Gedenken an verunglückte Arbeitnehmer
Helme sind auf Baustellen der wichtigste Baustein für Sicherheit. Foto: IG Bau
Görlitz. Sturz von der Leiter, Ausrutscher mit der Motorsäge, Hantieren mit Asbest: Wer im Landkreis Görlitz auf dem Bau oder in der Landwirtschaft arbeitet, hat ein besonders hohes Risiko, im Job einen Unfall zu haben oder krank zu werden. Darauf weist die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) zum Internationalen „Workers Memorial Day“ am 28. April hin – und ruft Beschäftigte im Landkreis zu einer Gedenkminute auf. „Ob im Homeoffice oder auf der Baustelle: Um 12.00 Uhr sollte am Dienstag jeder kurz die Arbeit beiseitelegen und an die Menschen denken, die im Job tödlich verunglückt oder berufsunfähig geworden sind“, so IG-Bau-Bezirksvorsitzender Peter Schubert.
Die größte Katastrophe im alten Kreis Görlitz ereignete sich 1908 in der Grube Stadt Görlitz (Kalawsk), als 24 Bergleute starben. Ihnen und fünf Opfern der späteren polnischen Grube von 1970 wurde im Januar am Unfallort gedacht. Foto: Verein Oberlausitzer Bergleute
Die IG Bau Ostsachsen fordert zugleich stärkere Anstrengungen beim Arbeitsschutz. „Jeder Unfall ist einer zu viel. Die Arbeitssicherheit ist keine lästige Pflicht, sondern ein Muss. Daran darf der Chef keinen Cent sparen“, sagt Schubert. In Zeiten von Corona sei dies wichtiger denn je. In der Gebäudereinigung müssten Beschäftigte besonders vor Ansteckungen geschützt werden. Hier seien ausreichend Desinfektionsmittel und Zeit für das gründliche Reinigen nötig.
„Auf dem Bau haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden. Der Mindestabstand von 1,5 Metern – besser gleich eine ganze Zollstocklänge von zwei Metern – ist entscheidend“, betont Schubert. Außerdem müsse es genug Masken und Schutzhandschuhe geben, ebenso wie Toiletten mit Wasseranschluss zum Händewaschen.
Allerdings gehe auf vielen Baustellen Schnelligkeit allzu oft vor Sicherheit. Nach Angaben der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) kam es in der Branche im vergangenen Jahr zu rund 3.300 Arbeitsunfällen im Freistaat Sachsen – zwei davon mit tödlichem Ende.
Schwerpunkt des Gedenktages ist in diesem Jahr Asbest. „Ob in der alten Fassade, im Nachtspeicherofen oder im Schuppendach – Asbest ist oft versteckt. Gerade bei Sanierungen alter Gebäude kommt der giftige Stoff dann zum Vorschein. Das ist eine unsichtbare Gefahr für Handwerker“, so Schubert.
Wie bei Corona sei auch beim Thema Asbest das Tragen einer Atemschutzmaske unabdingbar. Wer den Stoff heute einatme, könne viele Jahre später Lungenkrebs bekommen, warnt der Gewerkschafter. 93 Neuerkrankungen im Zusammenhang mit Asbest gab es in Sachsen allein im Jahr 2018. Das geht aus Zahlen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hervor. Innerhalb von zehn Jahren erkrankten im Bundesland rund 1.200 Menschen durch den Gefahrstoff.