Ein weiterer Meilenstein für das Schwepnitzer Schloss
Torsten Winger hat große Pläne für das Schwepnitzer Schloss – aber wie alles hängt auch deren Verwirklichung von den „Mitteln“ ab.
Torsten Winger will dem 1996 von einem Brand zerstörten Gebäude wieder Leben einhauchen. Einen ersten großen Erfolg kann er jetzt präsentieren.
Schwepnitz. 1387, 1852 und 1996 – diese Jahreszahlen spielen in den bisherigen historischen Abhandlungen über das Schwepnitzer Schloss wichtige Rollen. 1387 wurde in dem Ort zwischen Kamenz und Senftenberg erstmals ein Herrensitz erwähnt; 1852 fiel dieser einem Blitzschlag zum Opfer und wurde nachfolgend in dem neogotischen Stil wieder aufgebaut, an den sich die älteren Bewohner von Schwepnitz noch erinnern können. 1996 schließlich markierte den gravierendsten Einschnitt – am 10. November des genannten Jahres brannte das Schloss ab und führt seitdem ein Dasein als Ruine.
In künftigen Chroniken dürfte zu den drei bereits aufgeführten Jahreszahlen noch eine vierte hinzukommen: 2022. Am 12. November nämlich wird ein wichtiger Meilenstein in den Bemühungen um den Wiederaufbau erreicht – die Einweihung des neu eingerichteten Festsaals. Obwohl sich dieser gar nicht direkt im Schlossgebäude befindet, kommt ihm eine wichtige Bedeutung zu: „Mit den Möglichkeiten, die uns der Saal bietet, können wir Einnahmen generieren, die der künftigen Sanierung zu Gute kommen“, erklärt Torsten Winger. Und die wird er auch brauchen: Seit 2014 ist der Sachsen-Anhaltiner Eigentümer des Schwepnitzer Schlosses; an der Verwirklichung seiner Pläne arbeiten kann er aber erst seit der Einigung mit den Erben des früheren Besitzers im Jahre 2019. „Ich saniere schon seit vielen Jahren Immobilien und führe sie einer Nutzung zu“, erklärt der Elektromeister und Inhaber einer Firma für Elektro-, Ton- und Lichttechnik in Aken. Ein Herrenhaus fehlte ihm noch in seinem Portfolio. So machte er sich deutschlandweit auf die Suche und wurde am Rande der Königsbrücker Heide fündig. „Ich habe mich sofort in das Schwepnitzer Schloss verliebt“, sagt Torsten Winger heute.
Und das, obwohl sich das einst repräsentative Gebäude seit dem Brand 1996 in einem traurigen Zustand befindet. Immerhin existierte damals noch die Zwischendecke, die später im Zuge des fortschreitenden Verfalls einstürzte. So bestand die erste Aufgabe im Entrümpeln. Die erste Maßnahme an der Bausubstanz selbst wird darin bestehen, die Zwischendecke zu erneuern. Den darauf folgenden nächsten großen Schritt bildet die Erneuerung des komplett fehlenden Daches. Torsten Winger ist sich der Schwierigkeiten und Herausforderungen bewusst: „Corona, Materialmangel, Preissteigerungen und fehlende Fördermöglichkeiten erschwerten und erschweren die Verwirklichung des Projektes.“ Deshalb will er sich auch nicht auf einen Zeitplan festlegen.
Der Schlossbesitzer ist dennoch zuversichtlich, „eine Lösung zu finden.“ Immerhin muss das Dach im Ganzen erneuert werden, eine Aufteilung in mehrere Abschnitte ist nicht möglich. Anders als beim nachfolgenden Innenausbau – der kann so erfolgen, wie es die vorhandenen Mittel ermöglichen. Im Untergeschoss des Westflügels und im gesamten Obergeschoss plant Torsten Winger die Einrichtung von insgesamt 12 bis 13 Ferienwohnungen; im Untergeschoss des Ostflügels sind der Frühstücksraum und ein weiterer Saal vorgesehen. Die künftige Gestaltung des Schlosses soll sich an der des Wiederaufbaus nach 1852 orientieren. Die mächtigen Tonnengewölbe, die dem Bau sein Gepräge verleihen, bleiben dabei natürlich erhalten. Anders als der markante Schornstein, der nach dem Einsturz des Daches hoch über dem Gebäude thront. Ein wichtiges Anliegen bildet es für Torsten Winger, die Schwepnitzer Bevölkerung in sein Vorhaben einzubeziehen. „Schließlich diente das Schloss eine Zeitlang als Landwirtschaftsschule, und fast jede Schwepnitzer Familie hat einen Bezug dazu“, weiß er. Die Reste eines Lehr-Melkstandes erinnern noch daran. Und auch der frühere Speisesaal entstand in dieser Zeit – eben jenes Nebengebäude, in dem nun in wenigen Tagen der neu erschaffene Festsaal sowie das daran anschließende Schlosscafé eröffnet werden. Letzteres soll der Schlossverein betreiben, der quasi die Brücke zwischen Eigentümer und Dorfgemeinschaft bildet. Das Café soll eigene Einnahmen generieren, ebenso wie Veranstaltungen und „Wohnzimmer-Konzerte“ – das Erste ist bereits für den 25. März 2023 mit dem bekannten DDR-Sänger Gerd Christian fest vereinbart. Auch das benachbarte ruinöse „Gesindehaus“ spielt in Torsten Wingers Konzept eine wichtige Rolle: „Von ihm bleiben nur die Außenmauern stehen. Wir wollen hier 2023 einen Tresen und eine Toilettenanlage für unsere ab 2024 geplanten Freiluftkonzerte einbauen.“
Und dann wären da ja noch die verschiedenen Mythen und Legenden, die sich um das Schwepnitzer Schloss ranken und deren bekannteste besagt, dass sich in seinem Untergrund das berühmte Bernsteinzimmer befinden soll. „Immerhin stand es auf der Liste der Objekte, die die Stasi einer näheren Untersuchung für würdig befand, und es gab noch bis 1989 Suchbohrungen“, berichtet Torsten Winger.
Und Rätsel gibt das Schloss zur Genüge auf: Von den schier endlosen Hohlräumen, wo es offiziell gar keinen Keller geben dürfte, über den vermeintlichen unterirdischen Gang bis nach Grüngräbchen bis hin zu der Wendeltreppe, die vom Obergeschoss aus scheinbar ins Nirgendwo führt. Und auch wenn es vielleicht nicht das Bernsteinzimmer ist – für überraschende Entdeckungen dürfte Schloss Schwepnitz allemal gut sein. Wer weiß, welche künftigen Jahreszahlen noch Bedeutung erlangen …
Uwe Menschner
Service: Unter dem Motto „Schloss Schwepnitz in Flammen“ werden am 12. November Festsaal und Schlosscafé mit einer Lichtshow eröffnet. Torsten Winger, Vorstandsvorsitzender des Schloss Schwepnitz e.V., lädt alle Interessenten ab 15.00 Uhr ein, sich den neuen Festsaal anzusehen. Selbstverständlich ist auch für das leibliche Wohl gesorgt.
Kommentare zum Artikel "Ein weiterer Meilenstein für das Schwepnitzer Schloss"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Super eingerichtet, macht weiter so! Es ist schön, dass diesem mutwillig zerstörten Gebäuden wieder Leben eingehaucht wird! Bleibt zu hoffen, dass es auch von den Bewohnern unserer Gemeinde angenommen wird.
René Broschwitz, Schwepnitz