Die Spree – ein preisgekrönter Fluss
Wie in nur wenigen europäischen Städten prägt in Bautzen der Fluss – also die Spree – das Antlitz „seiner“ Stadt. Foto: Uwe Menschner
Der Rastplatz unterhalb der Alten Wasserkunst bildet einen Bestandteil des ausgezeichneten Projektes. Foto: Uwe Menschner
An der Spree in Bautzen hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Dafür gab es einen nur alle drei Jahre verliehenen Preis.
Bautzen. Eine Stadt und ihr Fluss – das ist oft eine recht ambivalente Beziehung. Im Falle von Bautzen und der Spree trifft dies in einem ganz besonderen Maße zu. Einerseits prägt der Fluss entscheidend die Topographie und damit den unverwechselbaren Reiz seiner Stadt. Ohne das tief eingekerbte Spreetal wäre die einzigartige Silhouette des Bautzener Stadtkerns auf seinem Felssporn völlig undenkbar. Andererseits hat die Spree aber auch viel Leid über Bautzen gebracht: Zuletzt mit dem Hochwasser vom August 2010, das große Zerstörungen anrichtete.
Doch nicht nur die Spree hat ihren Anwohnern und Nutzern oft Gewalt angetan; noch viel öfter geschah dies anders herum. Die Textilindustrie am Oberlauf bildet in diesem Zusammenhang nur eine Episode; viel nachhaltiger waren die baulichen Eingriffe, mit denen der Mensch das Fließgewässer in ein viel zu enges Korsett zwang, was wiederum in der Folge zu umso heftigeren Ausbrüchen führte. Etwa 20 Wehre zählte man noch bis vor kurzem im Stadtgebiet zwischen dem Humboldthain im Süden und dem Stausee im Norden.
Seit 2017 sind es drei weniger. „Sie wurden durch ein naturnahes Raugerinne – also eine für Fische passierbare Rampe – ersetzt“, erklärte Heinz Gräfe, der frühere Geschäftsführer der Landestalsperrenverwaltung, kurz nach Abschluss der Arbeiten. Die drei Wehre befanden sich in einem besonders sensiblen Bereich: Dem so genannten Spreebogen am ehemaligen Betonwerk, wo die Spree ihre Fließrichtung um mehr als 90 Grad ändert. „Mit dem Abriss der funktionslosen Bauwerke konnte dieser Spreeabschnitt ökologisch aufgewertet werden“, so Gräfe. Fische und andere Wasserlebewesen können ihn nun ungehindert durchschwimmen. Der Abriss der Wehre bildet jedoch nur einen Teil eines wesentlich umfangreicheren Programms, in dessen Rahmen die LTV seit 2014 Hand an die Spree im Bautzener Stadtgebiet anlegte. Und das überaus erfolgreich: Sie erhielt dafür den nur alle drei Jahre von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft vergebenen ’Gewässer-Entwicklungspreis.’
„Besonders überzeugt hat uns die Komplexität der Maßnahme. Dabei wurden viele wasserwirtschaftliche Aspekte miteinander verbunden: Hochwasserschutz, Renaturierung, Erlebbarkeit des Gewässers sowie Fischschutz“, begründete DWA-Vizepräsident Uwe Müller die Auswahl aus einer Vielzahl von Projekten in ganz Deutschland.
Den Anfang bildete 2013 der Rückbau von Ufermauern auf einer Länge von 1,5 Flusskilometern im Stadtteil Seidau. „Dies geschah von der Öffentlichkeit noch relativ unbemerkt, da an einem kaum zugänglichen Abschnitt“, so der frühere Betriebsleiter der Landestalsperrenverwaltung, Sebastian Fritze. Doch gerade dieser Abschnitt hatte es in sich: „Auf der einen Seite Felsen, auf der anderen Seite die bis an das Wasser heranreichende Bebauung. Oft mussten sich die Baufirmen mit Kleinbaggern herumquälen.“ Im Ergebnis wurden 770 Meter Mauer durch naturnahe, bepflanzte Böschungen ersetzt. Was danach folgte, war weitaus spektakulärer: Der Abriss der früheren Tuchfabrik Mörbitz, die, direkt unterhalb der Alten Wasserkunst gelegen, zuvor einen unfreiwilligen Blickfang gebildet hatte. Sie ragte wie ein Pfeiler in den Flusslauf hinein und trug wesentlich zu den Hochwasserschäden von 2010 bei. „Anstelle dieser Industrieruine entstand ein Rast- und Ruheplatz, der die Spree auf hervorragende Weise erlebbar macht“, würdigte Uwe Müller. Der eingangs beschriebene Rückbau der drei Spreebogen-Wehre stellte ab 2017 den dritten und letzten Abschnitt des preisgekrönten Renaturierungsprojektes dar. Die städtische Tochtergesellschaft Energie- und Wasserwerke Bautzen GmbH hat den Ball aufgefangen und in unmittelbarer Nähe, auf dem Gelände des früheren Gaswerkes, eine grüne Oase namens „Spreepark“ angelegt – nicht ohne zuvor 1300 Tonnen Teer aus dem Boden zu holen.
Und die Arbeit ist noch nicht beendet: Gegenwärtig laufen die Planungen für den Rückbau zweier weiterer Wehre, darunter das sehr markante am so genannten Lindenberg.