Fahrgastverhalten contra Corona-Verordnung
Kontrolleure und Fahrgäste unter Strom: Gilt das schon als Maskentragen oder nicht bzw. guckt der Kontrolleur hin? Foto: GVB
Nach einem Bericht der Freien Presse vom 12. August sollen die Fahrer von Bussen und Bahnen in Zwickau künftig beim Nichttragen einer Maske „wegschauen.“ Hat das Signalwirkung auch auf Görlitz? Und was gilt eigentlich im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Bahnverkehr?
Görlitz. Die Görlitzer Verkehrsbetriebe (GVB) haben sich am 12. August auf ihrer Internetseite auf die Sächsische Corona-Verordnung bezogen, die bis einschließlich 10. September 2022 erneut verlängert wurde. „Darunter fällt auch die Pflicht zum Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes im öffentlichen Nahverkehr“, betonten die GVB. Deutschland hat sich damit quasi gegenüber sämtlichen neun Nachbarstaaten isoliert, denn in Dänemark, den Benelux-Staaten, Frankreich, Österreich, Tschechien und Polen ist im öffentlichen Bus- und Bahnverkehr keine Maske mehr vonnöten.
Der Autor dieses Textes erlebte dieser Tage auf einer Görlitzer Fahrt eine Kontrolle. Kaum eingestiegen fiel der Satz: „Ihre Fahrkarte und die Maskenbefreiung bitte“. Wie die Kontrolle verlaufen wäre, wenn als Ausweisdokument zur Fahrkarte nicht der Presseausweis gedient hätte, darf spekuliert werden.
Auf Anfrage der Redaktion, ob sich die GVB nach der jüngsten Entwicklung in Zwickau – wo Fahrer nun mit Einverständnis ihres Arbeitgebers „wegschauen“ – ebenfalls bewegen könnten, wiederholt Pressesprecher Ulf Klimke, diesen Ball nicht aufgreifend, dass die Reglung des Maskenzwangs „damit auch für die von den Görlitzer Verkehrsbetrieben durchgeführten Fahrten bindend“ sei. Klimke ergänzt jedoch zur Frage nach der bisherigen Ahndung beim Nichttragen einer Maske: „Seitens des Personals der GVB sind keine Geldbußen verhängt worden.“
Kontrollen werden mit dem 26. August übrigens auch aufwendiger, denn ab diesem Datum läuft bei den Görlitzer Verkehrsbetrieben wieder alles im altgewohnten Takt. Damit endet der Sonderfahrplan, der aufgrund des hohen Krankenstandes unter GVB-Mitarbeitern galt. Für die Straßenbahn gibt es damit ein Zurück zum 20-Minutentakt. Diffizil muss man hingegen die rechtlichen Rahmenbedingungen beim grenzübergreifenden Schienenverkehr der Eisenbahn einordnen.
Der Niederschlesische Kurier hatte beim Trilex-Betreiber Länderbahn eine Anfrage gehalten, wie im Hinblick auf den vom Trilex bedienten innerstädtischen und zugleich grenzüberschreitenden Streckenabschnitt Bahnhof Görlitz – Stacja Zgorzelec die Bewertung zur Maskenpflicht betrachtet werde. Polnische Reisende hatten der Redaktion Irritationen mitgeteilt, deutsches Zugbegleitpersonal versuche das Tragen einer Maske in sehr rüdem Tondurchzusetzen – dies dabei noch oder bereits auf polnischem Staatsgebiet.
Die Länderbahn bezieht sich natürlich ebenso auf die Sächsische Verordnung und geht unmittelbar nicht auf die Frage der Kollision von Hausrecht in grenzüberschreitenden Zügen auf polnischer Seite mit dem polnischen Gesetz ein, nach dem im Bahnverkehr kein Maskenzwang mehr besteht.
Länderbahn-Pressesprecherin Katerina Hagen teilt jedoch mit: „Auf den polnischen und tschechischen Strecken hingegen gilt die Maskenpflicht nicht und wird von uns hier auch nicht eingefordert.“
Mehrere Reisende berichten jedoch übereinstimmend, dass einzelne Zugbegleiter immer wieder auch noch oder schon auf dem Neißeviadukt ein Maskentragen einfordern würden. Katerina Hagen betont, dass Kundenbetreuer angehalten seien, „Fahrgäste, ohne einen geeigneten Mund-Nasen-Schutz, bei Grenzübertritt freundlich auf die aktuelle Gesetzeslage in Sachsen hinzuweisen“ – also erst nach Überfahren der Grenze nach Deutschland. Als Bußgeld würden ggf. 100 Euro erhoben. Scheinbar führt also der deutsche Hang, päpstlicher als der Papst vorzugehen, dazu, dass um eine Durchsetzung der Maskenpflicht vom Bahnhof Görlitz wenige hundert Meter bis zur Grenze gerungen wird. Viele Reisende können also auf ihrem weiteren Weg in Polen über die jedem Klischee über Deutsche entsprechenden Handeln müde lächeln.
Allerdings räumt auch die Länderbahn angesichts personeller Kapazitäten ein, dass es ihr faktisch ohnehin nicht möglich sei, die deutsche Kontrollvorgabe „vollständig“ zu erfüllen. „Das beinhaltet allerdings weder eine Anweisung zum ’Wegschauen’, noch eine Bewertung zur Sinnfälligkeit“ der politischen Vorgabe. Aus dem Nähkästchen geplaudert schreibt Katerina Hagen im Hinblick auf redaktionelle Anfragen zum Maskentragen etwas wundert: „In der Regel ist damit der Vorwurf verbunden, dies nicht konsequent genug durchzusetzen.“