Geschichten und Erzähler vom Ost-Rand der Republik
Manuela Bibrach, Yvonne Liebscher, Eva Mutscher, Jana Thiem, Elfride Stehle, Kristin Brückner, Christiane Schlenzig und Sylke Hörhold (von links nach rechts) gehören zum Oberlausitzer Autorentreff. Foto: Benjamin Vogt
Region. Seit die Schrift erfunden ist, gebrauchen die Menschen das geschriebene Wort. Der Umgang damit hat sich dabei auch immer wieder weiter entwickelt und den zeitlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst. Wir wollten wissen, wie Autoren unserer Zeit und unserer Region arbeiten, was sie antreibt und hindert und welche Themen in den Oberlausitzer Schreibschubladen stecken. Zu Gast beim Oberlausitzer Autorenstammtisch.
Acht Autorinnen waren zu ihrem Treff in einem Bautzener Café zusammengekommen, um sich auszutauschen. Seit 2017 treffen sie sich regelmäßig, um über ihre Arbeit zu erzählen und berichten, was sie gerade beschäftigt und welche Sorgen und Freuden sie erleben. Auf zwölf Mitglieder ist das Treffen inzwischen angewachsen. Aber auch schon bei den acht Anwesenden merkt man schnell: So viele Gesichter, so viele Geschichten und so viele eigene Arten und Zugänge findet man hier in dieser Runde.
Da ist Sylke Hörhold. Die Krimiautorin macht gerade eine kleine Schreibpause und will zukünftig mehr „spukig – kriminalistische“ Kurzgeschichten schreiben. Christiane Schlenzig, die zu den Gründern der Runde gehört, pausiert gerade ihren Roman und orientiert sich auch mehr in Richtung Kurzprosa. Eine andere Perspektive nimmt dagegen Kristin Brückner ein. Diese durchläuft aktuell eine Lektorenausbildung und nimmt durch diese Fokussierung quasi die Gegenseite zur literarischen Arbeit ein. Unter dem Pseudonym Elfride Stehle ist die Autorin Heidi Stolle aktiv. Dem heimischen Publikum dürfte sie aus zahlreichen Anthologien und einigen Romanen bekannt sein. Sie legte erst kürzlich ein Weihnachtsbuch unter dem Titel „So viel Heimlichkeit“ vor. Die einzige „hauptberufliche“ Autorin in der Runde ist Jana Thiem. Diese schreibt gerade ihren zwanzigsten Roman. Dabei verfasst sie unter ihrem echten Namen Kriminalromane, unter ihrem Pseudonym Frida Luise Sommerkorn aber auch Familienromane. Ein ganz anderes Metier bedient dagegen Eva Mutscher. Mit ihren „Märchen für Erwachsene“ begibt sie sich in kleinen Büchern auf die Suche nach Lebensaspekten, die alle Menschen irgendwann in ihrem Leben bewegen. Wieder anders sieht es zur Zeit bei Yvonne Liebscher aus. Diese macht gerade eher Musik, schreibt daneben kleine Sachen und plant einen Fantasyroman. Manuela Bibrach ist in der Gruppe die einzige Lyrikerin. Sie ist inzwischen Trägerin von fünf Literaturpreisen und beschäftigt sich auch mit einer eher unbekannten Form der Dichtung: dem Kettengedicht nach Basho, einer japanischen Dichtkunst.
Anhand dieser kurzen Porträts wird schon ersichtlich, wie unterschiedlich und vielseitig die Autoren sind und arbeiten. Einige Dinge stellen sie dann doch als Gemeinsamkeit fest. So bestätigten sie auf Nachfrage, dass die Zeit zum Schreiben passen muss. Der Großteil muss den Kopf dafür frei haben, auch wenn einige ergänzen, dass sie sich durchaus auch den Kopf „freischreiben“. Ein weiteres Moment, was für alle Anwesenden gilt, ist, dass sie schon als Kind gern geschrieben und Freude an der Sprache hatten. Und alle stehen vor der Frage, wie man am besten sein Werk unter die Leute bringt. Über das Thema „Verlag“ wurde hier viel gesprochen und über den hart umkämpften Markt im deutschen Buchgewerbe. Denn auch hier scheint zu gelten, was inzwischen überall der Fall ist: die Großen fressen die Kleinen. Viele praktizieren deswegen inzwischen eine Hybridform zwischen Selbstvertrieb und Verlagserscheinungen.
Wer sich näher mit dem Schaffen der regionalen Literaturszene beschäftigen will, kann dies am Einfachsten mit der Anthologie „Ost-Rand Geschichten“, die im Oberlausitzer Verlag erschienen ist und zwölf Beiträge der zwölf Mitglieder des Autorentreffs enthält.