Gelingt Region der ganz große Wurf im Bauwesen?
So könnte es einmal aussehen: das Lausitz Art of Building. Im März soll sich entscheiden, an welchem Standort das Forschungszentrum einmal realisiert werden könnte. Auch Bautzen ist im Gespräch mit den Initiatoren aus Dresden. Visualisierung: CGI HENN
Bautzen wie auch andere Kommunen in der Oberlausitz versuchen derzeit, einen großen Fisch an die Angel zu bekommen. Bauwissenschaftler aus Dresden sind bestrebt, in der Region ein Großforschungszentrum zu etablieren. Die Realisierung jedoch ist von mehreren Faktoren abhängig.
Region. Dem Bauwesen steht eine große Zukunft bevor. Davon ist Manfred Curbach von der Technischen Universität Dresden überzeugt. Allerdings auch nur dann, wenn die Branche im Zuge des Klimawandels entsprechende Antworten liefert. Das wollen der Bauingenieur und Hochschullehrer sowie dessen Partner mit einem Großforschungszentrum unterstützen. Und genau dieses soll mit milliardenschweren Finanzspritzen von Bund und Land auf einer „mehrere Dutzend Hektar“ großen Fläche in der Oberlausitz errichtet werden. Aktuell steht die Entscheidung noch aus, welche Region am Ende den Zuschlag erhält. Im Gespräch mit dem Oberlausitzer Kurier stellte Manfred Curbach jedoch in Aussicht, dass damit im März zu rechnen sei. „Wenn man bedenkt, dass das Bauwesen im Jahr 2018 am Bruttoinlandsprodukt einen Anteil von 5,3 Prozent einnahm und dieses zu einem Viertel am Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid beteiligt ist, wird schnell der Handlungsbedarf klar“, meint der Wissenschaftler. Der Fokus müsse weg von der Auto- und Chipindustrie verstärkt auf diesen Industriezweig gelenkt werden, da dort „enorme“ Entwicklungsperspektiven lägen.
Der Direktor des bei der TU Dresden angesiedelten Instituts für Massivbau und Initiator des LAB-Projektes, Manfred Curbach. Foto: Stefan Gröschel
Mit ihrer Idee hat es die TU Dresden bereits weit gebracht. Außer dem Institut für Massivbau, das auf das Expertenwissen von 21 studierten Köpfen wie den weltweit agierenden Architekten Gunter Henn zurückgreifen kann, sind noch fünf weitere Konsortien im Rennen. Sie alle buhlen um die Gunst der Fördermittelgeber. Ursprünglich befand eine Kommission über 100 Projektvorschläge. Unterm Strich dürfen zwei von ihnen ihre Vorstellungen in die Tat umsetzen – eines im Mitteldeutschen und das andere im Lausitzer Kohlerevier.
Allein was die Forschung, Lehre und Verwaltung im Lausitz Art of Building (LAB) – diesen Titel trägt das geplante Zentrum auf dem Papier – anbelangt, geht er von rund 1.500 Arbeitsplätzen aus. Die Unternehmen, die mit der Forschungseinrichtung, sofern sie denn verwirklicht wird, einmal kooperieren, dürften im größeren Stil weitere Betätigungsmöglichkeiten schaffen. Darüber hinaus ist angedacht, dass sich im Umfeld mindestens eine Genehmigungsbehörde ansiedelt, die mit ihrem Personalstamm zügig notwendige Zulassungsverfahren realisiert. Eine Zusage vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) liege bereits vor, hieß es.
Neben der TU Dresden und deren Partnern stehen fünf weitere Konsortien Gewehr bei Fuß, um mit Hilfe von Strukturwandelgeldern ihre Pläne in einem der sächsischen Kohlereviere zu verwirklichen.
Eines davon ist das Deutsche Zentrum für Astrophysik. Wie Radio Lausitz berichtete, soll neben einem Technologie- und Großrechenzentrum in Görlitz im Städtedreieck Bautzen – Kamenz – Hoyerswerda eine unterirdische Anlage für einen Teilchenbeschleuniger und in einem späteren Schritt ein Gravitationsteleskop errichtet werden. Dabei handele es sich um ein hallenartiges Tunnelsystem von zehn mal zehn mal zehn Kilometern. Es wäre größer als die Forschungsanlage in Cern in der Schweiz. Durch die Länge könnten mehr Daten gewonnen werden. Der Tunnel soll durch eine geschlossene Granitformation in rund 200 Metern Tiefe getrieben werden. Benötigt werde ein erschütte-rungsfreies Umfeld für die Forschungen. Für Anfang Februar sei eine Probebohrung in Ralbitz-Rosenthal angedacht gewesen. Die seismischen Bedingungen in der Oberlausitz seien hervorragend, sagte der Forschungsdirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Günther Hasinger, dem lokalen Radiosender. Für den Bau des Tunnelsystems würden 1.200 Arbeitskräfte benötigt, Menschen mit Bergbaukompetenz.
„Wir haben festgestellt, dass die Forschung im Bauwesen massiv intensiviert werden muss, will man dem Klimawandel Einhalt gebieten“, nennt der gebürtige Dortmunder den Hauptgrund für die Initiative in der Region zwischen Neiße und dem Dresdener Speckgürtel. „Das LAB ist dabei kein Haufen von Wissenschaftlern, der wie ein Ufo dort landet, sondern es soll von vornherein viele Menschen in der Oberlausitz an sich binden.“ Manfred Curbach geht sogar so weit, dass er sagt, selbst China werde einmal von dem hierzulande gewonnenen Wissen profitieren. Im Reich der Mitte werde im großen Stil die sehr klimaschädliche Zementproduktion fabriziert. Das geplante Forschungszentrum will sich unter anderem zur Aufgabe machen, alternative Baumaterialien zu entwickeln, die in der Herstellung einen weit geringeren Kohlendioxidausstoß verursachen. Davon wiederum würden auch andere Staaten rund um den Globus profitieren, zeigt sich der Hochschulprofessor überzeugt. Ziel müsse es sein, dies alles in den kommenden 23 Jahren zu verwirklichen. Dann nämlich wolle Deutschland klimaneutral sein.
LAB lädt zu Inforunde ein
Damit das Unterfangen Großforschungszentrum ein Erfolg wird, rührt die Mannschaft der TU Dresden schon jetzt kräftig die Werbetrommel. Sie lädt für Mittwoch, 9. März, 17.30 Uhr zu einer digitalen Informationsveranstaltung ein. „Lernen Sie das LAB-Team kennen und erfahren Sie mehr über die Idee“, wandte sich Pressereferentin Sandra Kranich an interessierte Bürger und in der Oberlausitz ansässige Unternehmen der Baubranche. Sie dürften gern auch ihre eigenen Vorstellungen und Wünsche einbringen. Eine kostenlose Anmeldung erfolge im Internet unter www.lab-lausitz.org.