Ein Wellensittich, der am Christbaum zündelte
Ein Spielzeug-Stoff-Wellensittich wie dieser hätte das Malheur um den Christbaum verhindert. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Auf unserem Aufruf zur Advents- und Weihnachtsaktion „Schildern Sie uns Ihr ,verrücktes’ Weihnachten“ erreichten uns unter anderem diese beiden Leserbeiträge, die in unseren Printausgaben die Serie eröffneten.
Der Christbaum brennt:
Pechvogel zu Weihnachten
„Es begab sich zu einer Zeit, als Butter noch auf Lebensmittelmarken verkauft wurde, die Wasserrohre im Haus noch aus Blei und die roten Kerzen am Christbaum aus echtem Wachs waren – also gegen Ende der Fünfzigerjahre. Der Heiligabend lief damals gewöhnlich so ab, dass droben die Eltern das Abendessen servierten, dann ging Oma runter in ihre Stube, wo der vor Tagen geschmückte Weihnachtsbaum stand, um nach dem Weihnachtsmann zu sehen. Den bekam man aber nie zu Gesicht. Dafür holte sie Urgroßmutter aus ihrer Stube und rief uns zu sich runter.Voller Erwartung eilte ich mit den Eltern die Treppe hinab und ja, unterm Christbaum lagen bunte Päckchen mit Schleifen und Zetteln. Dieses Mal lief aber alles anders. Im Herbst hatte ein Wellensittich nebst Vogelbauer bei uns Einzug gehalten und der wurde mal oben bei den Eltern, mal unten bei Oma platziert. Weil nun der Baum jene Stelle in Großmutters Stube einnahm, wo Bubi gern am Fenster saß, hatte der Käfig in der Vorweihnachtszeit halt droben gestanden. Der Baum war wie immer mit Lametta, bunten Glaskugeln, Glöckchen, Engeln und Vögeln geschmückt. Weil der Winter kalt war, wurde die Stube vom Kachelofen gut beheizt. Die Nadeln der Fichte waren schon ein wenig trocken, wie man auf dem Boden sehen konnte. Vor gut einer Woche hatten die Erwachsenen den Baum geschmückt. Nur die Kerzen waren erst später draufgekommen und entzündet worden. Sie erhellten als einziges Licht den festlichen Raum. Dieses Jahr war eben auch das Bauer mit dem Wellensittich mit die Treppe runter zu Oma gewandert. Und weil ich solange zögerte, den Bubi doch aus dem Käfig zu lassen, machte einer der Erwachsenen halt das Türchen auf. Bubi kam zwar heraus, aber weil der Raum nun so ungewohnt und wenig beleuchtet war, konnte sich der Vogel nicht orientieren und flatterte aufgeregt Runde um Runde unter der Zimmerdecke. Ob ihn nun die bunten Glasvögel am Baum angelockt haben mögen oder der Umstand, dass dort eigentlich ,sein Sitzfleckel’ war, weiß ich nicht. Bubi flatterte ein-, zweimal in den geschmückten Christbaum, wobei er zwei der brennenden Kerzen umriss. Einen Augenblick später begannen die Äste zu brennen. Vater, der eben den in der Ecke stehenden Spülwassereimer zur im Hausflur befindlichen Gosse bringen wollte, kippte geistesgegenwärtig und mit Schwung den Inhalt des Eimers auf das zündelnde Bäumchen. Das fiel erst gegen die Wand, dann nach vorn auf den Teppich. Die Kerzen gingen dabei aus und viele der Schmuckkugeln zu Bruch. Wie die Weihnachtsstimmung auch. Wir hatten später noch mehrere Wellensittiche, aber nie wieder durfte einer zum Fest das Bauer verlassen, erst als es in den 90er Jahren elektrische Lichterketten gab.“
Michael Geißler
Weihnachten ist Bockwurst
„Vor einigen Jahren ging ich mit unserem kleinen Sohn direkt am Heiligabend, 24. Dezember, nachmittags durch die schön beleuchtete Stadt Löbau. Mein Mann half noch in der Kirche zur Christvesper mit und ich hatte etwas Zeit. Diese nutzte ich für einen Weihnachtsspaziergang. Es war so still, kaum ein anderer war damals unterwegs. Das Wunder der Weihnacht war irgendwie zu spüren. Plötzlich hielt ein Auto neben mir, ein Mann stieg zügig aus seinem Auto aus und fragte mich: ,Sind Sie arm?’ Ich war perplex, meine ersten Gedanken waren, ob er Spenden einsammeln möchte oder Geld erbetteln wollte. Aber ich hatte gar kein Geld dabei. Also antwortete ich ihm in etwa: „Na ja, überreich sind wir nicht…“. Dann ging der Mann wieder zu seinem Auto und übergab mir eine sehr große Packung Bockwürste und einen Beutel Brötchen dazu. Er erklärte mir, dass er bereits in Görlitz arme Menschen gesucht hatte, um ihnen eine Freude zu machen. Aber diese wären nur schwer zu finden, das hatte er sich anders vorgestellt. Dann fuhr er weiter.
Nun hatte ich die ganzen Bockwürste und die Brötchen bekommen. Die Sache ist, dass ich Bockwürste nicht ausstehen kann. Also habe auch ich sie verschenkt. Ich habe die unerwarteten Gaben gleich zum CVJM Löbau gebracht. Die Würste wurden dort gern genommen: ,Weihnachten ist Bockwurst’.“
Anne Kaufmann
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