Gedenken an Opfer der Krankenmorde
Zur Übergabe der Opferdatenbank stattete auch Staatsministerin Barbara Klepsch der Gedenkstätte einen Besuch ab. Foto: Archiv
Das Sächsische Landeskrankenhaus in Großschweidnitz war nicht immer nur ein Ort der Heilung und Therapie. An die dunklen Seiten erinnert eine Gedenkstätte, die bald im neuen Gewand eröffnet werden soll.
Großschweidnitz. Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten übernimmt die Trägerschaft über die Gedenkstätte Großschweidnitz. Diese unlängst bekannt gegebene Entscheidung des sächsischen Kabinetts sorgt in den Reihen des Gedenkstätte Großschweidnitz e.V. für große Freude: „Wir haben diese Übernahme schon seit langem angestrebt, denn als ehrenamtlich tätiger Verein können wir einen dauerhaften Betrieb mit regelmäßigen Öffnungszeiten und festem Personal nicht gewährleisten“, erklärt Vorstandsmitglied Maria Fiebrandt. Und genau dies strebt der Verein an, wenn die gegenwärtig laufenden umfangreichen Bauarbeiten auf dem Gelände der Gedenkstätte abgeschlossen sind.
Der Erweiterungsbau soll vor allem für die Bildungsarbeit der Gedenkstätte zur Verfügung stehen. Foto: Uwe Menschner
Die Geschichte der Gedenkstätte geht bis in das Jahr 2008 zurück, als die Gemeinde Großschweidnitz das Gelände der früheren Pathologie mit dem umgebenden Anstaltsfriedhof erwarb. „Der Grundgedanke bestand damals darin, eine kleine Ausstellung zu gestalten, um der Opfer der Krankenmorde im benachbarten Landeskrankenhaus zwischen 1939 und 1945 zu gedenken“, berichtet Maria Fiebrandt. Damals kannte man keine Namen, auch die Zahl der Toten war nicht bekannt. So machten sich die Vereinsmitglieder zunächst daran, die fast vollständig erhaltenen Patientenakten auszuwerten. Im Ergebnis dieser Arbeit entstand eine Opferdatenbank, die mehr als 5.500 in Großschweidnitz ermordeten Menschen – Männern, Frauen und auch vielen Kindern – endlich einen Namen gibt. Da die Nationalsozialisten ihre mörderischen Taten akribisch dokumentierten, ließen sich auch die Todesumstände in vielen Fällen erforschen. Zumeist stand „Lungenentzündung“ als Ursache in den Totenscheinen: „Diese wurde durch fehlende oder bewusst falsche Behandlung aktiv herbeigeführt“, weiß Maria Fiebrandt.
Anhand der Forschungsergebnisse ließ der Verein auf dem Friedhofsgelände Stelen aufstellen, auf denen die Namen der Ermordeten verewigt sind und die den Angehörigen, die oftmals lange nach ihren vermissten Lieben suchen mussten, einen Ort des Gedenkens bieten. Parallel nutzte der Gedenkstätte Großschweidnitz e.V. die frühere Pathologie für wechselnde Ausstellungen und Bildungsangebote. „Wichtig ist es uns dabei darauf hinzuweisen, dass die Morde nicht hier in der Pathologie stattfanden“, betont Maria Fiebrandt.
Der etwas abseits vom Krankenhaus gelegene kleine Zweckbau diente dazu, die Toten zu untersuchen und für die Einäscherung vorzubereiten. 3.600 von ihnen wurden auf dem Anstaltsfriedhof bestattet. Für die vom Trägerverein angestrebte Einrichtung einer Dauerausstellung erwies sich die ursprüngliche Pathologie als zu klein, sodass eine Erweiterung geplant wurde. Und diese ist zurzeit in vollem Gange. Auch im Altbau finden Umbauarbeiten statt, soll in dessen Räumen doch die in Themenbereiche untergliederte Dauerausstellung ihren Platz finden: Neben verschiedenen Aspekten der Krankenmorde zur NS-Zeit zählen dazu auch die Aufarbeitung zu DDR-Zeiten sowie individuelle Schicksale und heute oft gestellte ethische Fragen. Die Trauerhalle bleibt wie bisher als solche nutzbar, grenzt doch an den ehemaligen Anstaltsfriedhof der Gemeindefriedhof von Großschweidnitz an.
Der Neubau soll als Seminar- und Veranstaltungsraum für Bildungsarbeit, insbesondere mit Schülern, zur Verfügung stehen. Der Haupteingang wird barrierefrei gestaltet, dasselbe gilt für den Außenbereich: „Rollstuhlfahrer sollen ungehinderten Zugang zum Gedenkstein und zu den Namensstelen haben“, erklärt Maria Fiebrandt. Zudem werden Bäume nachgepflanzt und eine Blühwiese angelegt. Die Eröffnung der neu gestalteten und erweiterten Gedenkstätte soll im Laufe dieses Jahres erfolgen.