Eigeninitiative beim Ausbau der Ladeinfrastruktur gefragt
Im Centrum-Parkhaus der Spreestadt halten die Energie- und Wasserwerke Bautzen seit Kurzem zwei zeitgemäße Ladestationen für Elektrofahrzeuge vor. Diese lösen eine alte Anlage ab. Foto: AB
Region. Was lange währt, wird nun auch im Fall des Bautzener Centrum-Parkhauses endlich gut: Eine bereits für das Frühjahr 2019 von der Stadt in Aussicht gestellte moderne Ladestation für Elektrofahrzeuge ist jüngst in Betrieb genommen worden. Damit kommt die Kommune vor allem Nutzern von E-Autos entgegen, bei denen sich das Aufladen aufgrund der bislang vor Ort vorzufindenden, veralteten Technik als problematisch erwies. „Ja, es ist richtig, dass die Ladestation im Parkhaus ‚Centrum’ nicht mehr von allen Elektrofahrzeugtypen vollumfänglich genutzt werden kann“, sagte bereits im Dezember 2018 ein Rathaussprecher. „Die Ladesäule wurde im Sommer 2011 eingeweiht. Zu dem Zeitpunkt gab es andere Parameter zu erfüllen. Daher ist die Ladeleistung mit heutigen Ladesäulen nicht vergleichbar und auch nicht mehr zeitgemäß.“
Mehr E-Autos – bessere Lademöglichkeiten nötig
Nun haben die Verantwortlichen geliefert. Künftig lassen sich die Akkus von E-Autos über Typ-2-Steckdosen mit Strom betanken. Das Ganze erfolgt bei einer maximalen Leistung von 22 Kilowatt. Auf diese Weise gerät der Ladevorgang auch nicht zu einem übermäßig langen Geduldsspiel. Vor Ort zu finden sind zwei Ladestationen, die künftig auf den Standard heutiger Fahrzeuge ausgerichtet sind. „Geladen werden kann auf Parkflächen, die ausschließlich für diesen Zweck vorgesehenen sind“, erklärte eine Sprecherin der Beteiligungs- und Betriebsgesellschaft Bautzen mbH (BBB). Die Stadttochter betreibt das Parkhaus. „Der Ladevorgang ist komplett in das installierte Parksystem integriert und erfordert somit keine Mitgliedschaft bei einem Anbieter für Ladestrom. Da es neben vielen Touristen auch zahlreiche Dauerparker gibt, ist es der BBB wichtig, allen eine einfache Lademöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Anmeldung und Bezahlung erfolgen mit dem Parkticket oder der Dauerparkkarte direkt über die Kassenautomaten.“
In Hinblick auf die rasch zunehmende Zahl an Elektrofahrzeugen im Landkreis und in der Stadt selbst kommt diese Investition zur rechten Zeit. Laut einer von der Bautzener Kreisverwaltung zur Verfügung gestellten Statistik sind in deren Einzugsgebiet mit Stand Dienstag dieser Woche insgesamt 559 E-Fahrzeuge zugelassen gewesen, darunter 101 in der Spreestadt. Zum Vergleich: Noch im vergangenen Jahr wurden landkreisweit lediglich 207 reine Elektroautos registriert. Hinzukamen 172 sogenannte Plug-In-Hybride. Indes wird bis zum Jahr 2030 der Anteil von elektrisch betriebenen Personenkraftwagen (Pkw) weiter steigen. Einer Untersuchung zufolge erwarten Experten bis dahin zwischen 8.500 und 24.400 E-Pkw. Im Mittel gehen sie von rund 16.400 Elektrofahrzeugen aus, darunter knapp 6.000 Plug-In-Hybride.
Kommunen setzen auf privates Engagement
„Die im Auftrag des Landkreises tätige Energieagentur informiert Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen zu Förderprogrammen für Ladeinfrastruktur und unterstützt je nach Bedarf bei der Beantragung der Fördermittel“, legte eine Landratsamtssprecherin dar. „Der Ausbaubedarf wird seitens der Energieagentur des Landkreises ähnlich wie im Elektromobilitätskonzept bewertet. Ne-ben den Privatpersonen, die sich Elektrofahrzeuge anschaffen und parallel meist in Ladeinfrastruktur – also in eine heimische Wallbox – investieren, werden insbesondere die Unternehmen in der Region als Investoren gesehen. Die Fahrzeuge der Mitarbeiter stehen während des Arbeitstages beim Arbeitgeber und können in dieser Zeit auch mit geringen Ladeleistungen geladen werden. Über eine herkömmliche Haushaltssteckdose, die vorher aber von einem Elektriker aufgrund der zu erwartenden dauerhaften Leistungsentnahme überprüft werden sollte, können rund zwei Kilowatt Leistung entnommen werden. Während eines achtstündigen Arbeitstages können somit 16 Kilowattstunden Strom geladen werden, was einen Reichweitenzuwachs von rund 100 Kilometern bedeutet. Punktuell müssen natürlich auch höhere Ladeleistungen bereitgestellt werden. Durch Förderprogramme wird gegebenenfalls eine Mindestladeleistung pro Ladepunkt gefordert. Wallboxen für private Haushalte werden beispielsweise derzeit mit 900 Euro bezuschusst, wenn diese eine Ladeleistung von mindestens elf Kilowatt aufweisen. Ein ähnliches Förderprogramm wird für die gewerbliche Ladeinfrastruktur für Mitte 2021 erwartet.“
Auf Eigeninitiative setzt auch die Stadt Bischofswerda. Als gutes Beispiel führte Rathaus-sprecher Sascha Hache das Engagement eines Autohauses an. Dieses plane aktuell den Aufbau einer größeren Ladeinfrastruktur direkt am Schiebocker Standort. Wie der Stadtmitarbeiter außerdem erklärte, werde mit der momentan laufenden Erarbeitung eines Verkehrsentwicklungskonzeptes für Bischofswerda sicherlich auch die E-Mobilität mit dafür benötigter Infrastruktur näher betrachtet. „Für den Aufbau einer stadteigenen Infrastruktur sind aber zum derzeitigen Zeitpunkt – auch in Ermangelung eines kommunalen Stadtwerkes – keine Möglichkeiten gegeben.“
Aus den Reihen der Bautzener Stadtverwaltung hieß es, dass es nicht die Aufgabe der Kommune sei, Ladeinfrastrukturen vorzuhalten. „Sie können das mit Tankstellen vergleichen, die werden auch nicht von einer Kommune gebaut oder betrieben“, teilte auf Anfrage der kommissarische Pressesprecher Markus Gießler mit. „Dementsprechend gibt es in der Haushaltsplanung auch keinen direkten Posten dafür, sondern es wird pro Fall, wenn es sich anbietet, Förderung beantragt.“
Stammtisch für E-Autofahrer in Vorbereitung
Vollkommen unabhängig davon sei im Arbeitsplan der Energieagentur des Landkreises Bautzen vorgesehen, ab diesem Jahr einen „Stammtisch“ zu initiieren. Mitwirken sollen dort Enthusiasten und Interessierte am Thema Elektromobilität, wozu auch Unternehmen oder Vertreter der kommunalen Verwaltungen gezählt werden. Da es dieses Veranstaltungsformat bislang nicht gab, werde die Sinnhaftigkeit einer ersten Veranstaltung im digitalen Format kritisch gesehen, aber nicht als unmöglich betrachtet.
Doch die Elektromobilität stößt nicht nur auf Wohlwollen. Es gibt auch zahlreiche Vorurteile. Dazu gehört beispielsweise das Recycling von Fahrzeugakkus. Mit der Thematik befasst sich ein Unternehmen mit Sitz in Kamenz. Kürzlich habe dieses eine Förderzusage für eine Pilotanlage für das mechanische Recycling von Akkus erhalten, so die Landratsamtssprecherin. „Bevor es allerdings zum Recycling kommt, geht man davon aus, dass die meisten Fahrzeugakkus in die ‚Second-Life-Anwendung’ geführt werden. Sie werden entsprechend aufbereitet und können dann unter anderem in privaten Haushalten als Stromspeicher für die Solaranlage eingesetzt werden. Recyclingbedarf entsteht somit erst nach rund 20 Jahren Lebensdauer des Akkus.“
„Das Beispiel zeigt, dass neben der Produktion von Batterien sehr genau auf das Recycling geachtet werden muss“, betonte indes der Kamenzer Oberbürgermeister Roland Dantz. „Denn Entsorgung kann nicht heißen, dass wichtige Wertstoffe in den Hochofen wandern, sondern umweltschonend und ökonomisch wiederverwendet werden. In diesem Zusammenhang muss es dann sicherlich nicht mehr sehr betont werden, dass auch hier das bestehende Netzwerk zwischen Forschung und praktischen Anwendern weiterhin eine starke Rolle spielen wird. Für unseren Wirtschaftsstandort heißt das, dass wir auch weiterhin auf Zukunftstechnologien setzen.“ Vor diesem Hintergrund werde selbstverständlich die Notwendigkeit gesehen, in die entsprechende Ladeinfrastruktur zu investieren. „Unser Schwerpunkt besteht gegenwärtig darin, dass wir mit der Stadt Hoyerswerda und anderen Kommunen Wachstumsstrategien entwickeln, die es uns beispielsweise ermöglichen, dass wir über sehr forschungsaffine Projekte letztendlich weiter Arbeitsplätze generieren.“