Erster Film zum Abzug der SS-12 vom Taucher
Uhyst/Bautzen. Um die Raketen im Taucherwald dreht sich ein Dokumentarfilm, den Peter und Stefan Simank in den zurückliegenden Monaten recherchiert, gedreht und geschnitten haben. Sie machen damit regionale Geschichte lebendig. Gesendet wird er im MDR. Peter Simank hat den Taucherwald und die dortigen Bunkeranlagen vor einem Jahr zum ersten Mal gesehen. Damals stand bereits fest, dass er gemeinsam mit seinem Bruder Stefan, einen Film über die zwischen 1984 und 1988 im Taucherwald bei Großhänchen stationierten Raketen machen wird.
Viele Jahre war er am Taucherwald vorbei gefahren immer mit dem Wissen im Kopf: "Da waren mal die Atombomben." Die Idee für den Film kam aber erst vor eineinhalb Jahren und die mühsame Recherche begann. Peter Simank traf auf interessierte Menschen. Gemeinsam mit Axel Becker von der Bischofswerdaer Zeitzeugenbörse wurde ein Aufruf organisiert. Rund 40 Personen meldeten sich, um von ihren Erlebnissen zu berichten. Thomas Petzold von den Burkauer Natur- und Heimatfreuden konnte ebenfalls viele Hinweise zu den Bunkeranlagen geben. Geholfen hat der Geschichtsverein Königsbrück, die Aussagen der Zeitzeugen zu verifizieren.
"Schwieriger war es, die Sowjets zu kriegen", berichtet Peter Simank. Hier kam den Filmemachern der Zufall zu Hilfe. Anfang November trafen sich, organisiert vom Haus der Demokratie in Berlin, zwei Veteranen des Kalten Krieges vor einem Bunkern im Taucherwald zum friedlichen Handschlag. Nikolai Andrejewitsch Skiba war in den 80er Jahren Offizier der 119. Raketenbrigade der Roten Armee und damit auch für die SS-12 im Taucherwald verantwortlich. General a. D. Raymond E. Haddock hatte für die US-Armee das Kommando über die Pershing-II-Raketen in Westdeutschland. Freundschaftlich tauschten die Militärs Anekdoten aus. Auf konkrete Fragen bekam Regisseur Simank selten eine Antwort. "Plötzlich verstanden die Sowjets die deutschen Fragen nicht mehr oder konnten sich nicht erinnern", erzählt er. Dafür sind bei vielen befragten Bürgern die Erinnerungen an die 80er Jahre noch sehr präsent.
Schließlich war der Taucherwald von heute auf morgen zur Sperrzone erklärt worden. Sowjetische Soldaten patrouillierten, schwere Transporte rollten ausschließlich nachts durch die kleinen Orte und über die staubigen Wege. "Berichte vom Nebel, durch den die Fahrzeugkolonen fuhren, haben sich leider als haltlos erwiesen", bedauert Peter Simank. Es wären schöne Bilder fürs Fernsehen geworden, ergänzt er schmunzelnd.Gelungen ist es dem 45-Jährige stattdessen, einen Stasi-Offizier vor die Kamera zu holen. Dieser erzählt von dem riesigen Geheimnis, dass um den sowjetischen Militärstandort im Taucherwald gemacht wurde. Zu Wort kommen in dem 30 Minuten langen Film auch Burkauer Bürgermeister und andere Zeitzeugen.
So berichtet beispielsweise Marcel Hüsni über die Abfahrt des mit den Raketen beladenen Zuges im Bahnhof Bischofswerda. Als kleiner Junge hatte er für ein Foto direkt auf einem Eisenbahnwagen mit der Rakete gestanden. Der Burkauer Thomas Petzold ermöglichte dem Filmteam Simank einen Blick mit der Kamera in die alten Bunker. Vom Stützpunkt im Taucherwald ist nicht mehr viel übrig. Die wenigen Bunker sind leer. Die Gemeinde hat das ehemalige Offizierskasino zur Taucherwaldhütte umgebaut. Was bleibt sind Erinnerungen und nun auch ein Film.
Bis Weihnachten will Peter Simank die rund 30 Stunden Filmmaterial, die sein Bruder als Kameramann gedreht hat, zu einem 30-minütigen Dokumentarfilm zusammengefügt haben. Schwierig sei es vor allem einen Film zu machen, der für Eingeweihte Neues bietet und Unkundigen das Thema nahe bringt. Doch dank der Rück- und Ausblicke sollte es gelingen, hofft Simank.
Im Mittelpunkt steht die Geschichte der Raketen im Taucherwald zwischen 1983 und 1988. Jedoch bleiben trotz sorgfältiger Recherche noch Fragen offen. "Wir konnten nicht klären, wie viele Sprengköpfe tatsächlich in den Bunkern lagerten", sagt Peter Simank. Unklar bleibt weiterhin, warum beim Abzug der Zug von Uhyst erst über Königsbrück und dann nach Bischofswerda gefahren ist. Genügend Forschungsbedarf gibt es also. Simank hofft, dass in zehn oder noch mehr Jahren die Russen offener über diese Zeit des Kalten Krieges sprechen werden. Schließlich ist ein Vierteljahrhundert vergangen, seit die Raketen aus der Oberlausitz abgezogen wurden.
Der Zufall will es nun, dass der Film "Sperrzone Taucherwald – Als die Atomraketen nach Sachsen kamen" bald 25 Jahre nach dem Abzug der Raketen zu sehen ist. Sendetermin ist Dienstag, 15. Januar, 20.45 Uhr im MDR in der Sendereihe "Der Osten – Entdecke wo du lebst". Abgezogen wurden die Raketen mit der amerikanischen Bezeichnung SS-12 und dem sowjetischen Namen OTR-22 am 25. Februar 1988.