Fußball-WM: Boykottieren oder mitlaufen?
32 Teilnehmerländer spielen in acht Gruppen ab 20. November in Katar den Fußball-Weltmeister aus. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Kommentar. Ob die Absicht unnötig viel Strom zu sparen im Vordergrund steht oder niemand so richtig eine Fußball-WM im Menschenrechtstieffluggebiet Katar feiern möchte scheint nicht ganz klar zu sein. Tatsache ist, dass bis zum Redaktionsschluss am Mittwoch bislang kein einziger Hinweis auf ein Public Viewing in der Region zur Fußball-WM in der Redaktion eingegangen ist.
Bei mir war die Lust bis vor kurzem angesichts völlig ungewöhnlicher Jahreszeit auch getrübt. Doch das Genervtsein, in Kürze wieder um Glühweinbuden zickzack laufen und im Radio „Last Christmas“ erdulden zu müssen ist gravierender – eine WM könnte doch dem gängigen Trott eines jeden Jahres ordentlich Paroli bieten, denke ich mir inzwischen. Vor allem aber: Wieso soll ich mir eigentlich ein schlechtes Gewissen wegen haarsträubender Arbeitsbedingungen von Bauarbeitern in Katar machen, wenn weitere Menschenrechte mit Füßen tretende Staaten sogar unsere neuen Freunde geworden sind? Sei es, weil sie uns mit überteuerten fossilen Brennstoffen so freundlich aus der Patsche helfen oder auf einmal die guten, statt schlechte Waffen liefern.
Es ist im Grunde egal: Man kann auch Fußball genießen und den Braten trotzdem riechen. Allenfalls würde ich die Spiele der Mannschaften boykottieren, die meinen, mit einer wie auch immer gearteten bunten Kapitänsbinde, die Welt vor dem Verderbnis retten zu können. Es riecht danach, dass ich mir ein neues Lieblingsteam suchen muss, weil im Sport „Mitläufer“ keine Ausstrahlung haben.