Ein Feuerchen vor dem Tanklaster
Peter Sonntag vor dem Pavillon am Eingang zum Neuen Lager, in dem sich die Dokumentation befindet. Der Uhrturm stammt vom früheren kaiserlichen Postamt auf dem Kasernengelände.
Mediendesignerin Karina Klotsche aus Höckendorf hat im Auftrag des Heimatvereins die Infotafeln gestaltet.
Königsbrück ist keine gewöhnliche Kleinstadt. Dies machen zwei kürzlich abgeschlossene Projekte des Heimatvereins deutlich, die man jetzt erkunden kann.
Königsbrück. „Wer erinnert sich nicht an das Foto, wo die zwei Landser ein Feuer machen, um sich was zu essen zu kochen, und fünf Meter dahinter steht der Benzintanklaster.“ Peter Sonntag kann heute lachen, wenn er darüber spricht; doch die Folgen hätten verheerend sein können. „Das ist die Russenzeit, wie wir sie erlebt haben“, sagt der Vorsitzende des Königsbrücker Heimatvereins und fügt hinzu: „Die Russen waren ja nicht irgendwelche Gespenster; wir haben mit ihnen gelebt und wussten, wie man mit ihnen umgeht, und so sind wir miteinander zurechtgekommen.“
Wohl jeder Königsbrücker im Alter von über 50 Jahren kann eine Episode über dieses Zusammenleben erzählen. Es ist ein Teil der Geschichte dieser Stadt, die wie wohl in keinem anderen Ort Sachsens vom Militär geprägt wurde. Deshalb war es auch laut Peter Sonntag „ein Muss, das bisher gefehlt hat“, die Militärgeschichte der Stadt Königsbrück für Einheimische ebenso wie für Besucher erlebbar zu machen und dokumentarisch aufzuarbeiten. Und wo würde das besser funktionieren als an der Stelle, wo die Soldaten fast ein Jahrhundert lang ein und aus gingen – am Eingang zum so genannten „Neuen Lager“. 1907 war es, als mit dem Bau der Anlage vor den Toren von Königsbrück begonnen wurde. Im Laufe der Zeit entstanden hier Einrichtungen, von denen vergleichbare Kleinstädte nur träumen konnten – zum Beispiel ein für ambitionierte Wettkämpfe taugliches Bad.
„Unsere Dokumentation beleuchtet die Geschichte von der Entstehung des ersten Schießplatzes 1893 über die Kaiserzeit und den 1. Weltkrieg, die Zeit des Nationalsozialismus und des 2. Weltkrieges bis zur Russenzeit, die mit dem Abzug 1992 endete“, berichtet Peter Sonntag. Dabei wird auch ein ausführlicher Blick auf die zahlreichen Dörfer geworfen, die für den angrenzenden Truppenübungsplatz weichen mussten, und dargelegt, wie sich dieser zu Sachsens größtem Naturschutzgebiet wandelte. Geschaffen hat die Informationstafeln die Höckendorfer Mediendesignerin Karina Klotsche.
„Dabei geht es uns keineswegs um eine Glorifizierung des Militärs“, versichert der Vorsitzende des Königsbrücker Heimatvereins. Dies wird besonders einige hundert Meter weiter entlang der Hoyerswerdaer Straße in Richtung Schmorkau deutlich, wo ein ausgefahrener Waldweg in Richtung des riesigen Solarfeldes führt, das heute weite Teile des früheren Neuen Lagers bedeckt. Unvermittelt sieht sich der Besucher hier einem riesigen Obelisken gegenüber, dem so genannten Sachsenstein. „Er wurde 1929 zum Gedenken an alle Sachsen errichtet, die im 1. Weltkrieg gefallen sind“, weiß Peter Sonntag. „Er war halb verschüttet und zugewachsen, wir haben eine Zuwegung geschaffen und den Stein wieder zum Mahnmal gemacht – zum Mahnmal dafür, was Krieg bedeutet.“
Der Heimatverein Königsbrück hat über den Winter auch noch eine zweite neue Attraktion geschaffen, nämlich einen kulturhistorischen Informationspfad rund um die Stadtkirche. „Damit bringen wir den Besuchern die zahlreichen Attraktionen in und vor der Kirche sowie die Sehenswürdigkeiten der Stadt näher“, so Vorsitzender Peter Sonntag. Außen gehören dazu unter anderem das Epitaph für Louise Gräfin von Hohenthal, die eine der ersten Kindereinrichtungen in Sachsen (das noch heute existierende Louisenstift) begründete, und das Familiengrab der Familie Naumann, die der Welt unter anderem die gleichnamige Nähmaschine bescherte.
Im Inneren der Kirche lockt vor allem das restaurierte Schellendorff-Epitaph (der Oberlausitzer Kurier berichtete mehrfach). Und natürlich weisen die Tafeln auch auf die größte Königsbrücker Attraktion, die Kamelien, hin, die in diesem Jahr coronabedingt leider ein verstecktes Dasein führen müssen.