Die Wahrheit über Preischwitz
Alle Gerichtsbücher zwischen 1359 und 1805 sind jetzt online einsehbar. Foto: Holger Hinz
Bautzen. Haben Sie schon einmal an einer Stadtführung teilgenommen und dabei die Geschichte des zum Tode verurteilten Stadtschreibers Peter Preischwitz kennengelernt? Er soll die Stadt im Jahr 1429 mutmaßlich an die Hussiten verraten haben und es hält sich die Sage, dass sein Konterfei im Schlussstein des stadtseitigen Torbogens des Nikolaiturmes abgebildet ist. Wenn Sie das Urteil gegen Preischwitz und dessen Aussagen vor Gericht selbst nachlesen wollen, können Sie das in den ältesten städtischen Gerichtsbüchern tun. Diese wurden in den letzten Jahren schrittweise restauriert und vor kurzem digitalisiert. Alle Gerichtsbücher zwischen 1359 und 1805 sind ab sofort vollständig unter dem Link https://www.archivverbund-bautzen.findbuch.net online einsehbar. Zur städtischen Rechtspflege verfügte Bautzen, dessen Stadtrecht sich am „Magdeburger Recht“ orientierte, über ein vom Rat getrenntes Schöffenkollegium, das sich urkundlich bis zum Jahr 1280 zurückverfolgen lässt. Die Zuständigkeit des Stadtgerichts, bestehend aus dem Stadtrichter als Vorsitzenden und in der Regel fünf Schöffen, erstreckte sich einerseits über die Bewohner der ummauerten Stadt, insofern sie nicht nach Kirchen- oder Lehnrecht lebten bzw. Untertanen des Kollegiatstifts/Domstifts St. Petri oder des Landesherrn waren. Zusätzlich unterstanden bis zu 52 Ratsdörfer ganz oder teilweise der städtischen Gerichtsbarkeit. Abgesehen von einer Unterbrechung durch den Pönfall von 1547 blieb das Stadtgericht bis zur Verstaatlichung des Gerichtswesens im Jahr 1856 bestehen. Die neu eingerichteten königlichen Gerichte übernahmen in der Folge die jüngeren Akten und Gerichtsbücher. Als Zäsur für die Bestandstrennung wählte man offenbar das Jahr 1635, als Bautzen und die Oberlausitz durch den Prager Friedensschluss als böhmisches Nebenland endgültig an Kursachsen fiel. Die älteren und nun online einsehbaren Bände verblieben bei der Stadt, die jüngeren gelangten in das Amtsgericht und anschließend in das Sächsische Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, wo sie heute einen Teil des Bestands 12613 Gerichtsbücher bilden.