Das ist der neue Chef bei Trumpf in Neukirch/Lausitz
Die Fertigung von Blechteilen, wie hier vom neuen Geschäftsführer Sven Künkels präsentiert, bildet eine Kernkompetenz von Trumpf.
Sven Künkels hat im Neukircher Werk die Nachfolge von Arnim Brüchle als Geschäftsführer angetreten. Wo er herkommt, und wo er hin will.
Neukirch/Lausitz. Grell lodert der Lichtstrahl über den Bildschirm. Es handelt sich um einen Hochleistungslaser, der in der Lage ist, dicke Bretter, pardon: dicke Bleche zu bohren. Wobei der Schneidkopf natürlich nicht nur profane Löcher hinterlässt, sondern komplexe Muster. Die moderne Maschine steht im schwäbischen Ulm, der Monitor in Neukirch. Doch was bringt es, einem Laserschneidkopf aus etwa 700 Kilometern Entfernung bei der Arbeit zuzusehen? „Wir sehen nicht nur zu, sondern sind auch in der Lage, das Gerät zu steuern“, sagt Sven Künkels. Wie bitte? Von Neukirch aus einen Laser in Ulm steuern? „In Ulm, oder auch in den USA oder irgendwo sonst auf der Welt“, beantwortet der neue Geschäftsführer des Neukircher Trumpf-Werkes die erstaunte Frage.
„Remote Control“, so heißt das Zauberwort, oder besser die Technologie, die dies möglich macht. „Der Laservollautomat ist mit Kameras und Sensoren ausgestattet und über Remotetechnologien mit Trumpf vernetzt“, erläutert Sven Künkels. Zu erklären, wie das genau funktioniert, würde an dieser Stelle zu weit führen. Festzuhalten bleibt: Trumpf bietet hier von Neukirch aus seinen Kunden in aller Welt einen Service, den es so bislang noch nicht gegeben hat und der für diese mit einem echten Mehrwert verbunden ist. Auf diese Weise ist es nämlich möglich, vom Remote Control Center in Neukirch aus den Laservollautomaten zu bedienen, ohne dass der Kunde ständig anwesend sein muss. Und noch mehr: „Wir können auch in Echtzeit auf Störungen reagieren und diese von hier aus beheben“, wie Produktionsleiter Sven Heber ergänzt. Freilich hat dieser Support auch Grenzen: „Wenn ein Teil quer liegt und die Anlage blockiert, können wir das von hier aus natürlich nicht ändern.“
Und doch hat Trumpf hier – inmitten des Oberlausitzer Berglands und fernab von allen Ballungszentren – etwas geschaffen, das man mit Fug und Recht als Hochtechnologie bezeichnen kann.
Und das hier nicht von außen „implementiert“ wurde, sondern in eigener Entwicklung entstand. „Wir beschäftigen hier in Neukirch 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Entwicklungsabteilung“, erklärt Sven Künkels. Das entspricht etwa einem Sechstel der Gesamt-Mitarbeiterzahl und stellt für einen ostdeutschen Standort eines in den „alten“ Bundesländern beheimateten Unternehmens – die Trumpf-Gruppe hat ihren Hauptsitz im schwäbischen Ditzingen – einen exorbitant hohen Anteil dar. „Die Entwicklung nimmt gerade hier in Neukirch einen hohen Stellenwert ein“, betont der seit Jahresbeginn amtierende Geschäftsführer.
So ist Neukirch innerhalb der Trumpf-Gruppe das Leitwerk für alles, was mit dem Megatrend „Automatisierung“ zusammenhängt: „Was wir hier entwickeln und erproben, kommt auch in anderen Trumpf-Werken zum Einsatz.“ Von einer „verlängerten Werkbank“, wie mit Blick auf ostdeutsche Fertigungsstandorte großer Konzerne oftmals gemunkelt, kann hier also absolut keine Rede sein.
Doch wer ist er nun, der neue Geschäftsführer, und was hat ihn zu Trumpf geführt? „Ich bin Maschinenbauingenieur, 57 Jahre alt, verheiratet und habe einen Sohn“, nennt Sven Künkels seine persönlichen Eckdaten. Er ist gebürtiger Schleswig-Holsteiner, wohnt im thüringischen Arnstadt und arbeitete zuvor bei einem Wettbewerber von Trumpf. Seit Juni 2022 fungiert er als Werksleiter in Neukirch, seit dem 1. Januar 2023 ist er Geschäftsführer. „Ich bin sehr glücklich hier“, versichert der begeisterte Motorradfahrer und Läufer, der „jeden Morgen eine Runde von sechs bis acht Kilometern“ durch die Wälder um Neukirch dreht. „Die Landschaft hier ist vergleichbar mit dem Thüringer Wald, ich fühle mich sehr wohl und möchte nicht in einer Großstadt leben“, fügt Sven Künkels, der auch gern im Garten arbeitet, noch hinzu.
Doch freilich ist er nicht der schönen Natur wegen nach Neukirch gekommen: „Bei Trumpf handelt es sich um ein Familienunternehmen. Das zeigt sich in einem sehr respektvollen Umgang miteinander. Und darin, dass einmal gemachte Zusagen auch eingehalten werden.“ In einem börsennotierten Konzern sei das manchmal anders. Sven Künkels übernahm das Ruder bei Trumpf Neukirch in einer Wachstumsphase (2021 lag die Mitarbeiterzahl noch bei 450) und hat eine Vision für die weitere Entwicklung, in der auch das gegenüberliegende Areal der Alten Weberei, die gerade abgebrochen wird, eine Rolle spielt. Doch besonders freut er sich darauf und darüber, spannenden Technologien, die hier von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt und zur Produktionsreife geführt werden, zum Durchbruch zu verhelfen. Neben dem eingangs erwähnten Remote Control Service gehört dazu auch die gemeinsam mit Siemens entwickelte Laserschneidanlage, die ihr Material von der „Coil“, also von der Blechrolle, entnimmt. Auch ihr Laserstrahl lodert grell ...