gestrichen werden. „Dies sollte im Finanzausschuss beraten und im Stadtrat beschlossen werden“, fügte Sieghard Albert hinzu.
Vonseiten der Stadt hieß es dazu auf Anfrage, dass der Haushalt am 17. April Rechtskraft erlangt. Dann ende auch die Frist für die öffentliche Einsichtnahme. „Wie sich die Einnahmen und Ausgaben entwickeln, ist derzeit noch nicht vorhersehbar. Es muss jedoch mit erheblichen Mindereinnahmen im Bereich der Steuern und Gebühren gerechnet werden“, sagte Rathaussprecherin Laura Ziegler. „Daneben stehen zusätzliche Ausgaben zur Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Krise an. Es ist davon auszugehen, dass die Umsetzung eines großen Teils der Freiwilligkeitsleistungen abgewogen werden muss, ohne dabei bestehende Strukturen zu zerstören. Über Einzelmaßnahmen werden sich die Bürgermeister in den nächsten Tagen verständigen.“
Das Bautzener Landratsamt stellte indes klar, dass es in diesen ungewöhnlichen Zeiten durchaus Erleichterungen im Umgang mit kommunalen Etats gibt. „Beispielsweise gilt laut dem Erlass des Sächsischen Innenministeriums vom 20. März 2020 die für eine Überschreitung des Höchstbetrages der Kassenkredite erforderliche Genehmigung für alle notwendigen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie als erteilt“, erläuterte eine Sprecherin der Kreisverwaltung. „Für Stadt- und Gemeinderatssitzungen beziehungsweise die Beschlussfassung wurden Erleichterungen geregelt.“ Allerdings müssten im Fall von Nachtragshaushalten diese weiterhin öffentlich aus- und der Rechtsaufsichtsbehörde zur Überprüfung vorgelegt werden.
Am morgigen Donnerstag berät der Ältestenrat darüber, wie im Fall der kommenden Stadtratssitzung verfahren wird. Erst dann steht fest, ob und wenn ja wie diese vonstatten geht. Laura Ziegler: „Sollten sich die Fraktionsvorsitzenden gegen den Vorschlag des Oberbürgermeisters aussprechen, findet die Sitzung des Stadtrates im gewohnten personellen Rahmen statt.“ Zumindest Steffen Grundmann würde vorerst liebend gern auch auf die Zusammenkunft des Ältestenrates verzichten wollen. „Jetzt hat der Schutz der Bevölkerung oberste Priorität, wofür wir alle unseren Teil tun können und müssen.“
Kommentare zum Artikel "Corona-Notstadtrat eine Option für Bautzen?"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Wir haben die ungenutzte Krone. Dort sitzt man weit auseinander. Sogar Gäste hätten Platz. Aber sicher geht man dort schon aus Prinzip nicht hin - sonst wäre ja der Nutzen der Krone nachgewiesen.