Erleichterung nach 80 Jahren Ungewissheit
Elfi Löffler ist von den Forschungen Lauren Leidermans (rechts) begeistert, die der 90-Jährigen viele offene Fragen nach über 80 Jahren unverhofft beantwortet haben. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Als Elfi Löffler im Niederschlesischen Kurier vom 6. Juni blätterte, traute sie ihren Augen kaum. Ihre Kindheitsfreundin Eva Goldberg, von der sie nicht wusste, ob sie den Holocaust überlebt hatte, war auf einem Foto mit Anne Frank zu sehen, deren berühmtes Tagebuch zum Symbol der Judenverfolgung wurde. Dazu die Erleichterung: Durch die Forschungen der Neu-Görlitzer US-Amerikanerin Lauren Leidermann weiß sie nun, was aus ihrer Freundin wurde.
Görlitz. „Vor fünf Jahren hatte ich mit der Sache eigentlich schon abgeschlossen und alte Fotos aus meiner Kindheit mit mir und meiner Freundin Eva Goldberg vernichtet“, sagt Elfi Löffler. „Nach über 80 Jahren wirst Du nie mehr etwas hören“, war ihre Annahme und sie schloss die Sache für sich ab. Doch nun standen ihr die Freudentränen in den Augen, auch weil Sie auf Vermittlung des NSK die junge Frau kennenlernen konnte, die ihr so viele Fragen beantwortet und die umgekehrt ihre Forschungen durch persönliche Erinnerungen komplettiert. Elfi Löffler berichtet davon, dass ihr Eva in der der Görlitzer Courbierstraße 10 (ul. Tadeusza Kosciuszki) aus dem Fenster in der 1. Etage ins Parterre Zettelchen mit Nachrichten an Bindfäden zukommen ließ, die sie auf gleichem Weg beantwortete. Doch die innige Freundschaft der beiden und auch ihrer Familien endete, als die Goldbergs nach dem Pogrom vom November 1938 sagten, sie würden versuchen über England rauszukommen. „Ich habe nie mehr etwas gehört und dachte, sie sei im KZ gestorben“, sagte die 90-Jährige. Und dann zeigt Lauren Leiderman Fotos aus Evas Poesiealbum, das im Holocaust-Museum in Washington zu sehen ist: „Die Hand bei der Arbeit, das Herz bei Gott. Dies schrieb Dir, liebe Eva Deine Freundin Elfi Löffler“, ist darin zu lesen und eine Seite zuvor ist noch ein zweiter Löffler’scher Eintrag – Elfi Löffler erkennt darin die Schrift ihrer Mutter. Lauren Leiderman, die das Schlesische Museum gerne zu einer Ausleihe aus Washington animieren möchte, ist begeistert und schreit: „Really?“ (Wirklich?) Und sie löst alles auf: Eva hat später in der Führerscheinstelle in Kalifornien gearbeitet, ihr jüdisch-sudetendeutscher Mann Bernhard Judd (zuvor Judkowitz) habe eine Reinigungsfirma betrieben, ehe beide bis zu ihrem Tod als Rentner in Las Vegas lebten. Lauren und Elfi treffen sich nun häufiger, denn die Nichte von Judd lebt noch in Los Angeles – weitere Lücken werden geschlossen.