Ein Leuchtturm, der nach unten ragt
Domowina-Vorsitzender Dawid Statnik erhielt von Prof. Günther Hasinger eine Granitscheibe aus etwa 190 Metern Tiefe als Dank für seine Unterstützung.
Das Deutsche Zentrum für Astrophysik hat jetzt erste Ergebnisse seiner Probebohrung bei Cunnewitz vorgestellt. Diese bestätigen die bisherigen Hoffnungen. Die Bürger haben aber auch ganz bodenständige Fragen.
Cunnewitz. Die Lausitz ist einzigartig. Diese Erkenntnis stellt für die hier Lebenden keine Überraschung dar. Und doch kommt jetzt noch ein ganz neuer Aspekt der Einzigartigkeit hinzu: Nämlich der geologische. „Wir haben hier einen Schatz gefunden, den wir heben und mit dem wir weiter arbeiten wollen“, sagt Professor Günther Hasinger. Der wissenschaftliche Direktor der Europäischen Weltraumagentur (European Space Agency, ESA) ist zufrieden mit den Ergebnissen der Probebohrungen bei Cunnewitz (Gemeinde Ralbitz-Rosenthal), die den ersten Schritt für die Errichtung eines unterirdischen astrophysikalischen Forschungslabors („Low Seismic Lab“) bilden.
„Wir haben hier eine nahezu störungsfreie Granitplatte mit einer Ausdehnung von etwa 20 Kilometern gefunden“, berichtet der Wissenschaftler, der zu den Ideengebern für das Projekt zählt, das sich um den Zuschlag als eines von zwei Großforschungszentren im Zuge des Strukturwandels in den sächsischen Braunkohleregionen bewirbt.
Allerdings sind die Bohrungen noch nicht beendet: „In einem nächsten Schritt wollen wir Seismometer in die Bohrlöcher hinablassen, die uns beweisen, dass es sich hier tatsächlich um einen der ruhigsten Orte auf der Erde handelt“, so Prof. Hasinger.
In diesem Fall könnte hier nicht nur das bereits genannte Labor, sondern auch das so genannte „Einstein-Teleskop“ entstehen, das in einem gleichseitigen Dreieck von zehn Kilometern Kantenlänge tief unter der Erde untergebracht werden soll. Dieses Teleskop dient der Erforschung von Gravitationswellen und ist nicht Bestandteil des Projektes, mit dem sich das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) im Zuge des Strukturwandels bewirbt.
Was genau unter der Lausitzer Erde gefunden wurde, beschreibt Sebastian Weber vom Landesamt für Umwelt und Geologie: „Zunächst mussten wir, wie erwartet, eine Schicht von Lockergestein durchstoßen. In 57 Metern Tiefe stießen wir dann erstmals auf Granodiorit.“
Dieser steht vergleichsweise dicht unter der Oberfläche: „Er wurde im Zuge der Entstehung des Elbsandsteingebirges nach oben geschoben“, so Günther Hasinger. Die extrem homogene Granitplatte erstreckt sich laut der an der Auswertung der Daten beteiligten Physikerin und Professorin Michéle Heurs „diamantenförmig“ im Umkreis von Kamenz, das „an einer der Ecken“ liegt. Das „Low Seismic Lab“, so die Wissenschaftlerin von der Universität Hannover, könne man sich als eine unterirdische Plattform in etwa 250 Metern Tiefe mit einer Ausdehnung von etwa 30 mal 30 mal 40 Metern vorstellen.
Zu den Unterstützern des Vorhabens zählt Dawid Statnik, der Vorsitzende des Domowina – Bund Lausitzer Sorben e.V. Er bezeichnnet die Probebohrung als „Wallfahrtsort eines Strukturwandels, der diesen Namen wirklich verdient.“ Gleichwohl betont er, dass „wir alle Bewerbungen mit Interesse und Sympathie verfolgen“ – neben dem Low Seismic Lab zählen dazu das Bauforschungszentrum (Lausitz Art of Building) sowie ein Zentrum für die Erforschung der Grundlagen von Weltraumstationen auf Mond und Mars. Allerdings steche das DZA-Projekt, was Transparenz und Einbeziehung der Bevölkerung anbelangt, positiv heraus.
Dass das Vorhaben in der Gemeinde Ralbitz-Rosenthal Hoffnungen, aber auch Sorgen auslöst, machte Gemeinderat Tilo Sauer (CDU) deutlich. Er warb darum, Befürchtungen auszuräumen, dass die unterirdische Infrastruktur im Falle eines Scheiterns der Bewerbung später für das atomare Endlager der Bundesrepublik Deutschland genutzt werden könnte. Die Entscheidung über den Zuschlag fällt voraussichtlich Ende September. „Doch auch wenn wir nicht dabei sind, versuchen wir weiter, den Schatz der Lausitz zu heben“, versichert Prof. Günther Hasinger – dann müsste man aber andere Finanzierungsquellen finden. Und auch die Frage, wie sich das Forschungslabor mit Windrädern verträgt, beschäftigt die Gemeindebürger. „Im Umkreis von drei Kilometern“, so Michéle Heurs, würden diese wohl stören.
Kommentare zum Artikel "Ein Leuchtturm, der nach unten ragt"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Herr Frank B: Miesmachen kann jeder. Das sollte doch aber dann lieber mit den Mindestkenntnissen in Rechtschreibung geschehen...
Die Lausitz als Spielball,
eine Bohrung belegt eine nahezu störungsfreie Granitplatte von ca. 20km? Ja, das unter Cunnewitz Granodiorit liegt ist bekannt, aber auch das keine Gesteinsformation mit einer Bohrung beschrieben werden kann. Seit Beginn der Endlageraufsuche weiß man, wieviel Bohrungsdaten über das infrage kommende Gebiet vorliegen - fast nix.
Im Kurzantrag vom DZA stand nichts vom "Low Seismic Lab" - wahr wohl in dieser Phase noch zu klein. Jetzt buddelt man es heraus, da das Einstein-Teleskop ja eigentlich primär entweder in Sardinien oder am Niederrhein stehen soll. So wurde dies ein Zugpferd der Bewerbung für ein Großforschungszentrum, welches nie einen Lausitzer Karren ziehen wird.
Für die zentrale Lausitz bleibt also ein 30x30x40m großes Loch vollgestopft mit Messinstrumenten und 5 Wissenschaftlern. Welche Struktur soll da gewandelt werden - ach ja, die in Görlitz. Wo waren geographisch jetzt nochmal die Kohleregionen?
Als interessierter Bürger würde mich vielmehr interessieren ob die regionalen Steinbrüche, welche mit Betriebsgenehmigungen bis weit in die vierziger Jahre glänzen können, jetzt auf erschütterungsfreies Sprengen umstellen. Oder ist der Wissenschaftsdirektor der ESA vielleicht ein Magier der großen Laboratoriumsillusionen?