Gastgewerbe will Kröte nicht einfach so schlucken
Die Bilder vom ersten Lockdown im Frühjahr 2020 sind in vielen Köpfen noch präsent. Jetzt will Sachsens Landesregierung den Wirtschaftszweig abermals ausbremsen. Experten sehen darin jedoch keine Notwendigkeit. Foto: Archiv
Region. Angesichts der weiter wachsenden Infektionszahlen hat die Landesregierung eine Corona-Notfallverordnung für Sachsen auf den Weg gebracht. Diese sieht unter anderem vor, dass Gaststätten und Restaurants bei einer 2G-Regel täglich nur noch bis 20.00 Uhr geöffnet haben dürfen. Hotels und Pensionsbetriebe werden dahingehend eingeschränkt, dass sie wie zu Zeiten des Lockdowns lediglich nicht-touristische Gäste aufnehmen dürfen. Diese wiederum haben einen Nachweis nach 3G-Regel vorzuweisen – also ob sie geimpft, genesen oder negativ auf das Virus getestet worden sind. Darüber hinaus werden sie dazu angehalten, ihre Kontaktdaten dem Herbergsbetreiber zu überlassen. Campingplätze müssen hingegen geschlossen bleiben. In Kraft treten sollen die verschärften Regelungen am morgigen Montag. Sie gelten vorerst bis zum 12. Dezember.
Massive Kritik vom Hotel- und Gaststättenverband
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Sachsen will das nicht einfach so auf sich sitzen lassen. „Noch am Mittwoch wurde um eine Stellungnahme für die nächste Verordnung gebeten“, ließ die Interessenvertretung in einer am Morgen veröffentlichten Medieninformation verlauten. „Jetzt wurde jedoch eine andere, viel weitgehendere Notfall-Verordnung beschlossen.“ Nach Einschätzung des Dehoga fallen die Regelungen einseitig und unverhältnismäßig hart für das Gastgewerbe aus. Für Unternehmen, die lediglich ein Abendgeschäft betreiben, sei der festgelegte Öffnungszeitraum von 6.00 bis 20.00 Uhr viel zu gering, um wirtschaftlich zu arbeiten. Wenn sie schließen, sei nicht eindeutig geklärt, welche Unterstützung in welcher Höhe sie für ihre Mitarbeiter und ihre eigenen Ausfälle bekommen. „Ganz klar: Unternehmer wollen ihre Einkünfte selbst erwirtschaften. Wenn sie dies nicht können, um der Gesellschaft in der Pandemielage zu helfen, müssen sie entschädigt werden. Hotels dürfen nur für Geschäftsreisende geöffnet bleiben. Touristen dürfen nicht übernachten?! Für viele Betriebe stellen Geschäftsreisende nur einen Bruchteil ihrer Übernachtungen dar. Was jetzt geschieht, ist ein Lockdown durch die Hintertür!“ Hierbei stellt sich dem Verband die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.
„Es kann nicht sein, dass Unternehmer, Wirtschaft und Verbände aufgrund einer Minderheit solch drastische Regelungen erfahren“, fasst Axel Hüpkes, Präsident des Dehoga Sachsen, zusammen. „Wenn man am Freitag erfährt, dass man am Montag keine Gäste mehr empfangen darf, ist das unternehmerisch nicht umsetzbar. Denken wir allein an die Personalplanung und an die gekauften Produkte zur Versorgung der Gäste.“ Gleichzeitig stellte er die Forderung nach finanziellen Hilfen in den Raum. „Von denen keiner ausgeschlossen wird und Kurzarbeitergeld in Höhe von 80 Prozent ab dem ersten Bezugsmonat.“ Ansonsten werde es ein Gastgewerbe, wie die Menschen es bislang kannten und liebten, bald nicht mehr geben.
Branchenverband sieht „unverhältnismäßige“ Benachteiligung
Jens Ellinger, Vizepräsident des Verbandes, fügte hinzu: „Das muss jetzt dringend rechtlich geprüft werden. Immer wieder stehen wir ohne Beweis als Pandemietreiber am Pranger. Was ist der Unterschied zwischen einer beruflichen oder touristischen Übernachtung? Wir haben als eine der wenigen Branchen bereits 2G beziehungsweise 2G plus und trotzdem sollen wir geschlossen werden.“ In keinem anderen Bundesland gäbe es momentan ein Beherbergungsverbot. Das sei eine „unverhältnismäßige“ Benachteiligung im Gegensatz zu anderen Tourismusgegenden. Gleichwohl forderte der Dehoga alle Unternehmen dazu auf, bestehende Hygienekonzepte und Kontrollpflichten konsequent einzuhalten. „Die Verleumdung des Virus‘ und die unzureichende Impfbereitschaft vieler Sachsen hat uns bis hierhin gebracht und wir sollten alles daransetzen, die Zeit der Verbote zu minimieren.“
Das Kabinett hatte am Freitag im Rahmen einer Sondersitzung eine Notfallverordnung beschlossen. Sie sieht verschärfende Maßnahmen insbesondere für Ungeimpfte vor, um die vierte Welle der Corona-Pandemie einzudämmen. Dazu gehören flächendeckende 2G-Regelungen, Schließungen von Einrichtungen und Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte und Nicht-Genesene in Hotspot-Regionen. Angebote und Einrichtungen für Kinder sollen jedoch bewusst, soweit dies möglich ist, geöffnet bleiben.
Epidemische Lage nationaler Tragweite endet am Donnerstag
Nach Ende der epidemischen Lage nationaler Tragweite am 25. November muss fortan der Sächsische Landtag für eine Abstimmung über notwendig erscheinende Corona-Maßnahmen herangezogen werden. Das geht aus dem neuen Infektionsschutzgesetz hervor, dass von den Ampel-Parteien in dieser Woche gegen den Widerstand der anderen Parteien im Bundestag mehrheitlich beschlossen wurde. Nach einer nächtlichen Abstimmung über zusätzliche Regelungen hatte der Bundesrat schließlich grünes Licht für die Gesetzesnovelle erteilt. In Deutschland kehrt somit ein Stück weit Demokratie wieder.