Ein neuer Name für die Brüdergemeine?
Der Herrnhuter Gottesacker zeichnet sich im Unterschied zur barocken Friedhofskultur durch betonte Schlichtheit der Gestaltung aus. Foto: Konrad Fischer
Hat ein hierzulande traditionsreicher Name mit weltweiter Ausstrahlung bald ausgedient? Auf der letzten Synode hat eine Gruppe von Jüngeren den Antrag eingebracht, die Kirche möge darüber eine Diskussion führen, ob der Name Brüdergemeine noch zeitgemäß ist.
Herrnhut. Nach ihrem Empfinden schließt er alle nichtmännlichen Mitglieder aus und kann somit die Herrnhuter Brüdergemeine für neue Interessierte vielleicht von vornherein unattraktiv machen. Solch eine Initiative gab es zuletzt vor 25 Jahren schon einmal.
Der Vogtshof in Herrnhut ist der Sitz der Kirchenleitung der Herrnhuter Brüdergemeine. Foto: Archiv/Evang. Brüder-Unität/Peter Isterheld
Die Synode hat das Ansinnen angenommen und die Kirchenleitung, sprich Direktion, beauftragt, in der Breite der Gemeinden einen Gesprächsprozess in Gang zu setzen und ein Meinungsbild zu dieser Frage einzuholen.
Dieser Prozess hat nach weiteren Informationen von Erdmann Carstens, Pressesprecher der Herrnhuter Brüdergemeine, bereits begonnen: „Auf der nächsten Tagung der Synode 2024 wird dann berichtet und weitergearbeitet. Nicht von der Hand zu weisen ist das Argument, dass die ,Brüder’ im Kirchennamen zum einen auch heute einen Wiedererkennungswert haben und zum andern die starke Verbindung zu den eigenen Wurzeln (Böhmische Brüder bzw. Unitas Fratrum im 15. Jahrhundert) herstellen. Gleichwie, es ist ganz gewiss nicht unnütz, wenn sich die Brüdergemeine in Abständen mit ihrem Namen beschäftigt, um das darin enthaltene Programm zu verstehen. Wir wollen uns gern die Zeit dafür nehmen.“
Die Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine, so der vollständige Name, ist eine kleine evangelische Kirche mit 16 Gemeinden in ganz Deutschland und weiteren Gemeinden und Versammlungsformen in mehreren europäischen Ländern, allen voran in den Niederlanden. In ihrer Theologie unterscheidet sie sich nicht von anderen evangelischen Kirchen.
Unterschiede werden vor allem im kirchlichen Leben sichtbar, etwa in der Gestalt der Kirchenräume (Kirchensäle), der Friedhöfe (Gottesacker) und in der Form der Gottesdienste. Mitglieder der Brüdergemeine können zugleich Mitglieder in einer Landeskirche sein. Die Brüdergemeine ist ökumenisch aktiv in einer vielfältigen Zusammenarbeit mit anderen Kirchen.
Sie ist vor 300 Jahren entstanden. Glaubensflüchtlinge aus Mähren (heute Tschechien) gründeten den Ort Herrnhut in der Oberlausitz auf dem Gut des frommen Grafen Zinzendorf. Die Idee, in Gemeinschaft nach einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus zu suchen, hatte in dieser Zeit eine enorme Anziehungskraft, vor allem auf junge Menschen, auch aus anderen christlichen Traditionen. Schnell breitete sie sich aus und schon nach kurzer Zeit gingen Missionare nach Übersee, um mit versklavten Menschen das Evangelium zu teilen, die Entdeckung, die sie selbst gemacht hatten und die sie begeisterte. International „Moravian Church“ (mährische Kirche) genannt, ist die Brüdergemeine deshalb heute mit weit über eine Million Menschen weltweit verbunden.
Nicht nur in Deutschland ist sie außerdem bekannt für die „Losungen“, ein bei vielen Christen beliebtes Andachtsbuch, und für die Herrnhuter Sterne.