„Die Situation in den Krankenhäusern ist akut“
Bereits im Frühjahr wurden Corona-Patienten in den Oberlausitz-Kliniken in separaten Infektionsbereichen behandelt. Foto: Archiv
Bautzen. Die Virus-Krise stellt wenige Wochen vor Weihnachten das Krankenhauspersonal in Bautzen und Bischofswerda vor eine bislang nie dagewesene Herausforderung in der Geschichte der Oberlausitz-Kliniken. Dort wurden mit Stand Dienstag dieser Woche 80 Corona-Patienten behandelt – 13 von ihnen intensivmedizinisch. Vom Kleinkind bis zum Greis reiche inzwischen die Altersspanne, sagte Geschäftsführer Reiner E. Rogowski im Gespräch mit dem Oberlausitzer Kurier. Wie schon während der ersten Infektionswelle wirke sich die aktuelle Situation verstärkt auf geplante Operationen aus. „Diese kann man aber nicht x-beliebig verschieben“, betonte er. Und anders als im Frühjahr soll es diesmal keine Ausgleichszahlungen geben. Dagegen läuft nicht nur das Bautzener Klinikum Sturm.
Verringerte Kapazitäten und Personal am Limit
Hintergrund des Ganzen sind ein „extrem“ erhöhter Arbeits- und Pflegeaufwand bei Covid-19-Patienten und das Vorhalten von Behandlungsplätzen. Eigentlich vorhandene Kapazitäten müssten halbiert werden, da sich Menschen mit schweren Corona-Infekten nicht mit jenen, die wegen anderer Diagnosen im Krankenhaus betreut werden, in einem Zimmer unterbringen lassen. Darüber hinaus reiche das Personal nicht aus, denn auch Pfleger und Ärzte sind vor einer Ansteckung nicht gefeit. „Wer Erkältungssymptome aufweist, muss erst einmal zu Hause bleiben und das Testergebnis abwarten“, legte Reiner E. Rogowski dar.
Stolz ist er schon auf seine Mannschaft. Trotz der zahlreichen Schicksale, die seine Mitarbeiter auf den Corona-Stationen erleben, würden viele den anstehenden Urlaub zunächst verschieben. Sogar aus der Verwaltung habe sich Personal mit medizinischem Hintergrund bereiterklärt, bei der Arbeit mit den Virus-Patienten zu unterstützen. „Fest steht: Nicht jeder kann gleich gut mit dem, was er vor Ort erlebt, umgehen. Dass mittlerweile sogar jüngere Menschen mit dem Erreger sterben und wiederum Ältere, die eigentlich zur Risikogruppe zählen, das Krankenhaus im genesenen Zustand verlassen, hinterlässt Spuren bei den Mitarbeitern. Wir haben ihnen deshalb psychologische Hilfe angeboten.“
Meisten Patienten kehren gesund nach Hause zurück
Bedauerlicherweise würden hierzulande bislang keine Erfahrungswerte bezogen auf eine Situation wie diese existieren. Beide Häuser scheinen jedoch groß genug zu sein, um bis zu 34 Intensivplätze zu schaffen. Keiner kann derzeit sagen, ob diese im Laufe des Winters auch tatsächlich in Anspruch genommen werden. „Dann allerdings unter Einbeziehung eines Großteils der OP-Bereiche“, warnte der Klinikmanager. „Das wäre das Ende der Fahnenstange und würde den weiteren Krankenhausbetrieb weitestgehend beeinträchtigen.“
Doch es gibt auch Dinge, die hoffen lassen. „Bislang konnten die meisten Patienten wieder in die Häuslichkeit entlassen werden. Dabei war die Behandlungsdauer unterschiedlich.“ Reiner E. Rogowski erklärt das damit, dass die Erkrankung ernst und insbesondere bei langer Intensivbeatmungszeit oft mit Folgeerkrankungen und Ausfallerscheinungen verbunden sei – auch bei jüngeren Patienten. Spätfolgen seien in dem Zusammenhang nicht auszuschließen. „Ein rechtzeitiger Beginn einer Behandlung ist sicher das A und das O für einen Erfolg“, meint er.
Ungeachtet dessen wurden bereits vor Einsetzen der zweiten Corona-Infektionswelle die Hygieneregeln und Maßnahmen verstärkt. Auch Regelungen, wie und wo man sich begegnet, seien getroffen worden – und das nicht immer zur Freude von Patienten, Besuchern und Mitarbeitern, wie der Geschäftsführer weiß. „Nun haben wir nicht zum ersten Mal mit Erregern zu tun. Rota- und Noro-Viren seien beispielhaft erwähnt. Da gibt es schon eine gewisse Routine und Regeln. Wir haben das Glück, dass wir im Haus eine Abteilung Krankenhaushygiene haben und einen Mikrobiologen beschäftigen. Andere Kliniken haben diese Vorteile nicht.“
Trotz Corona höre das normale Leben in Hinblick auf andere dringende Behandlungen nicht auf. Um die Infektionszahlen wieder auf ein leichter handhabbares Maß zu drücken, rief er die Lausitzer dazu auf, das Virus und dessen mögliche Folgen ernst zu nehmen und sich an die aufgestellten Regelungen zu halten. Dann werde das Klinikpersonal auch nicht mehr so oft wie jetzt vor die Frage gestellt, kann eine Operation wie geplant stattfinden oder besteht die Notwendigkeit, diese doch noch einmal auf einen anderen Zeitpunkt zu verlegen.
Dennoch ließ Reiner E. Rogowski keinen Zweifel daran, dass das Gesundheitssystem in Deutschland „sehr gut“ aufgestellt ist.