Die Schicksale im Klinikum Oberlausitzer Bergland bewegen
Frau Dr. med. Karolin Lust, Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin, vor der COVID-Intensivstation am Klinikumstandort Zittau. Foto: Rafael Sampedro
Zittau/Ebersbach. Allein die Zahlen und Fakten sprechen für sich. Im Jahr 2020 wurden in beiden Häusern 531 COVID-Patienten behandelt, davon 250 weiblich und 281 männlich. Verstorben sind 127 – davon 49 weiblich und 78 männlich. Laut Dr. Jana-Cordelia Petzold, Presse- und Marketingbeauftragte für das „Gesundheitszentrum des Landkreises Görlitz“, liegt die Sterblichkeitsrate damit bei 24 Prozent. Die mit jeweils zehn Beatmungsplätzen ausgestatteten Intensivstationen an beiden Standorten seien die ganze Zeit über voll ausgelastet gewesen.
„In Zittau und Ebersbach haben wir fast 25 Prozent unserer verfügbaren Bettenkapazitäten nur für die Corona-Stationen vorgehalten, nämlich pro Standort jeweils zwei große Stationen mit je 25 Betten – davon jeweils eine Station für die Verdachtsfälle und eine für die bestätigten Fälle, also Patienten, bei denen die Erkrankung ausgebrochen ist. Das sind insgesamt 100 Betten von fast 500, die für die Normalpatienten nicht mehr verfügbar sind. Zugleich musste – auch das war sehr schwierig – innerhalb kürzester Zeit der Maßnahmenplan für alle Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Solche Entscheidungen sind deshalb so wichtig, damit die Infektionsgefahr so gering wie möglich gehalten wird“, betont sie.
Und sie fährt fort: „Unsere Krankenhäuser haben schon viel erlebt, aber die Corona-Pandemie stellte unser Klinikpersonal von Beginn an vor große Herausforderungen. Vieles ist als Erfahrung in unser Bewusstsein gedrungen, aber manches bedarf noch länger, bis wir es verinnerlichen.“ Es sei sicherlich nichts Besonderes, dass Menschen erkranken und zuweilen auch etwas länger für ihre Genesung benötigen würden.
„Dass auch in einem Krankenhaus trotz aller Maßnahmen Menschen keine Kraft mehr haben und ihr Körper letztlich versagt, ist immer tragisch – und auch damit müssen unsere Beschäftigten umgehen. Wenn aber gestandene Männer und Frauen, leistungsstark, sportlich und kraftvoll, als Verdachtsfälle kommen, als Infektionsfälle bestätigt werden, dann auf der Intensivstation liegen und eine Woche später sterben – und unsere Leute kannten denjenigen, der nun für immer gegangen ist – das macht etwas mit den Menschen. Unsere Mitarbeiter sind sehr stark, aber eben auch keine Roboter“, betont sie.
Die Corona-Krise hat laut Dr. Jana-Cordelia Petzold allen gezeigt, dass es immer noch Steigerungsstufen gibt: „Neben dem Umgang mit den Infizierten, den Sicherheits- und Schutzmaßnahmen in unseren Häusern und allen unmittelbar oder mittelbar benachbarten Bereichen sind es die tragischen Schicksale, die bewegen.“ Das gefährliche Virus sei unberechenbar. „Wir sehen, dass die Erkrankten ganz unterschiedliche Krankheitsverläufe aufweisen und individuell verschiedene Organe betroffen sein können. Die hohe Sterblichkeitsrate ist erschreckend – und die hohe Ansteckungsgefahr ebenfalls. Man sieht die Erkrankung nicht. Deshalb glauben viele Menschen immer noch, sie sei nicht vorhanden.
Wer aber die Türklinke zu den COVID-Stationen in die Hand nimmt, spielt mit seinem Leben. Da es sich im eine Tröpfcheninfektion handelt, reicht es aus, wenn jemand ohne Maske über den Büroflur geht und telefoniert: Er atmet aus und die Viren hängen in der Luft. Wenn jemand dann danach über diesen Flur geht, hat er die Viren eingeatmet – so müssen Sie sich das vorstellen“, erklärt sie. Die angesetzten Vorsichtsmaßnahmen können deshalb ihrer Meinung nach nicht hoch genug sein, zumal die Mutationen sich ebenso unsichtbar ausbreiten: „Wir können als Krankenhaus nur immer wieder an den individuellen Schutz appellieren – innerhalb und außerhalb von Gebäuden, bei jedem Kontakt, jeder Begegnung und jedem Gespräch.
Unsere Aufgabe wird es weiterhin sein, die uns anvertrauten Menschen zu schützen und bestmöglich zu behandeln – dieser Aufgabe werden wir uns auch in Zukunft stellen. Unsere Mitarbeiter sind großartig – das können wir ohne Übertreibung ausdrücken. Dennoch ist die Krise noch nicht vorüber. Das Virus bleibt gefährlich. Wir wünschen uns deshalb, dass wir gut durch und gestärkt aus dieser Krise gehen.“