Die Lustgärtner von Königsbrück
Die Kameliendamen Lotta (li.) und Lara eröffneten die Kameliensaison nicht, wie sonst üblich, im Gewächshaus, sondern im benachbarten Festzelt.
Königsbrück. Als sich der Heimatverein im Jahre 1999 vertraglich dazu verpflichtete, die Königsbrücker Kamelien zu betreuen, konnte niemand ahnen, was sich daraus einmal entwickeln würde. „Mittlerweile spielen wir in der ersten Liga der Kamelien-Standorte in Sachsen und auch in ganz Deutschland“, kann der Vereinsvorsitzende, Peter Sonntag heute konstatieren. Königsbrück werde heute ganz selbstverständlich in einem Atemzug mit Pirna-Zuschendorf, Dresden-Pillnitz und Roßwein genannt – jenen Orten, die auf eine vermeintlich viel längere Tradition in der Kamelienzucht und -präsentation zurückblicken können.
Bis zum Ende der Blütezeit im März werden die Königsbrücker Kamelien noch vielen Besuchern als Fotomotiv dienen.
Dabei gibt es auch in Königsbrück – was lange nicht so recht bekannt war – viel weiter zurück reichende Anfänge als jene 25 Jahre, die bei der Eröffnung der diesjährigen Kameliensaison am vergangenen Sonntag gewürdigt wurden. Dieses Jubiläum bildete für Peter Sonntag einen willkommenen Anlass, um einmal genauer auf die Ursprünge zurück zu blicken: „Königsbrück war eine bedeutende Herrschaft im Markgrafentum Oberlausitz, die zeitweise sogar den Landvogt stellte. Also kann es nicht verwundern, dass es bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter der Standesherrschaft von Schellendorff erste Hinweise auf Gartenbau gibt.“ 1718 wurde ein Gesellenbrief für einen Lustgärtner ausgestellt, 1846 gibt es dann die erste Erwähnung eines Kamelienhauses. „Das heutige Gewächshaus ist von 1859“, weiß der Vereinsvorsitzende zu berichten. 1897 bot der Königsbrücker Schlossgärtner in der Lokalzeitung Kamelien zum Verkauf an. Dies fiel dann bereits in die Zeit der Familie Naumann, welche die Herrschaft 1893 erworben hatte. Die Naumanns, bekannt durch ihre Schreib- und Nähmaschinenproduktion, hüteten die Kamelien sorgfältig. Nach dem Kriegsende 1945 schien die Stunde der Winterblüher jedoch geschlagen zu haben: „An ihrer Stelle sollte Gemüse angebaut werden. ...
Doch der damalige Gärtner Kohout sagte: ‚Nur über meine Leiche.‘“ Doch auch nach der Wende gab es Bestrebungen, die Kamelien aus Königsbrück auszusiedeln. „Sie sollten nach Pirna-Zuschendorf umgesetzt werden. Es zeigte sich aber, dass sie zu stark im Mauerwerk des Gewächshauses verwurzelt waren“, so Peter Sonntag. So mussten sie im Heidestädtchen bleiben – ein Glücksumstand, wie man heute weiß. Denn: Nachdem sich der Heimatverein wie bereits erwähnt vor 25 Jahren, also 1999, den Hut dafür aufgesetzt hatte, ließ er ein Jahr später erstmals die Öffentlichkeit daran teilhaben. „Was dann folgte, war eine Lawine“, erinnert sich der Vorsitzende. „In vier Reihen standen die Fahrzeuge in der ganzen Stadt. Alle wollten die Kamelien sehen.“
Heute verläuft der Besuch der Kamelien in geordneteren Bahnen, das Interesse ist aber nie abgeebbt. 2004 stand das Projekt trotz des bürgerschaftlichen Engagements jedoch noch einmal kurz vor dem Aus: Die empfindlichen Pflanzen stießen mit ihren Wurzeln auf Bauschutt, der in früheren Zeiten abgelagert worden war und für sie ein tödliches Gift darstellte. „In einer Wahnsinnsaktion gruben wir den Bauschutt aus, füllten alles mit Erde auf und pflanzten die Kamelien wieder ein.“ Einen weiteren wichtigen Meilenstein für den Verein bildete die Beschäftigung mit Duftkamelien seit dem Jahre 2016. „Allgemein gelten Kamelien ja als geruchlose Pflanzen. Doch uns ist sogar erstmals gelungen, aus ihnen ein Parfüm herzustellen“, berichtet Peter Sonntag stolz. Das „Eau de Camelie a lá Königsbrück“ ist seitdem ein Verkaufsschlager. Noch vieles weitere wäre aus der bewegten Geschichte und Gegenwart der Königsbrücker Kamelie zu nennen: Die Kameliendamen, das Ganztagsangebot der Oberschule Königsbrück unter der Leitung von Doris Füssel (der „obersten Kamelienpflegerin“ des Heimatvereins) oder die Führungen durch Schüler für Blinde und Sehbehinderte: Die Königsbrücker Kamelien haben schon vielen Menschen Freude bereitet und werden dies sicher auch in den nächsten 25 Jahren noch tun.