Drei Projekte aus 25 Jahren Heimatverein
Jürgen Loeschke kann im Modell des Görlitzer Kaisertrutzes sogar per Fußbedienung Licht machen.
Der Heimatverein Königsbrück wurde im Herbst 1996, also vor 25 Jahren, gegründet. Grund genug für einen etwas anderen Rückblick.
Der Schlossturm zeugt vom Einfallsreichtum des Heimatvereins Königsbrück, der nahezu unmögliches möglich machte.
Königsbrück. Es begann im Königsbrücker Schloss: Hier wurde im Herbst 1996 ein Verein gegründet, dessen Wirken weit über die Stadt hinaus Aufmerksamkeit gefunden hat und noch findet. Dabei hätte die Geschichte des Heimatvereins Königsbrück schnell wieder beendet sein können, denn: Für seinen ursprünglich gedachten Zweck brauchte man ihn dann gar nicht. „Der Heimatverein war im Hinblick auf die damals bevorstehende 750-Jahr-Feier von Königsbrück gegründet worden. Wir wussten, dass es bei so einem Anlass immer gut ist, einen gemeinnützigen Verein zu haben“, erinnert sich Peter Sonntag, damals wie heute Vorsitzender des Vereins.
Lkw voll Mörtel aus dem Allgäu
Doch dann stellte sich heraus, dass es doch nicht so dringend ist. Was nun? Den gerade erst gegründeten Verein wieder auflösen? Weit gefehlt. „Wir suchten uns in Vorbereitung des Jubiläums eine andere Aufgabe und nahmen uns vor, den 1948 willkürlich abgerissenen Schlossturm wieder aufzubauen“, so Peter Sonntag. Das sagt sich leicht daher, doch eine solche Idee will erst einmal umgesetzt sein. Denn ein solches Aufbauwerk benötigt Mittel und Wege, die für einen Verein eigentlich nicht zu stemmen sind. Für die Königsbrücker Heimatfreunde schon. „Ich habe zum Telefon gegriffen und die Firma Bayosan im Allgäu angerufen, bis ich den Chef selbst am Apparat hatte. Wenig später kamen die Lkws mit Mörtel“, verdeutlicht Peter Sonntag an nur einer von vielen Episoden, wie das Unmögliche gelingen konnte. Zu den zahlreichen Spendern zählte übrigens auch Altbundeskanzler Helmut Kohl.
Etwas später als der Schlossturm nahm ein weiteres Projekt Gestalt an, das weit über Königsbrück hinaus ausstrahlen sollte: der Architekturmodellbau entlang der Via Regia. Zunächst unabhängig vom Heimatverein entstanden, kam er 2001 unter dessen Dach. Die Aufnahme erfolgte nicht ganz ohne Bedenken, denn auf den Verein kam damit eine große zusätzliche Verantwortung zu. „Wenn man Arbeitskräfte beschäftigt, stellen sich Fragen nach Arbeitsschutz, Versicherungen und tausend anderen Dingen“, betont der Vereinsvorsitzende.
Keine neuen Modelle mehr seit 2020
Die Antworten musste sich der Heimatverein nach dem Motto „learning by doing“ selbst erarbeiten. Doch aus heutiger Sicht schätzt Peter Sonntag ein: „Wenn man sieht, was in den Jahren entstanden ist, war die Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt richtig.“ Entstanden sind nämlich 40 detailgetreue Nachbildungen von Bauwerken entlang der Via Regia, viele davon, aber bei weitem nicht alle, haben ihr Original in der Oberlausitz. Insgesamt 270 Beschäftigte aus so genannten „arbeitspolitischen Maßnahmen“ wirkten daran mit. „Manch einer entdeckte hier Fähigkeiten, von denen er selber nichts ahnte und die wohl sonst nie zutage getreten wären“, sagt Ex-Bürgermeister Jürgen Loeschke, der zu den Mitinitiatoren zählte. Seit etwa einem Jahr werden keine neuen Modelle mehr gefertigt. „Wir haben hier drin einfach keinen Platz mehr. Pläne für eine Erweiterung im Außengelände existieren zwar, aber sie sind nicht finanzierbar“, betont Jürgen Loeschke. „Hier drin“ bedeutet im einzigen noch erhaltenen Gebäude des Alten Lagers, dem sogenannten Klinkerbau, in dem auch die Tourist-Information und das Regionalmanagement „Dresdner Heidebogen“ ihren Sitz haben.
Zeugnis christlicher Nächstenliebe
Aller guten Dinge sind drei, und so soll auch noch ein drittes Projekt aus 25 Jahren Heimatverein Erwähnung finden, das nicht so stark im öffentlichen Fokus stand wie beispielsweise die Kamelien oder das Schellendorffsche Epitaph (über die auch der Oberlausitzer Kurier bereits mehrfach berichtet hat): das Armenhaus im Stadtteil Stenz. „Die sogenannte Stenzer Gruppe ist eine der Keimzellen des Heimatvereins. Aus ihr kam auch die Initiative, das frühere Armenhaus für die Nachwelt zu erhalten. Was es damit genau auf sich hat, weiß Mitglied Werner Lindner am Besten: „2001 stand das Haus kurz vor dem Einsturz. Ein paar Leute aus dem Ort machten es sich zur Aufgabe, es zu retten – als Geschichtszeugnis, aber auch als Zeugnis christlicher Nächstenliebe.“ Denn mit dem Armenhaus schufen die selbst nur wenig wohlhabenden Dorfbewohner für ihre noch ärmeren Mitmenschen das sprichwörtliche „Dach über dem Kopf“. Heute dient das Armenhaus als Pilgerherberge und als Museum, „in dem vor allem Schulklassen erleben können, wie die Menschen früher gelebt haben“.
Nachtrag: Der Heimatverein Königsbrück ist unlängst mit dem Sächsischen Bürgerpreis in der Kategorie „Kulturhistorisches Erbe erlebbar machen“ ausgezeichnet worden.