Ein fotografisches Urgestein wird 90 Jahre alt

An seinem winzigen Arbeitszimmer in seinem Haus in Crosta bei Großdubrau hat Rolf Dvoracek die Fotografien für die Kabinettausstellung ausgesucht, die im September im Museum Bautzen stattfinden wird. Foto: Carmen Schumann
Bautzen. Die Fotoausstellung „Die Suche nach dem perfekten Augenblick“ wurde vor knapp zehn Jahren zu einem gewaltigen Erfolg für das Museum Bautzen. Anlässlich seines 80. Geburtstages richteten die Mitarbeiter dem Fotoreporter und Journalisten Rolf Dvoracek eine Schau aus, die einen Rückblick auf sein Lebenswerk darstellte und ungewöhnlich viele Besucher anzog.
Der die Schau begleitende Katalog erlebte sogar eine Nachauflage. All das ist kein Wunder, denn Rolf Dvoracek war über all die Jahre seines Schaffens ein Chronist der Entwicklungen in seiner Heimatstadt Bautzen und darüber hinaus. Für verschiedene Medien und andere Auftraggeber hielt er das Geschehen mit seiner Kamera fest. Die Ausstellung von 2016 zeigte den Fotografen in all seinen Facetten.
Nun ist anlässlich seines 90. Geburtstages eine kleine, aber feine Kabinettausstellung unter dem Titel „Photo-Graphische Spitzlichter“ geplant, die allerdings erst im September eröffnet wird. Gemeinsam mit dem Museumsmitarbeiter Hagen Schulz hat Rolf Dvoracek eine Auswahl von rund 60 Fotografien getroffen, die vor allem die künstlerische Handschrift des vielseitigen Fotografen zeigen. Es werden ausschließlich schwarz-weiße Fotografien sein, die mit dem Kontrast von Licht und Schatten spielen. Immer wieder hatte Rolf Dvoracek kreative Ideen, wie etwa die Frau am Strand, die ihre langen nassen Haare mit Schwung zurückwirft. Ein Motiv, das von anderen Fotografen gerne kopiert wurde. Gerade bei den schwarz-weißen Fotografien nutzte Rolf Dvoracek oft das Gegenlicht, welches besondere Stimmungen hervorrufen kann.
Die Kabinettausstellung, auf die man sich jetzt schon vorfreuen kann, ist nicht die erste von Rolf Dvoracek im Museum Bautzen.
Bereits 1984 und 1989 waren von ihm große Personalausstellungen zu sehen. Außerdem beteiligte sich der Fotograf an zahlreichen nationalen und internationalen Fotoausstellungen und sechs Kreisfotoschauen. Er gab auch mehrere Bildbände heraus. In den 1980er Jahren war er Mitglied des Fotoclubs Bautzen, dem nahezu alle namhaften Fotografen aus Bautzen und der näheren Umgebung angehörten. Den Kontakt zu anderen Fotografen schätzte er sehr, weil er sich dadurch auch mit anderen Sichtweisen auseinandersetzen konnte.
Rolf Dvoraceks bildkünstlerischer Werdegang scheint ihm in die Wiege gelegt worden zu sein. Denn sein tschechischer Vater war Landschaftsgärtner, malte Aquarelle und hielt seine Umgebung mit einer Balgenkamera auf Rollfilm fest. Auch die Dunkelkammerarbeit schaute sich Rolf Dvoracek bei seinem Vater ab.
Als Kfz-Zylinderschleifer-Lehrling konnte er sich seine erste Rollfilmkamera, eine „Pouva Start“ leisten. Fortan sei kein Motiv mehr vor ihm sicher gewesen, wie er lächelnd anmerkt. An sein erstes veröffentlichtes Pressefoto kann er sich noch ganz genau erinnern. Es war ein Bild von der Kranzniederlegung auf dem sowjetischen Friedhof in Bautzen. Die Zahl seiner danach erschienenen Fotos geht in die Hunderttausende. Viele für die Stadtgeschichte wichtige Motive werden im Stadtarchiv für die Nachwelt aufbewahrt.
Vor 25 Jahren verlegte Rolf Dvoracek seinen Lebensmittelpunkt nach Crosta, wo er die ländliche Ruhe schätzt. Noch immer geht er kaum ohne Kamera aus dem Haus. Er sagt dazu: „Früher habe ich die Motive gesucht, heute nehme ich sie auf, wenn sie mir über den Weg laufen.“ Das sind vor allem Landschaften, die Natur und Architektur.
Mit seinen 90 Jahren ist der Fotograf immer noch geistig rege. Dies sei wohl auch die Voraussetzung gewesen, so ein hohes Alter erreicht zu haben. Man müsse immer in Bewegung bleiben und am Leben teilhaben, so umreißt Rolf Dvoracek das Geheimnis seines hohen Alters.