Ein Ort der Ewigkeit im Wandel der Zeit
Friedhofsverwalter Robert Eckhardt vor einer Gruft an der einzigartigen Gruftstraße Foto: Benjamin Vogt
Der Bautzener Taucherfriedhof ist der größte in der Stadt und wenn sein Verwalter recht hat, auch der schönste. Nächstes Jahr wird seiner Errichtung vor 500 Jahren gedacht. Doch auch dieser Ruheplatz für die Ewigkeit unterliegt dem Wandel.
Bautzen. Wenn man von der stark befahrenen Löbauer Straße durch das alte Tor bei der Taucherkirche den Friedhof betritt, kommt man in eine andere Welt. Wo man soeben noch vom städtischem Leben und Lärmumgeben war, taucht man ein in eine stille Welt. Und so wird erlebbar, was auch unsichtbar stattfindet, denn seit 500 Jahren gehen die Bautzener hier von der Geschäftigkeit ihres Lebens in den Schlaf der Ewigkeit ein.
Der Wächter über die Ruhe der Verstorbenen ist Robert Eckhardt. Er will nicht Friedhofsmeister genannt werden, weil er in seinen Augen nicht das Recht hat, einen Meistertitel zu tragen. Und so bezeichnet er sich als Friedhofsverwalter. Wobei er nicht nur für die Verwaltung zuständig ist, sondern für alles, was auf diesem Areal so passiert.
Seit 2012 ist der gebürtige Bautzener verantwortlich für die Menschen, die auf dem Taucherfriedhof ihre letzte Ruhe gefunden haben. Aber auch für die sechs lebendigen Angestellten, die ihn bei der Pflege unterstützen. Und für die vielen denkmalgeschützten Grabanlagen. Nicht zu vergessen all die Pflanzen, Bäume, Sträucher, den Rasen und den Efeu. Dabei muss der Friedhof sich finanziell vollständig selber tragen, auch wenn es projektbezogen Unterstützung von den Denkmalbehörden und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gibt.
Seit 2015 gibt deswegen nach dem Vorbild anderer Friedhöfe das Patenprojekt. Hierbei haben Interessierte die Möglichkeit, die Patenschaft für eine Grabstelle zu übernehmen. Sie sind dann zuständig für die bauliche Erhaltung des Objekts und die allgemeine Pflege, wobei sie vom Friedhofsteam unterstützt werden. Verbunden mit dieser Verantwortung ist das Recht, sich selbst an der jeweiligen Grabstelle beisetzen zu lassen. „Durch die Grabpatenschaft hat der Pate die Chance, schon früh alles zu planen, damit im Ernstfall keine Probleme durch Unklarheiten entstehen, wie es leider immer wieder vorkommt“, so Robert Eckhardt. Das Patenprojekt selber hat bis jetzt noch eine geringe Nachfrage erfahren, auch wenn diese in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Vielleicht führten die Ereignisse der letzten Jahre bei Einigen auch zu einem tieferen Nachdenken über das eigene Ende. Neben der Patenschaft gibt es auch die Möglichkeit, das komplette Nutzungsrecht für eine Grabstätte zu erwerben: „Das ist mir eigentlich das Liebste, dann ist der Friedhof nicht mehr in der Verantwortung“, so der Chef.
Denn auch der steht vor mancherlei Herausforderungen, die zusätzlich zu den allgemeinen Aufgaben gemeistert werden müssen. Zuerst wäre da die direkte Konkurrenz zum Michaelisfriedhof, der von einer Gesellschaft der Stadt betrieben wird. Durch diese Anbindung an ein großes städtisches Unternehmen hat er auch finanziell ganz andere Möglichkeiten, sich im Wettbewerb zu behaupten. „Wenn der städtische Friedhof die Preise festsetzt, kann ich nicht viel höher gehen, da sich dann noch mehr Menschen gegen den Taucherfriedhof entscheiden“ Und am Ende wird der „Gottesacker zum Taucher“, wie er vollständig heißt, nur von den Friedhofsgebühren finanziert.
Des weiteren hat sich in den letzten Jahrzehnten die Bestattungskultur in Deutschland stark geändert. „Wir haben im Jahr ca. 330 Beisetzungen. Davon werden inzwischen ungefähr 90 in einer Gemeinschaftsanlage mit Namensnennung und 90 anonym bestattet“ so Eckhardt. Für die Zeiten, als die Sargbestattung die Übliche war, ist der Friedhof aber geplant und im Laufe der Geschichte auch immer wieder erweitert worden. Der Wandel zeigt sich in den vielen leeren Plätzen und Reihen auf der Anlage. Der Verwalter wünscht sich, dass auch der Umgang mit dem Tod in der Gesellschaft wieder eine höhere Wertschätzung erfährt. So könne er nicht verstehen, wenn auf einer Trauerfeier zahlreiche Menschen das Wegscheiden eines lieben Angehörigen betrauern und es dann aber nur für die „Grüne Wiese“ reicht.
Aber auch in anderen Punkten würde sich Robert Eckhardt mehr Anstand und Würde von den Besuchern wünschen. So ist es zum Beispiel nach der Friedhofsordnung untersagt, auf dem Gelände seinen Hund auszuführen oder Fahrrad zu fahren. Der Verfasser dieser Zeilen konnte sich selbst davon überzeugen, wie beide Verbote ignoriert wurden und bei Ermahnung sogar noch wüste Kommentare zur Folge hatten. Einige nutzen den Friedhof aber auch auch zur Einnahme schöngeistiger Getränke, was auch mal eine Anzeige nach sich ziehen kann. Eckhardt würde sich wünschen, dass auch die Ordnungskräfte bei ihren Rundgängen den Friedhof wieder mehr in den Blick nehmen würden, damit der würdig-besinnliche Charakter der Anlage erhalten bleibt.
Denn diese ist mit der Fülle ihrer Sehenswürdigkeiten einzigartig in Bautzen. Sei es durch die zweigeschossige Francksche Gruft, in der jedes Jahr durch den evangelischen Schulverein Stipendien für herausragende Schüler vergeben werden, sei es durch das sechseckige Beinhaus, welches an der Stelle errichtet wurde, an dem die erste Taucherkirche stand, die 1523 aus dem damaligen Stadtwald bei Uhyst nach Bautzen umgesetzt wurde und dem Friedhof seinen Namen gab. Oder aber auch die Taucherkirche selbst, die noch in den 80er Jahren als Materiallager genutzt wurde und heute in ihrer schlichten Schönheit mit der 2008 restaurierten Orgel zur Andacht einlädt.Wer selbst eintauchen will in diese stille Welt, hat dazu am 11. September die Gelegenheit. Denn an diesem Tag findet der Tag des offenen Denkmals auch auf dem Taucherfriedhof statt.