Der Ruf nach mehr Sirenen bleibt ungehört
Im Landkreis Bautzen gibt es aktuell 194 aktive Sirenen. Foto: Archiv
Bautzen. Nach den jüngsten Unwettern im Landkreis sieht die Kreisverwaltung keinen Handlungsbedarf für einen möglichen Ausbau der Sireneninfrastruktur. Wie eine Anfrage ergab, sind im Einzugsbereich der Bautzener Behörde schon jetzt 194 Alarmgeber im Einsatz, die auf Notlagen hinweisen.
„Im Landkreis Bautzen werden Sirenen mit dem Warnsignal ‚Warnung vor einer Gefahr‘ entsprechend dem sächsischen Erlass genutzt“, erklärte eine Sprecherin des Landratsamtes. „Effekt der Sirenen ist es, auf eine Gefahrenlage aufmerksam zu machen und die Bürger zu konkreten Maßnahmen aufzufordern, dass sie zum Beispiel Fenster und Türen schließen und das Radio einschalten.“ Für weitergehende Informationen wie konkretere Handlungsanweisungen werde über die Integrierte Regionalleitstelle Ostsachsen (IRLS) das Modulare Warnsystem MoWaS genutzt. „Über dieses können Warngebiet, Warnstufe und Warntext eingegeben werden. Zudem lässt sich festgelegen, welche Warnmittel ausgelöst werden sollen. Durch diese zentrale Steuerung müssen die einzelnen Warnmittel nicht mehr jeweils separat ausgelöst werden.“ In der Kombination von Sirenen und MoWaS werde eine große Bandbreite an Warnmitteln abgedeckt. Dabei optimiere der Bund das System fortlaufend. „Darüber hinaus gehende Pläne, Warnmethoden zu erweitern, gibt es im Landkreis Bautzen nicht“, betonte die Behördenmitarbeiterin.
Warntag zeigt Systemschwäche auf
Dass das System allerdings durchaus auch seine Tücken hat, zeigte sich am bundesweiten Warntag im vergangenen September. Damals kam es zu einer Verzögerung bei der Warnung über „MoWaS“, an das auch Warn-Apps wie „Nina“ oder „Katwarn“ angeschlossen sind. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe versuchte, mit einem Erklärungsversuch gegenzusteuern: „Die bundesweite ‚MoWaS’-Meldung konnte nur verspätet zugestellt werden. Grund dafür ist eine nicht vorgesehene zeitgleiche Auslösung einer Vielzahl von Warnmeldungen über ‚MoWaS’ gewesen. Das im Vorfeld mit den beteiligten Partnern besprochene Auslösekonzept sah eine reine Auslösung durch den Bund mit ‚MoWaS’ vor.“ Was also passiert, wenn sich im Ernstfall so etwas wiederholt und Menschen nicht zeitnah über eine Gefahrensituation in Kenntnis gesetzt werden? Schon während des Warntages kam bei dem einen oder anderen ein ungutes Gefühl auf, ein Unglück quasi verschlafen zu können.
Zurück zu den Sirenen: Was deren Standorte anbelangt, hat der Landkreis eine Liste zur besseren Veranschaulichung erstellt. Aus der geht hervor, wie viele Signalhörner in welchen Kommunen zu finden sind. Allein in der Gemeinde Neukirch/Lausitz, wo am 17. Juli ein Unwetter Schäden in Millio-nenhöhe angerichtet hatte, gibt es vier. Steinigtwolmsdorf, das ebenfalls von den Auswirkungen von Tief „Bernd“ stark betroffen war, verfügt den Angaben zufolge über eine genauso große Anzahl. Im Raum Wilthen hingegen existieren 14 Sirenen, in Doberschau-Gaußig sind es acht, in Obergurig vier und in Königswartha drei. In zwei Ortsteilen der Stadt Bautzen ist noch jeweils ein Exemplar zu finden. Indes taucht die Stadt Schirgiswalde-Kirschau in der Auflistung des Landratsamtes gar nicht erst auf.
Kommunen im Oberland benötigen schnelle Hilfe
Mitte Juli waren in einzelnen Lagen nach Angaben des Sächsischen Umweltministeriums 130 Liter Regenwasser pro Quadratmeter binnen 24 Stunden gefallen. Normalerweise liege die Jahresmenge im sächsischen Jahresmittel bei 500 bis 700 Liter. Betroffen war unter anderem die Gemeinde Steinigtwolmsdorf. Der Landtagsabgeordnete Frank Peschel hat sich in dieser Woche ein Bild von der Situation dort gemacht. Ihm zufolge benötigt die Gemeinde dringend Soforthilfen. „Alleine in Steinigtwolmsdorf wird der Schaden auf acht Millionen Euro geschätzt“, ließ der AfD-Politiker in einer versandten Medieninformation wissen. „Davon 1,6 Millionen Euro bei der Infrastruktur. Die Gemeinde ist nicht in der Lage, die Kosten für Erneuerung selbst zu stemmen. Hier ist sofort von der Staatsregierung Hilfe und Unterstützung für Brücken- und Straßensanierung erforderlich. Wenn dies nicht geschieht, besteht die Gefahr, dass Straßen und Brücken gesperrt werden. Die Kommune schafft es nicht ohne Hilfe, alle Brücken auf Statik zu prüfen. Da reden wir noch gar nicht von den Hochwasserschäden der 110 betroffenen privaten Gebäude.“ In Obergurig wiederum habe das Hochwasser zum Glück viel weniger Schaden angerichtet. Aber auch in dem Fall sei die Kommune in Vorleistung gegangen und habe in den letzten Tagen über 20.000 Euro an Sofort-Bauleistungen gezahlt. Geld was jetzt in der Gemeindekasse fehle. Daher forderte er die Staatsregierung auf, dass sie umgehend mit den betroffenen Kommunen Kontakt aufnimmt und unbürokratisch finanzielle Maßnahmen und Hilfsangebote veranlasst.
Auch anderswo waren Straßen, Eisenbahngleise, Brücken und Gebäude durch die Wassermassen in Mitleidenschaft gezogen worden. Zuvor hatte das Tief bereits im Westen Deutschlands verheerende Schäden angerichtet. In dem Zusammenhang kam unter anderem der Ruf nach mehr Sirenen auf. Was finanzielle Hilfen anbelangt, haben mittlerweile auch der Bund und die Länder reagiert und ihre Unterstützung in Aussicht gestellt.