Das neue Oberammergau spielt jetzt in Crostwitz
Rund 130 Laiendarsteller haben lange geprobt, um das Leben im 15. Jahrhundert in unsere Tage zu bringen. Foto: Georg Spittank
Crostwitz. Alle zehn Jahre ziehen die Oberammergauer Passionsspiele in Bayern Zehntausende Besucher an. Historisch begründet sind die Spiele mit einem Gelübde der Oberammergauer im Jahre 1633, in dem die Bewohner des Dorfes versprachen, alle zehn Jahre das Leiden und den Tod des Herrn Jesus Christus theatralisch darzustellen, um ihm so für die Errettung vor der Pest zu danken.
Auch in der Lausitz grassierte die Pest im 15. Jahrhundert. Um den fatalen Folgen der Seuche Abhilfe zu schaffen, wurde in Crostwitz im Jahre 1420 die Sebastiansbruderschaft ins Leben gerufen. Deren Ziel war es, den Betroffenen mit Gebet und sozialer Hilfe beizustehen. Die erste Statue des heiligen Sebastian in der Pfarrei Crostwitz wurde 1635 in Schweinerden aufgestellt. In den Jahren 1681 und 2000 kam es zu einer Erneuerung der Bruderschaft, die nach dem Domkapitel und dem Kloster St. Marienstern die drittälteste christliche Institution der Region ist.
Doch warum „Sebastian“? Der Märtyrer Sebastian ist ein christlicher Märtyrer aus dem 3. Jahrhundert. Er war ein Hauptmann der Prätorianergarde am kaiserlichen Hof und wurde von Kaiser Diokletian dazu verurteilt, durch Bogenschützen zu sterben. Bis heute wird er von Pfeilen durchbohrt dargestellt. Bereits im frühen Mittelalter verband man das Bild der Pfeile mit der Pest, die ebenfalls wie ein Pfeil durch die Luft fliege und erbat vom heiligen Sebastian deswegen besonderen Schutz vor der Krankheit.
In Crostwitz erinnert daran nicht zuletzt eine ihm geweihte Glocke aus dem Jahr 1955. Auf dieser steht in sorbischer Sprache die Inschrift: „Heiliger Sebastian! Krankheiten abwehren, den Himmel aufschließen!“ . Im Jahre 2000 wurde außerdem ein neuer Seitenaltar des heiligen Sebastians in der Crostwitzer Pfarrkirche geweiht.
Dieses Jahr wird nun der 600-jährigen Geschichte der Sebastiansbruderschaft gedacht. Aus diesem Grund verwandelt sich ab dem 10. September Crostwitz in ein kleines Lausitzer Oberammergau.
Denn mehr mehr als 130 Laiendarsteller werden die Zeit vor 600 Jahren auf die Bühne bringen. Und zwar in sorbischer Sprache – mit einer deutschen Hörspielfassung. Rund 100 weitere Personen wirken hinter den Kulissen mit. Das Freiluft-Theaterstück „Mór a lubosæ“ (Pest und Liebe) hat Eva-Maria Zschornack verfasst. Wegen gewisser Einschränkungen der letzten Jahre kann es nun mit zwei Jahren Verspätung endlich aufgeführt werden. Dargestellt wird das Leben in und um Crostwitz, dem Kloster St. Marienstern und der Stadt Kamenz zu Beginn des 15. Jahrhunderts.
Sabina Sauer ist die Regisseurin und leitet zusammen mit ihrem Stellvertreter Michael Ziesch das Projekt, welches fast ausschließlich von ehrenamtlichen Kräften bestritten wird. Federführender Veranstalter ist zusammen mit der Pfarrei Crostwitz der Cyrill-Methodius-Verein, der seit 1862 als die Vertetung und Vernetzung der katholischen Sorben besteht.
Der Verein hat bereits 2005 und 2015 zusammen mit der Pfarrgemeinde die Passion und 2010 das Stück „Via Regia wo³a“ (Die Via Regia ruft) anlässlich des 1.000. Geburtstags des heiligen Bischof Benno von Meißen aufgeführt.
Die Aufführungen des diesjährigen Stückes finden am 10. September um 19.30 Uhr, am 11. September um 16.00 Uhr, am 16. September um 19.30 Uhr, am 17. September um 19.30 Uhr und am 18. September 19.30 Uhr auf der Pfarrwiese in Crostwitz, Zejlerstraße 2, statt.
Der Eintritt kostet für Erwachsene 15,00 Euro, für Lehrlinge und Studenten 5,00 Euro und für Schüler 2,00 Euro. Der Eintritt für Kinder im Vorschulalter ist frei.