Das Warten am "Briefkasten der sehnenden Wünsche" ist nun vorbei
Viele Besucher hatten im vergangenem Jahr aufgeschrieben, worauf sie lange gewartet haben oder noch warten. Foto: B. Vogt
Bautzen. In der großen Garage der ehemaligen Stasi-Sonderhaftanstalt „Bautzen II“ stand bis zum 22. Januar zwischen einem Barkas „B 1000“ und einem IFA-LKW ein Podest mit einem durchsichtigen Quader. Während die zwei Gefangenentransporter aus der Zeit der DDR zum dauerhaften Bestand der Gedenkstätte Bautzen gehören und mit ihren engen Häftlingszellen begehbar sind, irritierte vielleicht der große Quader den Einen oder Anderen und gab sein Inneres erst bei genauerem Hinsehen preis.
Umgeben von transparenter Folie war darin ein gut erhaltener Trabant 601 zu erkennen – der „Briefkasten der sehnenden Wünsche“. Von Mai bis September 2022 diente dieses Fahrzeug, welches von Sandro Budar der Gedenkstätte zur Verfügung gestellt wurde, als Briefkasten, in welchen die Besucher der Gedenkstätte ihre ganz persönlichen Wünsche einwerfen konnten und dies auch fleißig taten. Der Bezugspunkt zum berühmten Haftort der Staatssicherheit der DDR sollte dabei das Moment des „Wartens“ sein. Saßen doch die hier Inhaftierten lange wartend auf ihre Freilassung oder den ersehnten Freikauf in die Bundesrepublik. Das Warten auf einen lang gehegten Wunsch erlebten viele Menschen der DDR aber auch in ganz anderer Form, zum Beispiel, nachdem sie einen Neuwagen der Marke Trabant beantragt hatten. Aber auch heute warten Menschen sehnsuchtsvoll auf die Erfüllung ihrer Wünsche.
Seit dem 3. Oktober 2022 war der „Briefkasten“ nun geöffnet und die Wünsche der Menschen wurden für alle einsehbar an dem Folie-Kubus angebracht. Die geäußerten Wünsche erzählen dabei viel über unsere Zeit, spiegeln aber auch ganz zeitlose Sehnsüchte wider. So kann man bei der Auswertung der Briefe eine sehr große Bandbreite hinsichtlich der Wünsche der Teilnehmer sehen. Neben den aktuellen großen Themen wie Frieden gehen die Sehnsüchte bis in die kleinste Zelle der Gesellschaft: Kinderwünsche waren auffällig häufig unter den geäußerten Wünschen. Viele erzählten aber auch eine kleine Geschichte ihres Lebens, berichteten, worauf sie besonders gewartet haben und was sie noch heute ersehnen. Auch finden sich viele fremdsprachige Mitteilungen unter den Beiträgen.
Nun sind die Briefe verstaut und auch der Trabant erstmal aufgeräumt. Die Projektverantwortlichen zeigten sich zufrieden mit der Aktion und freuten sich besonders über die rege Teilnahme, auch wenn die Aktion nicht extra beworben wurde. Die Kunstaktion entstand im Rahmen des Projektes „Stage of Memory“, welches vor allem für junge Menschen eine Auseinandersetzung mit DDR-Unrecht mit kreativen Mitteln anstrebt.