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Forschungen zur historischen Klosterbibliothek in St. Marienthal

Forschungen zur historischen Klosterbibliothek in St. Marienthal

Die Klosterbibliothek von St. Marienthal umfasst circa 2.700 Werke aus dem 12. bis 19. Jahrhundert, darunter mittelalterliche Handschriften und Urkunden. Foto: Kloster St. Marienthal

Ostritz. Dank einer Projektförderung der Carl Friedrich von Siemens Stiftung kann die historische Klosterbibliothek der Zisterzienserinnenabtei St. Marienthal weiter wissenschaftlich erforscht werden. Es handelt sich dabei um eine über Jahrhunderte gewachsene Sammlung von einzigartigem kultur- und landesgeschichtlichen Rang mit Spitzenstücken wie den reich illuminierten Marienthaler Psalter, eine Prachthandschrift des 13. Jahrhunderts. Ende 2023 war es dem Freistaat Sachsen mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung gelungen, die historische Klosterbibliothek zu erwerben und damit national wertvolles Kulturgut als Einheit für die Öffentlichkeit zu erhalten. 

Dank der Förderung des Projekts Klosterbibliothek von St. Marienthal als Kosmos von Netzwerken und Beziehungen durch die Carl Friedrich von Siemens Stiftung rekonstruieren die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) und die Universitätsbibliothek Leipzig (UB) anhand des historischen Buchbestands die Geschichte des Klosters und das sich über Jahrhunderte entwickelnde Beziehungsgeflecht, von dem das Kloster getragen und geprägt wurde. 

Damit wird erstmals eine historische Bibliothek in ihrer Gesamtheit vom mittelalterlichen Manuskriptzeitalter bis in die Neuzeit als materielles Zeugnis für historische Entwicklungen untersucht. Die SLUB Dresden und die UB Leipzig werden dabei eng mit der Forschungsstelle für vergleichende Ordensgeschichte der Technischen Universität Dresden kooperieren. Dort wird seit November 2024 mit Förderung des Freistaats ein flankierendes Projekt zur Aufarbeitung der zisterziensischen Netzwerke anhand von Archivmaterialien und ordensinternen Dokumenten durchgeführt.

Das an der SLUB Dresden angesiedelte Teilprojekt widmet sich dem gedruckten Buchbestand des 16. bis 18. Jahrhunderts. An Schenkungsvermerken und anderen Spuren sind die persönlichen und institutionellen Beziehungen ablesbar, über die Literatur in das Kloster von St. Marienthal gelangte. Mit seinen circa 2.700 Titeln bildet der historisch gewachsene Druckbestand in St. Marienthal hervorragende Bedingungen, um die Netzwerke der Schwestern über drei Jahrhunderte hin zu verfolgen. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur bisher kaum erforschten Kultur der Frauenklöster in Sachsen, heißt es. 

Das Teilprojekt der UB Leipzig untersucht die Hinweise auf Beziehungen innerhalb des Zisterzienserordens und zu anderen Stellen, die sich aus dem mittelalterlichen Buchbestand ergeben. 

Erforscht wird, wie genau die Marienthaler Handschriften mit dem hochmittelalterlichen Schreibbetrieb in Altzelle und der dortigen Bibliotheksgeschichte der folgenden Jahrhunderte zusammenhängen, welche Verbindungen es zu den Handschriften des Zisterzienserklosters Buch bei Leisnig gibt und welche Berührungen zur Bibliothek des zweiten Zisterzienserinnenklosters auf sächsischem Boden, der Abtei von St. Marienstern bei Kamenz, bestehen. Auch die Beziehungen zu weiteren Klöstern in Ostsachsen und Böhmen werden in den Blick genommen.

Für die breite Öffentlichkeit wird die beginnende Erforschung der Klosterbibliothek von St. Marienthal bereits ab 29. Januar 2025 erlebbar sein: Dann hat im Buchmuseum der SLUB Dresden die Ausstellung „Der verschlossene Garten. Zugänge zur Klosterbibliothek der Zisterzienserinnen von St. Marienthal“ geöffnet, die einen Blick in den Buchbesitz des seit fast 800 Jahren bestehenden Klosters und seine Geschichte gewährt. Die Ausstellung erschließt dem Publikum eine Bücherwelt, die sich ansonsten in der Klausur des Klosters befindet. Unter anderem werden erstmals sämtliche mittelalterliche Handschriften zu sehen sein, darunter der Marienthaler Psalter und das Altzeller Kapiteloffiziumsbuch.

Das an der Neiße gelegene Kloster St. Marienthal wurde 1234 erstmals urkundlich erwähnt und ist das älteste noch bestehende Kloster des weiblichen Zweiges des Zisterzienser-Ordens in Deutschland. Seine historische Bibliothek ist für die Wissenschaft von außerordentlichem Wert, handelt es sich doch um eine geschlossene, seit dem Spätmittelalter gewachsene Sammlung klösterlicher Bildungskultur und herausragender historischer Quellen für die Forschung. 

Die historische Klosterbibliothek umfasst circa 2.700 Titel aus dem 12. bis 19. Jahrhundert, darunter mittelalterliche Handschriften, Inkunabeln, alte Drucke sowie historische Urkunden, die mit dem Ankauf durch den Freistaat Sachsen Ende 2023 in das Eigentum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden übergegangen sind, wobei ein großer Teil der Druckwerke als Leihgaben im barocken Bibliothekssaal des Klosters verblieben sind. 

Redaktion / 29.01.2025

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